nachdem die Bundesregierung am Mittwoch ihre afrikapolitischen Leitlinien vorgestellt hat, haben wir uns bei Verbänden, NGOs und in der Politik umgehört und nachgefragt, wie diese bei den verschiedenen Interessengruppen ankommen. Die Resonanz fällt – wie so oft – geteilt aus, einige Stimmen aus der Wirtschaft bemängeln zu wenig handfeste Maßnahmen. Positiv wird vor allem jedoch die Themensetzung gesehen.
In Mosambik schüren indes die anhaltenden Proteste infolge der Wahlen im vergangenen Jahr die Sorge vor Auswirkungen über die Landesgrenzen hinaus. Wie mehrere Länder im südlichen Afrika wirtschaftlich von Mosambik abhängig sind, hat mein Kollege in Südafrika, Andreas Sieren, analysiert.
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Nachdem die Bundesregierung am Mittwoch ihre afrikapolitischen Leitlinien vorgestellt hat, sind die Reaktionen gemischt. Vor allem aus der Wirtschaft kommt Kritik. “Die Leitlinien bieten keine ausreichenden Antworten darauf, wie die dringend notwendige Diversifizierung der deutschen Wirtschaft in Richtung Afrika gelingen soll”, sagte Christoph Kannengießer, Hauptgeschäftsführer des Afrika-Vereins der deutschen Wirtschaft. “Deutschland muss entschlossener handeln, um im globalen Wettbewerb mit Konkurrenten wie China, Indien oder der Türkei bestehen zu können.” Zwar würden wichtige Handlungsfelder wie private Investitionen, Handel und lokale Wertschöpfung thematisiert, konkrete Schritte zur Umsetzung blieben die Leitlinien allerdings schuldig.
Zusätzlich zu den Leitlinien forderte der Afrika-Verein daher “praxisnahe Maßnahmen”, die die Leitlinien ergänzen. Dazu gehöre auch ein angepasster Ressortzuschnitt, damit deutsche Unternehmen in afrikanischen Märkten unterstützt werden.
Auch der Bundesverband der deutschen Industrie (BDI) ist zurückhaltend. “Die afrikapolitischen Leitlinien der Bundesregierung sind eine verpasste Chance. Sie zeigen keinen klaren Ansatz, wie sich die deutsche Afrikapolitik angesichts des geopolitischen Wettbewerbs strategisch neu ausrichten soll“, sagte Wolfgang Niedermark, Mitglied der BDI-Hauptgeschäftsführung, Table.Briefings. Wichtige Handlungsfelder wie der verstärkte Bezug von Rohstoffen aus Afrika, die Nutzung digitaler Technologien oder die Mobilisierung privater Investitionen würden zwar benannt, die daraus abzuleitenden Maßnahmen jedoch nicht ausreichend konkretisiert. “So klingen die Leitlinien eher nach einem Bekenntnis zum ‘Status Quo’ als nach einem Blick in die Zukunft”, so Niedermark weiter.
Sehr viel positiver fällt hingegen das Echo der DIHK aus. “Aus Sicht deutscher Unternehmen ist es richtig, dass die Bundesregierung mit ihrer Afrikapolitik einen pragmatischen und wirtschaftsnahen Ansatz verfolgt”, sagte Nicole Renvert, Bereichsleiterin Internationale Märkte bei der DIHK. Deutsch-afrikanischer Austausch bei Wirtschaftsthemen und mehr Unternehmenskooperationen mit unserem Nachbarkontinent würden in dem Papier als Priorität einer wirksamen deutschen Afrikapolitik genannt. “Wichtig wird es dann sein, die Prioritäten dieses Papiers mit gestiegenen Budgets für konkrete Instrumenten und Programme zu unterlegen”, so Renvert weiter.
Auch die Welthungerhilfe sieht das Papier positiv. “Wir begrüßen den deutlich stärkeren Fokus auf die Bekämpfung von Hunger und die Umsetzung des Menschenrechts auf Nahrung“, teilte eine Sprecherin der Welthungerhilfe auf Table.Briefings-Anfrage mit. Vor allem bei Themen wie der Transformation von Agrar- und Ernährungssystemen, dem Fokus auf lokale Lösungen, sowie mit dem Bekenntnis zu effektiver und vorausschauender humanitärer Hilfe, schlage die Bundesregierung den richtigen Ton an. Die Welthungerhilfe bemängelte jedoch trotz punktueller Einbindung zivilgesellschaftlicher Organisation in Deutschland und in Afrika die Transparenz bei der Erarbeitung der Leitlinien. “Es war nicht klar, ob sie rechtzeitig vor Ende der Legislaturperiode fertig werden”, so die Sprecherin weiter.
Imke-Friederike Tiemann-Middleton, Referentin für Afrikapolitik bei Brot für die Welt, hingegen teilt die Einschätzung der Wirtschaftsverbände: “Das Papier nennt alle relevante Themen, zeigt dabei Verständnis für die aktuellen Herausforderungen des Kontinents und weist auf die Bedeutung multilateraler Zusammenarbeit hin, bleibt aber alles in allem zu allgemein, oberflächlich und vor allem unkonkret, wenn es um die Umsetzung der Ziele geht.” Zudem würden Widersprüche zwischen Anspruch und tatsächlicher Umsetzung deutlich.
Deborah Düring, außenpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, sieht neben den Reformen internationaler Institutionen vor allem die Anerkennung der Aufarbeitung der kolonialen Vergangenheit positiv. “Annalena Baerbock hat im Auswärtigen Amt wichtige Schritte bei der kolonialen Aufarbeitung vorangetrieben. Das spiegelt sich auch in den neuen Leitlinien wider. Koloniale Denkmuster in unserer Außen- und Entwicklungspolitik werden kritisch hinterfragt“, so die Grünen-Politikerin.
Auch die von Svenja Schulze in dieser Woche vorgeschlagene Reform des Entwicklungsministeriums (BMZ) sorgte für Diskussionen. Die Entwicklungsministerin hatte in einem mehrseitigen Brief unter anderem ins Spiel gebracht, das Ministerium für Entwicklung und wirtschaftliche Zusammenarbeit in ein Ministerium für internationale Beziehungen umzufirmieren. Darin solle die Entwicklungspolitik besser gebündelt werden. Zudem fordert die SPD-Politikerin eine globale Reichensteuer und mehr gesamteuropäisches Engagement, um große Infrastrukturprojekte im globalen Süden zu schultern.
“Zum Ende ihrer Amtszeit vollzieht Entwicklungsministerin Schulze eine Abkehr von ihrer bisherigen Politik. Anstatt die feministische Entwicklungspolitik weiter in den Mittelpunkt zu rücken, setzt sie nun andere Schwerpunkte”, sagte Volkmar Klein, entwicklungspolitischer Sprecher der Union. Das sei richtig, komme aber zu spät. “Die Belehrungen im Zuge ihrer bisherigen Rhetorik wurden von unseren Partnern als Bevormundung wahrgenommen. Politik auf Augenhöhe war das nicht”, so Klein weiter. Klein fürchtet zudem, dass die Umbenennung des Ministeriums zu weiteren Abstimmungsproblemen mit dem Auswärtigen Amt führen könnte.
Aus der FDP kommen hingegen differenziertere Töne. “Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit hat sich in dieser Legislaturperiode weiterentwickelt und muss es auch weiterhin. Die dabei von Entwicklungsministerin Schulze eingeschlagene Richtung und die gesetzten Schwerpunkte sind begrüßenswert“, sagte Till Mansmann, entwicklungspolitischer Sprecher der Liberalen. Eine globale Steuer für Superreiche sieht er allerdings kritisch. Viel mehr brauche es privatwirtschaftliches Engagement in den Ländern des Globalen Südens. Einem Ministerium für internationale Zusammenarbeit dürfte die FDP allerdings nicht im Wege stehen.
Mosambik kommt nicht zur Ruhe. Nachdem das höchste Gericht des Landes kurz vor Weihnachten den – wenn auch korrigierten – Wahlsieg der Regierungspartei Frelimo bestätigt hatte, gab es eine neue Welle der Gewalt. Die Partei regiert ununterbrochen seit der Unabhängigkeit von Portugal 1975 in Mosambik. Doch sie hat es nicht geschafft, das Land, das im Süden an Südafrika grenzt, zu entwickeln. Dabei hat Mosambik eine lange Küste mit enormen Erdgasverkommen, verfügt über Titan, Tantal, Grafit, seltene Erden, Gold, Diamanten und Uran. Aber auch große Ackerflächen mit gutem Boden.
Dennoch ist das Land nach wie vor von Arbeitslosigkeit, Armut und Unterentwicklung gezeichnet. Seit der Bekanntgabe des Ergebnisses der Präsidentschaft- und Parlamentswahlen Ende Oktober ruft die Opposition wegen Wahlbetrugs zu landesweiten Protesten auf. Mittlerweile machen sich die Auswirkungen nicht nur auf die Wirtschaft des Landes, sondern auch in den Nachbarländern bemerkbar.
Die Nachbarstaaten von Mosambik zeigen sich zunehmend besorgt über die andauernden wirtschaftlichen Einbußen: Im November musste Südafrika, das über den Hafen in Maputo große Mengen an Chrom und Kohle exportiert, wegen der Unruhen den Grenzübergang Lebombo schließen. Das kostete täglich rund 500.000 US-Dollar. Auch im neuen Jahr stockt der Grenzhandel regelmäßig. Doch geradezu bedrohlich für Südafrikas Wirtschaft ist ein anderes Problem: 90 Prozent der Gasimporte kommen aus Mosambik. Und Mosambik ist der größte Stromexporteur der Region. Südafrika wiederum der größte Stromkunde Mosambiks, wo es 80 Prozent des produzierten Stroms kauft. Lieferant ist ein Land, in dem nur 40 Prozent der Bevölkerung Zugang zu Strom haben.
Hinzu kommt: Die Wasserkraftwerke in Sambia und Simbabwe produzieren wegen anhaltender Trockenheit kaum Strom. Beide Länder sind daher ebenfalls auf Importe aus Mosambik angewiesen. Besonders der zweitgrößte Kupferproduzent Afrikas, Sambia, braucht den Strom, um seine wichtigste Industrie in Gang zu halten. Im Dezember wurden Stromimporte aus Mosambik im Umfang von 300 Megawatt gestoppt, nachdem der staatliche Energieversorger Zesco die Meldung erhalten hatte, dass im Zusammenhang mit den Abschaltungen “Stromexporte auf unbestimmte Zeit nicht verfügbar” seien. Mosambik produziert derzeit aufgrund der politischen Krise nur noch Zweidrittel der normalen Strommengen.
Bereits kurz vor Weihnachten hatte der Internationale Währungsfonds (IWF) vor einem schwächelnden Wirtschaftswachstum in Mosambik gewarnt. Das Wachstum lag im zweiten Quartal noch bei 4,5 Prozent, bevor es im dritten Quartal, noch vor den Protesten, auf 3,7 Prozent absackte. Für das Jahr 2024 gehen Fachleute von einem Wachstum von 3,9 Prozent aus. Das klingt aus westlichem Blick immer noch nach einem guten Wert. Die EU wuchs 2024 mit 0,9 Prozent.
Doch mit einer funktionierenden Wirtschaft müsste Mosambik mit seinen Bodenschätzen eigentlich mindestens doppelt so stark wachsen. Neben den Protesten brachten Unwetter Rückschläge: Anfang Dezember verursachte der Zyklon “Chido” schwere Zerstörungen an der Küste von Mosambik, mindestens einige Dutzend Menschen starben. “Im Zusammenhang mit den Protesten und Naturkatastrophen erwarten wir eine weitere Verlangsamung im vierten Quartal, gefolgt von einer bescheidenen Erholung im Jahr 2025”, sagte Olamide Harrison, der in Mosambik ansässige IWF-Vertreter.
Die Proteste sind allerdings wirtschaftlich schlimmer als die Naturkatastrophen. Seit dem Ausbruch der Unruhen wurden mehr als 500 Firmen durch Vandalismus und Plünderungen lahmgelegt. Über 12.000 Jobs gingen verloren, mehr als ein Viertel der Menschen sind ohnehin arbeitslos. Der französische Energiekonzern Total Energies hat sein Erdgasexportprojekt im Wert von 20 Milliarden US-Dollar erst einmal bis Mitte 2025 auf Eis gelegt. Es gilt als die größte Projektfinanzierung und die größte ausländische Direktinvestition in Afrika.
Eigentlich hatte das Projekt nun auf finanzielle Unterstützung aus den USA gehofft und wartet auf den Beginn der US-Präsidentschaft von Donald Trump. Doch unter diesen Umständen kann Trump kaum eine Entscheidung fällen. Die Dollaranleihen von Mosambik sind auf ein 12-Monats-Tief gefallen. In der Hauptstadt Maputo wird die Regierung immer abhängiger von lokalen Schuldenmärkten zur Finanzierung des Defizits, was schwieriger wird. Und die Wirtschaft registriert Verluste von bisher rund 400 Millionen US-Dollar – Tendenz steigend.
In Mosambik sind gleich mehrere Sektoren betroffen, einer davon der wichtige Bergbau. Das britische Bergbauunternehmen Gemsfield Group, auf Edelsteine spezialisiert, vermeldete Störungen in seiner Montepuez Ruby-Mine in der Cabo Delgado-Provinz und befürchtet massive Einbußen. Syrah Resources, ein australischer Grafit-Produzent und Tesla-Lieferant, der die Balama-Mine im Norden des Landes betreibt, erklärte, “höhere Gewalt” hätte dazu geführt, dass der Betrieb seit Mitte Dezember unterbrochen sei. US-gedeckte Kredite könnten deswegen nicht bedient werden, was die finanzielle Stabilität des Unternehmens gefährde. Die Mine hat mit 110 Megatonnen eines der größten Grafit-Vorkommen der Welt. “Die Betriebsbedingungen in Mosambik sind herausfordernd, da die anhaltenden Proteste im ganzen Land zu weitreichenden Störungen führen“, erklärte das Unternehmen.
Der Staatenverbund Southern African Development Community (SADC) bemüht sich derweil noch um Vermittlung nach einem virtuellen Gipfel, der am vergangenen Sonntag abgehalten wurde. SADC beauftragte den Ältestenrat des Blocks, Gespräche zwischen mosambikanischen Regierungsvertretern und Oppositionsführern zu erleichtern. Mitte kommender Woche soll der Ältestenrat Bericht erstatten, wenn Frelimo-Führer Daniel Chapo als neuer Präsident vereidigt wird. Die SADC-Staats- und Regierungschefs wiesen außerdem an, “Maßnahmen zum Schutz der regionalen Handelsrouten, humanitären Korridore und Energieversorgung vorzuschlagen und gleichzeitig Lösungen für die politischen und sicherheitspolitischen Herausforderungen in der Republik Mosambik zu finden”, so in dem Kommuniqué des Gipfels.
“Gewisse afrikanische Führungspersönlichkeiten haben vergessen, sich bei uns zu bedanken. Das ist nicht weiter schlimm. Das wird mit der Zeit noch kommen”, sagte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron Anfang der Woche in Paris. In Videoaufnahmen seiner Rede vor den Botschafterinnen und Botschaftern im Élysée sieht man einen sichtlich angefassten Macron, der daran erinnert, dass die französische Armee auf Wunsch von souveränen Staaten interveniert habe. Nach den Staatsstreichen habe man keinen Platz mehr an der Seite von Putschisten gesehen.
Verklausuliert räumte Macron in seiner Rede zwar ein, dass Frankreich auch der historisch gewachsenen Beziehung mit dem Kontinent Rechnung trage, aber in seiner vagen Formulierung fehlen Signalwörter wie etwa “kolonial“. Was Macron glaubte, mit solchen Äußerungen in den ohnehin größtenteils angespannten französisch-afrikanischen Beziehungen zu gewinnen, bleibt offen.
Seine Aussage, dass der Rückzug französischer Truppen aus dem Tschad, Senegal und der Elfenbeinküste selbstverständlich bilateral abgesprochen und überdies nur eine “Neuorganisation” sei, sorgten jedenfalls – wie zu erwarten – für heftige Reaktionen aus Afrika. Tschads Präsident Mahamat Idriss Déby Itno schrieb auf Facebook, er wolle seine “Empörung” teilen. Und: “Ich glaube, er irrt sich in der Zeit.” Senegals Premier Ousmane Sonko schrieb auf X, Macrons Äußerungen seien “völlig falsch”.
Da die Beziehungen zu vielen frankophonen Ländern mittlerweile auf einem Tiefstand sind, bemüht sich Macron demonstrativ um neue, vor allem anglophone Partner. Neben Kenia und Sambia ist vor allem Nigeria neuer Liebling in Paris. Präsident Tinubu strahlte Ende November bei einem zweitägigen Staatsbesuch neben Macron in Paris.
Diese gegenläufige Beziehung zu Frankreich dürfte in Westafrika zu Spannungen führen, etwa in der Ecowas, der Tinubu noch bis Mitte des Jahres vorsteht. Die hat die Hoffnung immer noch nicht aufgegeben, die drei AES-Staaten, Mali, Burkina Faso und Niger, doch noch halten zu können und will bis Ende Juli die Türen für einen Rückzieher offenhalten – auch wenn Beobachter das für nicht wahrscheinlich halten.
Indes schloss Frankreich Ende 2024 mit Nigeria eine 300-Millionen-Euro-Partnerschaft ab. Damit soll Afrikas größte Volkswirtschaft Gesundheitswesen, Energie und Infrastruktur ausbauen. Trotz der vergleichsweise kleinen Summe sehen Experten Chancen, dass die Gelder spürbar etwas voranbringen könnten – wenn die Gelder effizient genutzt würden.
In der Absichtserklärung zwischen Frankreich und Nigeria, die Table.Briefings vorliegt, geht es um strategische Investitionen in Gesundheitswesen, Transport, landwirtschaftliche Wertschöpfungsketten, erneuerbare Energien und Entwicklung des Humankapitals. Ayodele Oni, Partner bei der nigerianischen Wirtschaftskanzlei Bloomfield Law, sagte gegenüber Table.Briefings, dass die französischen Gelder zwar nur rund 0,74 Prozent des Bruttoinlandsprodukts Nigerias entsprächen – aber dennoch einen Unterschied machen könnten. “Im Bereich der erneuerbaren Energien könnten beispielsweise 300 Millionen Euro mehrere Mini-Grid-Projekte oder Off-Grid-Lösungen finanzieren, von denen Millionen Menschen ohne Stromzugang profitieren würden.”
Oni sagte weiter, dass die Partnerschaft mit Frankreichs Entwicklungsagentur auf Nachhaltigkeit und auf erneuerbare Energien und Klimaresilienz abziele – anders als ressourcengetriebene Abkommen mit Partnern wie China. Nigerias wirtschaftliche und entwicklungspolitische Partnerschaften hätten sich historisch stark auf China, die Vereinigten Staaten und multilaterale Organisationen wie die Weltbank konzentriert. Die Stärkung der Beziehungen zu Frankreich erweitert laut Oni Nigerias diplomatische und wirtschaftliche Allianzen innerhalb der EU. “Was dieses Abkommen besonders bedeutsam macht, ist seine Ausrichtung auf Nigerias Vorstoß für Wirtschaftsreformen und sein Potenzial, weitere Investitionen anzuziehen”, so Oni weiter.
BMZ-Staatssekretär Jochen Flasbarth hat seine Teilnahme am afrikanischen Energiegipfel “Mission 300” Ende Januar in der tansanischen Hauptstadt Daressalam angekündigt. Der Gipfel wird von der Regierung Tansanias gemeinsam mit der Afrikanischen Union, der Weltbank und der afrikanischen Entwicklungsbank veranstaltet. Zum Gipfel werden zudem zahlreiche afrikanische Staats- und Regierungschefs erwartet. Im Mittelpunkt des Gipfels steht das Ziel, 300 Millionen Afrikanerinnen und Afrikaner bis 2030 mit Strom zu versorgen. Deutschland wird sich vor Ort dafür einsetzen, dass dieses Versprechen vor allem mit erneuerbaren Energien erfüllt wird, hieß es aus dem BMZ.
Im Rahmen seines Besuchs will sich Flasbarth zudem mit dem Thema Naturschutz beschäftigen. So ist nach BMZ-Angaben auch ein Treffen mit Vertretern der Massai geplant. Angesichts geplanter Umsiedlungsprojekte kommt es immer wieder zu Konflikten zwischen der tansanischen Zentralregierung und den teilweise in Nationalparks lebenden Massai. Zudem will sich der Staatssekretär von Deutschland unterstützte Entwicklungsprojekte während seiner Reise ansehen. dre
Ein Angriff auf den tschadischen Präsidentenpalast am Mittwochabend konnte von den Sicherheitskräften offenbar zurückgeschlagen werden. Nach Angaben der tschadischen Staatsanwaltschaft fuhren 24 bewaffnete Angreifer am Mittwoch gegen 19.45 Uhr vor den Präsidentenpalast, täuschten eine Panne vor und griffen das Sicherheitspersonal an. Die Sicherheitskräfte töteten demnach 18 der Angreifer und verwundeten sechs. Zwei tschadische Soldaten kamen ebenfalls ums Leben. Die Staatsanwaltschaft hat Ermittlungen eingeleitet.
Nach den ersten offiziellen Erklärungen des Regierungssprechers, die nur wenige Minuten nach dem Ende der Schüsse abgegeben wurden, handelte es sich um einen “Versuch, das Land zu destabilisieren“. Der französische Auslandssender RFI sprach mit militärischen und regierungsnahen Quellen, die Elemente der Terrorgruppe Boko Haram verantwortlich machten.
Am Donnerstag erklärte der Regierungssprecher jedoch, es habe sich bei den Angreifern um junge Tschader aus N’djamena gehandelt, die weder mit Boko Haram noch mit einer anderen Terrororganisation in Verbindung stünden. Sie hätten “eine isolierte und verzweifelte Tat” versucht.
Der Vorfall ist immer noch sehr unklar. Dies hat zu Spekulationen geführt, dass es einen Zusammenhang mit dschihadistischen Gruppen, ethnischen Spannungen oder Unzufriedenheit über die Folgen des Krieges im benachbarten Sudan geben könnte. Der Angriff erfolgte außerdem kurz nachdem der Tschad die Militärkooperation mit seinem langjährigen Partner Frankreich aufgekündigt hatte.
Die Zentralafrika-Expertin Enrica Picco sagte Reuters, die Stärke und Schnelligkeit, mit der die Angreifer neutralisiert wurden, deute darauf hin, dass das Präsidentenbüro von Mahamat Déby bereits in Alarmbereitschaft gewesen sei. “Die Spannungen im Präsidentenpalast sind sehr hoch”, sagte sie. “Déby weiß, dass er viele Feinde hat, die ihn ersetzen oder die Art und Weise, wie der Tschad mit verschiedenen Krisen umgeht, ändern wollen.” Die Ereignisse vom Mittwoch fielen mit einem offiziellen Besuch des chinesischen Außenministers Wang Yi im Tschad zusammen. ajs
Die kongolesische Armee (FARDC) hat nach eigenen Angaben bei einer Gegenoffensive gegen die M23-Rebellen wichtige Orte im Masisi-Territorium in der Provinz Nord-Kivu zurückerobert. Zu den eroberten Orten gehört unter anderem Ngungu, die seit rund einem Jahr unter der Kontrolle der M23-Rebellen stand. In und um Ngungu befinden sich wichtige Abbaustätten von Mineralien wie Coltan, Turmalin und Kassiterit.
Auch Ärzte ohne Grenzen (Médecins Sans Frontières, MSF) haben die neuerlichen Zusammenstöße bestätigt. “Zwischen dem 3. und 6. Januar haben Teams von MSF und des Gesundheitsministeriums 75 Verletzte im allgemeinen Krankenhaus von Masisi behandelt”, erklärte Stephane Goetghebuer, Einsatzleiter von MSF in Nord-Kivu in einer Mitteilung vom Mittwoch. Durch die Kämpfe seien in weniger als einer Woche rund 102.000 Menschen vertrieben worden.
Indes verschärft sich die Situation für Medienvertreter in dem Land. Nachdem Al Jazeera kürzlich ein Interview mit dem M23-Anführer Bertrand Bisimwa veröffentlicht hatte, teilte der Informationsminister der DRC mit, den Mitarbeitern des Mediums die Akkreditierung zu entziehen. Auch weitere Medien sollen nun stärker bei ihrer Berichterstattung über den Konflikt im Ostkongo überwacht werden. Der kongolesische Justizminister Constant Mutamba drohte am Donnerstag Journalisten und zivilgesellschaftlichen Akteuren sogar mit der Todesstrafe, sollten diese über “die Aktivitäten der ruandischen Armee und ihrer M23-Stellvertreter” berichten.
Nur wenige Wochen zuvor hatten die M23 wichtige Teile Masisis eingenommen und eine weitere Eskalation der Gewalt im Osten Kongos befürchten lassen. Angesichts der Entwicklungen scheint der von Angola angestrengte Friedensprozess zwischen der DR Kongo (DRC) und Ruanda, dem von internationalen Beobachtern vorgeworfen wird, die M23 militärisch zu unterstützen, erneut zurückgeworfen. Erst Ende Dezember hatte Ruanda weitere Verhandlungen verweigert, da das Land darauf bestanden hatte, die M23-Rebellen an den Verhandlungstisch zu holen. Dies wiederum lehnt die DRC grundlegend ab. dre

Die Staatsschulden auf dem afrikanischen Kontinent sind seit 2010 viermal schneller gewachsen als das BIP. Der aktuelle Durchschnitt für Zinsen ist mit 11,6 Prozent so hoch, dass die Belastung für die Staatshaushalte weiter enorm sein wird, auch wenn der Zenit 2024 wohl überschritten wurde. Wenn Staaten aufgrund des hohen Schuldendienstes kaum mehr in Anpassungsmaßnahmen investieren können, wird das Zusammenspiel von Staatsschulden- und Klimakrise in Afrika besonders deutlich. Dies wird verschlimmert durch die Abwanderung privaten Kapitals: Seit 2022 haben private Gläubiger 141 Milliarden US-Dollar mehr in Schuldendiensten aus Entwicklungsländern entnommen, als an neuer Finanzierung bereitgestellt wurde.
In diesem Jahr hält mit Südafrika das erste Mal ein afrikanisches Land die Präsidentschaft der G20 und hat bereits angekündigt, die Reform der internationalen Finanzarchitektur und ein nachhaltiges Staatsschuldenmanagement zu einer Priorität seiner Präsidentschaft machen zu wollen. Insbesondere eine Reform des Common Framework for Debt Treatments (Gemeinsames Rahmenwerk für Schuldenrestrukturierungen) ist hierfür ein vielversprechender Ansatz.
Das Common Framework (CF) war 2020 als Reaktion auf die wirtschaftlichen Turbulenzen der Corona-Pandemie von den G20 geschaffen worden und bietet vor allem ein Forum, um Gläubiger zwischen dem (westlichen) Paris Club und den weiteren G20-Mitgliedern (vor allem China) zu koordinieren. Bereits unter der brasilianischen Präsidentschaft im vergangenen Jahr hatte eine kritische Bestandsaufnahme des CF begonnen, das schon länger als unzureichend kritisiert wird.
In Gesprächen mit deutschen Regierungsvertreterinnen und -vertretern hatten afrikanische Expertinnen und Experten im vergangenen November mehrere Prioritäten betont: Zum einen müssen die Verfahren unter dem CF für die Schuldnerländer besser planbar und transparenter werden. Auch müssen die den Verhandlungen zugrunde liegenden Schuldentragfähigkeitsanalysen (sog. Debt Sustainability Analysis, durchgeführt vom IWF) verbessert werden und auch wirtschaftliche Schwierigkeiten durch Auswirkungen der Klimakrise beinhalten. Nur so kann verlässlich ermittelt werden, wie hoch der tatsächliche Bedarf eines Schuldenschnitts ist, um den betroffenen Ländern eine realistische Chance auf nachhaltige wirtschaftliche Erholung zu geben.
Eine Studie der FES mit der NGO Erlassjahr.de zu Ghana, das oft als bislang erfolgreichster Testfall des CF angeführt wird, bestätigt, wie knapp dies im Falle Ghanas kalkuliert wurde: Nur kleinere wirtschaftliche Turbulenzen könnten das Land in eine erneute Schuldenkrise schlingern lassen. Zudem musste Ghana vor der Verhandlung mit den internationalen Gläubigern zunächst einen nationalen Schuldenschnitt durchsetzen, der im Vergleich deutlich höher ausfiel. Zwar verbesserte dies den Schuldenstand im Verhältnis zum BIP, aber stellte natürlich keine Devisen zur Begleichung der tatsächlich problematischen Auslandsschulden bereit. Für die Menschen in Ghana, die etwa für die Rente Staatsanleihen gekauft hatten, war der nationale Schuldenschnitt jedoch ein harter Verlust.
Um das Common Framework zu bewerten, genügt es nicht, nur auf tatsächlich eingeleitete Verfahren zu schauen. Mindestens ebenso relevant ist der Blick auf Länder, die sich zwar in einer massiven Schuldenkrise befinden, jedoch einen Zahlungsausfall um jeden Preis verhindern möchten. Um weiter ihre Schulden bedienen zu können, reagieren die Länder mit massiver Austerität, etwa sinkenden Ausgaben für Bildung und Gesundheit, sowie starken Steuererhöhungen.
So geschehen in Kenia, wo neue Steuern zu einer großen Protestwelle führten und öffentliche Beschäftigte teils Monate auf ihre Gehälter warten müssen. Die hohen Ausgaben für den Schuldendienst untergraben zudem massiv die nötigen Ausgaben für Entwicklung und Anpassung an die Klimakrise, was letztlich zu einem Teufelskreis aus Krise, Entwicklungs-Stopp und Instabilität führt.
Daher haben auch Gewerkschaften, wie die afrikanische Sektion des internationalen Gewerkschaftsbundes ITUC, die soziale und gesellschaftliche Relevanz der Schulden erkannt und sich positioniert. Eine nachhaltige Reform des Staatsschuldenmanagements würde zudem bessere Investitionsbedingungen schaffen, die auch der deutschen Wirtschaft zugutekommen würden.
Die südafrikanische G20-Präsidentschaft hat angekündigt, einige dieser Reformen anzustoßen, ist dafür jedoch auf internationale Unterstützung angewiesen. Global beginnen 2025 eher schwierige Zeiten für internationale Kooperation und multilaterale Lösungen. Doch gerade deshalb sind positive Beispiele einer erfolgreichen Zusammenarbeit wichtig.
Wohingegen andere Reformbereiche, etwa des UN-Sicherheitsrats, auf absehbare Zeit blockiert bleiben, gibt es bei einer Reform des globalen Schuldenregimes zumindest eine reale Chance auf Erfolg. Die zukünftige deutsche Regierung täte gut daran, auch im ganz eigenen Interesse, eine solche Reform weiterhin nicht nur zu unterstützen, sondern aktiv zu gestalten.
Andernfalls stehen wir vor einem Jahrzehnt, in dem viele Länder mit niedrigen Einkommen vor katastrophal hohen Schuldentilgungen stehen und kaum Fortschritte im Bereich der SDGs oder den Zielen des UN-Zukunftsgipfels machen können.
Thomas Claes ist Referent für Westafrika und gerechte Wirtschaft im Afrika-Referat der Friedrich-Ebert-Stiftung in Berlin. Zuvor war er unter anderem Leiter eines Regionalprojekts der Stiftung zu Wirtschaftspolitik in der Mena-Region in Tunis, Tunesien.
Financial Times: Großbritannien will Einfluss auf Chagos Inseln sichern. Großbritannien soll Mauritius 90 Millionen Pfund, etwas mehr als 107 Millionen Euro, im Jahr geboten haben, um auf der Insel Chagos weiterhin den wichtigen Militärstützpunkt Diego Garcia betreiben zu dürfen. Die Vereinbarung zur Übergabe des britischen Territoriums im Indischen Ozean und zur Rückpacht des strategisch wichtigen britisch-amerikanischen Militärstützpunkts auf Diego Garcia geriet nach der Wahl eines neuen Premierministers auf Mauritius in Schwierigkeiten. (“UK offers to frontload payments in Chagos Islands talks”)
Semafor: Heftige Kritik an Safaricom. Kenias führender Telekommunikationsanbieter Safaricom steht wegen angeblicher Verstrickungen in die ungeklärten Entführungen von Regierungskritikern unter starkem öffentlichem Druck. Nach Angaben der kenianischen Menschenrechtskommission (KNCHR) gab es seit den von Jugendlichen organisierten Anti-Regierungsprotesten über 80 Fälle von Entführungen und Zwangsverschleppungen. (“Kenya’s Safaricom faces abductions backlash”)
Nation: Gericht sieht übermäßige Gewalt durch Kenias Polizei bei letztjährigen Protesten. Der Generalinspekteur der kenianischen Polizei, Douglas Kanja, wird für den unrechtmäßigen Einsatz von Gewalt durch Beamte zur Auflösung friedlicher Demonstrationen haftbar gemacht. Das entschied das Oberste Gericht in Kenia. Damit gab das Gericht Menschenrechtsorganisationen recht, die im Zusammenhang mit dem Angriff auf den Chef der Kenya Medical Practitioners and Dentists Union (KMPDU) während eines Ärztestreiks im vergangenen Jahr geklagt hatten. Bei dem Vorfall hatte die Polizei Tränengasgranaten auf protestierende Ärzte abgefeuert und den Gewerkschaftschef verletzt. (“Koome tenure haunts Kanja as court sides with doctors’ union in police brutality case”)
Africa News: Äthiopiens Christen feierten Weihnachten. In weiße Gewänder gehüllt nahmen die äthiopischen Christen an Gebeten und Mitternachtsmessen teil, die sie nach dem julianischen Kalender am 6. Januar begingen. Trotz der jüngsten Erdbeben, die viele Menschen obdachlos machten, feierten die Äthiopier mit Familienfesten und gemeinsamen Mahlzeiten mit den weniger Glücklichen. Die historische Kirche von Lalibela wurde von Pilgern besucht, und Touristen lobten die einzigartige Mischung aus alten und modernen Traditionen. (“Ethiopians celebrate Orthodox Christmas with prayers, feasts, and acts of charity”)
Le Monde: Vorwürfe gegen Ex-Premier. Einen Monat nach seiner Entlassung als Premierminister am 20. November 2024 wirft die malische Rechnungsprüfungsbehörde (BVG) Choguel Kokalla Maïga finanzielle Unterschlagung vor. In ihrem Bericht vom 24. Dezember kritisiert die BVG seine Misswirtschaft bei der Fund Agency (Agefau), einer unter dem Premierminister stehenden Einrichtung, die für die Verbesserung der Telekommunikationsversorgung in Mali zuständig ist. (“Mali : Choguel Maïga, de premier ministre complaisant à cible des putschistes”)
Le Monde: Frankreichs Verhältnis zu Algerien verschlechtert sich. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat die Verhaftung des französisch-algerischen Schriftstellers Boualem Sansal kritisiert. Damit dürfte sich das Verhältnis zwischen Algerien und Frankreich weiter abkühlen. Die aktuelle Krise begann im Sommer vergangenen Jahres, als sich Frankreich im Streit um die Westsahara an die Seite Marokkos stellte. (“Entre la France et l’Algérie, la multiplication des tensions éloigne la perspective d’une réconciliation”)
Guardian: Malawi nimmt 13.000 mosambikanische Flüchtlinge auf. Wegen marodierender Banden und politischen Unruhen nach den Wahlen im Oktober sind 13.000 Menschen aus Mosambik nach Malawi geflohen. Die Malawier haben die Flüchtlinge, mit denen sie oft eine gemeinsame Sprache teilen, trotz der eigenen Herausforderungen durch eine schwere Dürre und eine der schlimmsten Nahrungsmittelknappheiten der Landesgeschichte aufgenommen. Der Präsident rief den Notstand aus und bat um internationale Unterstützung. (“Malawi sees influx of refugees from post-election violence in Mozambiqu”)
BBC: Sanktionen gegen RSF-Führer. Die USA haben den sudanesischen paramilitärischen Rapid Support Forces (RSF) Völkermord vorgeworfen und Sanktionen gegen deren Anführer verhängt. US-Außenminister Antony Blinken erklärte am Dienstag, dass Mohamed Hamdan Dagalo, bekannt als Hemedti, für seine Rolle bei “systematischen” Gräueltaten gegen die sudanesische Bevölkerung während des 20-monatigen Konflikts bestraft werde. Die RSF und verbündete Milizen seien für die Ermordung von Männern, Jungen und Kleinkindern sowie für brutale sexuelle Gewalt gegen Frauen aus ethnischen Gründen verantwortlich. (” US accuses RSF of Sudan genocide and sanctions its leader”)

Die Afrikanische Union (AU) leidet unter einer ineffizienten Struktur, in der Zuständigkeiten nicht immer ganz klar abgesteckt sind. Das führt dazu, dass die politischen Vorhaben der AU häufig länger dauern und sich komplizierter gestalten, als es nötig wäre. Die Lösung dieses Problems hat sich Madagaskars ehemaliger Außenminister Richard Randriamandrato zum Ziel gesetzt. Gefragt nach seinen drei wichtigsten Zielen, nennt der Kandidat für das Amt des AU-Kommissionspräsidenten strukturelle Reformen sogar gleich doppelt.
Die schwerfällige Rolle der Bürokratie in der AU-Verwaltung müsse endlich angegangen werden, fordert Randriamandrato im Interview mit dem südafrikanischen Thinktank ISS Africa. “Das ist eine vorrangige Aufgabe, die unsere Aufmerksamkeit erfordert”, so der erfahrene Diplomat. Weiterhin wünscht sich Randriamandrato, dass die Rollen und Verantwortungsbereiche der AU-Organe klarer definiert werden, um künftig effektiver arbeiten zu können und Dopplungen zu vermeiden. Er hat angekündigt, den Reformen, die von der Konferenz der afrikanischen Staats- und Regierungschefs als am dringendsten erachtet werden, Priorität einzuräumen. Dazu zählt auch eine Überarbeitung der Finanzierung der AU.
Neben institutionellen Reformen der AU hält Randriamandrato vor allem Frieden und Entwicklung auf dem Kontinent für zentral. Sicherheit und Befriedung seien dringliche Ziele in vielen afrikanischen Staaten, die allerdings stets gegen die Fernziele der wirtschaftlichen und menschlichen Entwicklung balanciert werden müssten, so der Ex-Minister: “Es geht darum, ein Gleichgewicht zu finden zwischen der unmittelbaren Notwendigkeit, Frieden und Sicherheit in konfliktreichen Regionen wiederherzustellen […] und der gleichzeitigen Förderung einer nachhaltigen Entwicklung.”
Randriamandrato ist der Ansicht, seine madagassische Herkunft könne bei der Konfliktschlichtung ein echter Pluspunkt sein: “Madagaskar liegt in einer friedlichen Region Afrikas und ist frei von bewaffneten Konflikten mit seinen Nachbarn”, sagte der Diplomat im Gespräch mit The Africa Report. “Ich glaube, dass ich andere Perspektiven auf die Probleme des Kontinents bieten kann, da ich eine gewisse Distanz zu den direkten Konflikten habe, die die Sahelzone, das Horn von Afrika oder die Region der Großen Seen erschüttern.” Er wolle diese Distanz nutzen, um die Staats- und Regierungschefs besser zu unterstützen.
Auch in seinem Bewerbungsschreiben nennt Randriamandrato politische und sicherheitspolitische Fragen “am offensichtlichsten”. Er verspricht ein stärkeres Engagement der AU im Hinblick auf Konfliktvermittlung und -schlichtung. Um die Performance zu verbessern, soll die AU-Kommission “eine echte strategische Überwachung” einrichten, also ein Monitoring dieser Prozesse.
Weitere Vorhaben des Ex-Ministers umfassen Investitionen in Infrastruktur und Digitalisierung, insbesondere mit Blick auf die Einführung der Afrikanischen Kontinentalen Freihandelszone (AfCFTA). “Um die Wirtschaft auf kontinentaler Ebene zu entwickeln, müssen wir den Handel durch Liberalisierung ausbauen“, sagte Randriamandrato im Dezember während der Mjadala Afrika Debate der drei Kandidaten. “Wir müssen maßvoll beginnen, sodass nach und nach die Jugend und die Frauen die Möglichkeit haben, am großen kontinentalen Markt teilzunehmen.”
Er fordert außerdem einen “differenzierten, aber ausgewogenen Ansatz” gegenüber Afrikas strategischen Entwicklungspartnern wie G7, G20 und Brics, um afrikanische Interessen besser auf der internationalen Bühne vertreten zu können. Auch die Beziehung der AU zu den afrikanischen Regionalorganisationen soll überarbeitet werden, möglicherweise sogar mit einem Update des Vertrags von Abuja (1991), der diese erstmals formalisierte.
Randriamandrato will seine Ideen den afrikanischen Staats- und Regierungschefs persönlich präsentieren. Auch in diesem Monat führt er seine Wahlkampftour fort. Nach eigenen Angaben stößt seine Kandidatur damit auf offene Ohren: “Es gab Interesse und viel Zuspruch.”
Qualifiziert ist der 55-Jährige allemal. Studiert hat er Politikwissenschaft und internationale Beziehungen am Institut d’études politiques in Aix-en-Provence und am Centre d’études des relations internationales et stratégiques in Brüssel, sowie internationale Finanzen an der Georgetown University in Washington. Nach dem Karrierestart bei der Internationalen Arbeitsorganisation arbeitete Randriamandrato als Experte für die Weltbank in Madagaskar. 1998 wurde er zum Kabinettschef im Außenministerium ernannt und wurde 2019 als Wirtschafts- und Finanzminister Teil der Regierung. Dieses Amt hatte er bis 2021 inne. Im Jahr 2022 bekleidete er schließlich für einige Monate das Amt des Außenministers. Er verschwand nach abrupter Entlassung von der politischen Bühne, weil er auf eigene Faust eine UN-Resolution zugunsten der Ukraine unterstützt hatte, obwohl Präsident Andry Rajoelina eine neutrale Positionierung verfolgt hatte.
Nun hat Rajoelina seinen ehemaligen Minister wieder in die Politik zurückgeholt, offenbar ohne ihm seinen Alleingang übelzunehmen. Dass Randriamandrato sich tatsächlich die nötige Zweidrittelmehrheit sichern kann, um im Februar zum AU-Kommissionspräsidenten gewählt zu werden, ist aber dennoch eher unwahrscheinlich. Den anderen beiden Kandidaten, Kenias Ex-Premier Raila Odinga und Dschibutis Außenminister Mahamud Ali Jussuf, werden bessere Chancen eingeräumt. Arne Schütte

Der Kolonialismus hat Deutschland nachhaltig geprägt – und tut es auch heute noch. Das ist die These, die der deutsch-namibische Afrikahistoriker Henning Melber in seinem aktuellen Buch The Long Shadow of German Colonialism darlegt. Ob in der Politik oder in der Kultur, ob in Straßennamen oder dem Humboldt-Forum, überall begleitet uns der Schatten dieser “nur ganz kurzen” Ära. Unter dieser Maßgabe ist Melbers Buch vor allem eine Aufforderung zur Aufarbeitung.
Der Historiker bereitet die Grundlage, indem er die dunklen Verbindungen zwischen den Idealen der Aufklärung und den Verbrechen des Kolonialismus aufzeigt. Anschließend bietet das Buch eine Übersicht der deutschen Kolonialgeschichte, bei der auch die oft unterschlagenen Pazifik- und Südseekolonien nicht zu kurz kommen. Schließlich zeichnet der Autor das Verhältnis des postkolonialen (West-)Deutschland zur Kolonialära nach, einschließlich der alltäglichen Erfahrungen von Afrodeutschen. Ein gesondertes Kapitel beleuchtet zudem den holprigen Prozess der Aufarbeitung mit Namibia.
Melber erkennt zwar an, dass die Ampel-Koalition mehr Initiative zeigt als ihre Vorgängerin. Doch auch die aktuelle Regierung handele vor allem symbolisch, beklagt er. Zu oft entstehe noch der Eindruck, Berlin sei es nicht ernst mit der Aufarbeitung und paternalistisch gegenüber seinen Gesprächspartnern. Die jüngste Belebung der Debatte über Deutschlands koloniale Vergangenheit werde durch fortgesetzte Amnesie und Leugnung behindert, so Melber. Der Autor warnt zudem davor, das Feld einer populistischen Rechten zu überlassen, die den kolonialen Revisionismus unterstützt. Deren Kampagne gegen die postkolonialen Studien ziele darauf ab, jede ernsthafte Auseinandersetzung mit den Verbrechen des imperialen Zeitalters anzuprangern und zu ächten.
In einer Zeit, in der sich die Bundesregierung langsam und zaghaft an die Aufarbeitung der deutschen Kolonialgeschichte wagt, kommt Henning Melbers Buch gerade recht. Es bietet einen eindrücklichen Überblick über die Verbrechen der Vergangenheit und mahnt uns heute, diesen gerecht zu werden. Eine Leseempfehlung für alle, die sich bessere Beziehungen mit unserem Nachbarkontinent wünschen. ajs
Henning Melber: The Long Shadow of German Colonialism: Amnesia, Denialism and Revisionism. Hurst Publishers, London, 2024, 332 Seiten. 30 Pfund/39 Euro.
nachdem die Bundesregierung am Mittwoch ihre afrikapolitischen Leitlinien vorgestellt hat, haben wir uns bei Verbänden, NGOs und in der Politik umgehört und nachgefragt, wie diese bei den verschiedenen Interessengruppen ankommen. Die Resonanz fällt – wie so oft – geteilt aus, einige Stimmen aus der Wirtschaft bemängeln zu wenig handfeste Maßnahmen. Positiv wird vor allem jedoch die Themensetzung gesehen.
In Mosambik schüren indes die anhaltenden Proteste infolge der Wahlen im vergangenen Jahr die Sorge vor Auswirkungen über die Landesgrenzen hinaus. Wie mehrere Länder im südlichen Afrika wirtschaftlich von Mosambik abhängig sind, hat mein Kollege in Südafrika, Andreas Sieren, analysiert.
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Nachdem die Bundesregierung am Mittwoch ihre afrikapolitischen Leitlinien vorgestellt hat, sind die Reaktionen gemischt. Vor allem aus der Wirtschaft kommt Kritik. “Die Leitlinien bieten keine ausreichenden Antworten darauf, wie die dringend notwendige Diversifizierung der deutschen Wirtschaft in Richtung Afrika gelingen soll”, sagte Christoph Kannengießer, Hauptgeschäftsführer des Afrika-Vereins der deutschen Wirtschaft. “Deutschland muss entschlossener handeln, um im globalen Wettbewerb mit Konkurrenten wie China, Indien oder der Türkei bestehen zu können.” Zwar würden wichtige Handlungsfelder wie private Investitionen, Handel und lokale Wertschöpfung thematisiert, konkrete Schritte zur Umsetzung blieben die Leitlinien allerdings schuldig.
Zusätzlich zu den Leitlinien forderte der Afrika-Verein daher “praxisnahe Maßnahmen”, die die Leitlinien ergänzen. Dazu gehöre auch ein angepasster Ressortzuschnitt, damit deutsche Unternehmen in afrikanischen Märkten unterstützt werden.
Auch der Bundesverband der deutschen Industrie (BDI) ist zurückhaltend. “Die afrikapolitischen Leitlinien der Bundesregierung sind eine verpasste Chance. Sie zeigen keinen klaren Ansatz, wie sich die deutsche Afrikapolitik angesichts des geopolitischen Wettbewerbs strategisch neu ausrichten soll“, sagte Wolfgang Niedermark, Mitglied der BDI-Hauptgeschäftsführung, Table.Briefings. Wichtige Handlungsfelder wie der verstärkte Bezug von Rohstoffen aus Afrika, die Nutzung digitaler Technologien oder die Mobilisierung privater Investitionen würden zwar benannt, die daraus abzuleitenden Maßnahmen jedoch nicht ausreichend konkretisiert. “So klingen die Leitlinien eher nach einem Bekenntnis zum ‘Status Quo’ als nach einem Blick in die Zukunft”, so Niedermark weiter.
Sehr viel positiver fällt hingegen das Echo der DIHK aus. “Aus Sicht deutscher Unternehmen ist es richtig, dass die Bundesregierung mit ihrer Afrikapolitik einen pragmatischen und wirtschaftsnahen Ansatz verfolgt”, sagte Nicole Renvert, Bereichsleiterin Internationale Märkte bei der DIHK. Deutsch-afrikanischer Austausch bei Wirtschaftsthemen und mehr Unternehmenskooperationen mit unserem Nachbarkontinent würden in dem Papier als Priorität einer wirksamen deutschen Afrikapolitik genannt. “Wichtig wird es dann sein, die Prioritäten dieses Papiers mit gestiegenen Budgets für konkrete Instrumenten und Programme zu unterlegen”, so Renvert weiter.
Auch die Welthungerhilfe sieht das Papier positiv. “Wir begrüßen den deutlich stärkeren Fokus auf die Bekämpfung von Hunger und die Umsetzung des Menschenrechts auf Nahrung“, teilte eine Sprecherin der Welthungerhilfe auf Table.Briefings-Anfrage mit. Vor allem bei Themen wie der Transformation von Agrar- und Ernährungssystemen, dem Fokus auf lokale Lösungen, sowie mit dem Bekenntnis zu effektiver und vorausschauender humanitärer Hilfe, schlage die Bundesregierung den richtigen Ton an. Die Welthungerhilfe bemängelte jedoch trotz punktueller Einbindung zivilgesellschaftlicher Organisation in Deutschland und in Afrika die Transparenz bei der Erarbeitung der Leitlinien. “Es war nicht klar, ob sie rechtzeitig vor Ende der Legislaturperiode fertig werden”, so die Sprecherin weiter.
Imke-Friederike Tiemann-Middleton, Referentin für Afrikapolitik bei Brot für die Welt, hingegen teilt die Einschätzung der Wirtschaftsverbände: “Das Papier nennt alle relevante Themen, zeigt dabei Verständnis für die aktuellen Herausforderungen des Kontinents und weist auf die Bedeutung multilateraler Zusammenarbeit hin, bleibt aber alles in allem zu allgemein, oberflächlich und vor allem unkonkret, wenn es um die Umsetzung der Ziele geht.” Zudem würden Widersprüche zwischen Anspruch und tatsächlicher Umsetzung deutlich.
Deborah Düring, außenpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, sieht neben den Reformen internationaler Institutionen vor allem die Anerkennung der Aufarbeitung der kolonialen Vergangenheit positiv. “Annalena Baerbock hat im Auswärtigen Amt wichtige Schritte bei der kolonialen Aufarbeitung vorangetrieben. Das spiegelt sich auch in den neuen Leitlinien wider. Koloniale Denkmuster in unserer Außen- und Entwicklungspolitik werden kritisch hinterfragt“, so die Grünen-Politikerin.
Auch die von Svenja Schulze in dieser Woche vorgeschlagene Reform des Entwicklungsministeriums (BMZ) sorgte für Diskussionen. Die Entwicklungsministerin hatte in einem mehrseitigen Brief unter anderem ins Spiel gebracht, das Ministerium für Entwicklung und wirtschaftliche Zusammenarbeit in ein Ministerium für internationale Beziehungen umzufirmieren. Darin solle die Entwicklungspolitik besser gebündelt werden. Zudem fordert die SPD-Politikerin eine globale Reichensteuer und mehr gesamteuropäisches Engagement, um große Infrastrukturprojekte im globalen Süden zu schultern.
“Zum Ende ihrer Amtszeit vollzieht Entwicklungsministerin Schulze eine Abkehr von ihrer bisherigen Politik. Anstatt die feministische Entwicklungspolitik weiter in den Mittelpunkt zu rücken, setzt sie nun andere Schwerpunkte”, sagte Volkmar Klein, entwicklungspolitischer Sprecher der Union. Das sei richtig, komme aber zu spät. “Die Belehrungen im Zuge ihrer bisherigen Rhetorik wurden von unseren Partnern als Bevormundung wahrgenommen. Politik auf Augenhöhe war das nicht”, so Klein weiter. Klein fürchtet zudem, dass die Umbenennung des Ministeriums zu weiteren Abstimmungsproblemen mit dem Auswärtigen Amt führen könnte.
Aus der FDP kommen hingegen differenziertere Töne. “Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit hat sich in dieser Legislaturperiode weiterentwickelt und muss es auch weiterhin. Die dabei von Entwicklungsministerin Schulze eingeschlagene Richtung und die gesetzten Schwerpunkte sind begrüßenswert“, sagte Till Mansmann, entwicklungspolitischer Sprecher der Liberalen. Eine globale Steuer für Superreiche sieht er allerdings kritisch. Viel mehr brauche es privatwirtschaftliches Engagement in den Ländern des Globalen Südens. Einem Ministerium für internationale Zusammenarbeit dürfte die FDP allerdings nicht im Wege stehen.
Mosambik kommt nicht zur Ruhe. Nachdem das höchste Gericht des Landes kurz vor Weihnachten den – wenn auch korrigierten – Wahlsieg der Regierungspartei Frelimo bestätigt hatte, gab es eine neue Welle der Gewalt. Die Partei regiert ununterbrochen seit der Unabhängigkeit von Portugal 1975 in Mosambik. Doch sie hat es nicht geschafft, das Land, das im Süden an Südafrika grenzt, zu entwickeln. Dabei hat Mosambik eine lange Küste mit enormen Erdgasverkommen, verfügt über Titan, Tantal, Grafit, seltene Erden, Gold, Diamanten und Uran. Aber auch große Ackerflächen mit gutem Boden.
Dennoch ist das Land nach wie vor von Arbeitslosigkeit, Armut und Unterentwicklung gezeichnet. Seit der Bekanntgabe des Ergebnisses der Präsidentschaft- und Parlamentswahlen Ende Oktober ruft die Opposition wegen Wahlbetrugs zu landesweiten Protesten auf. Mittlerweile machen sich die Auswirkungen nicht nur auf die Wirtschaft des Landes, sondern auch in den Nachbarländern bemerkbar.
Die Nachbarstaaten von Mosambik zeigen sich zunehmend besorgt über die andauernden wirtschaftlichen Einbußen: Im November musste Südafrika, das über den Hafen in Maputo große Mengen an Chrom und Kohle exportiert, wegen der Unruhen den Grenzübergang Lebombo schließen. Das kostete täglich rund 500.000 US-Dollar. Auch im neuen Jahr stockt der Grenzhandel regelmäßig. Doch geradezu bedrohlich für Südafrikas Wirtschaft ist ein anderes Problem: 90 Prozent der Gasimporte kommen aus Mosambik. Und Mosambik ist der größte Stromexporteur der Region. Südafrika wiederum der größte Stromkunde Mosambiks, wo es 80 Prozent des produzierten Stroms kauft. Lieferant ist ein Land, in dem nur 40 Prozent der Bevölkerung Zugang zu Strom haben.
Hinzu kommt: Die Wasserkraftwerke in Sambia und Simbabwe produzieren wegen anhaltender Trockenheit kaum Strom. Beide Länder sind daher ebenfalls auf Importe aus Mosambik angewiesen. Besonders der zweitgrößte Kupferproduzent Afrikas, Sambia, braucht den Strom, um seine wichtigste Industrie in Gang zu halten. Im Dezember wurden Stromimporte aus Mosambik im Umfang von 300 Megawatt gestoppt, nachdem der staatliche Energieversorger Zesco die Meldung erhalten hatte, dass im Zusammenhang mit den Abschaltungen “Stromexporte auf unbestimmte Zeit nicht verfügbar” seien. Mosambik produziert derzeit aufgrund der politischen Krise nur noch Zweidrittel der normalen Strommengen.
Bereits kurz vor Weihnachten hatte der Internationale Währungsfonds (IWF) vor einem schwächelnden Wirtschaftswachstum in Mosambik gewarnt. Das Wachstum lag im zweiten Quartal noch bei 4,5 Prozent, bevor es im dritten Quartal, noch vor den Protesten, auf 3,7 Prozent absackte. Für das Jahr 2024 gehen Fachleute von einem Wachstum von 3,9 Prozent aus. Das klingt aus westlichem Blick immer noch nach einem guten Wert. Die EU wuchs 2024 mit 0,9 Prozent.
Doch mit einer funktionierenden Wirtschaft müsste Mosambik mit seinen Bodenschätzen eigentlich mindestens doppelt so stark wachsen. Neben den Protesten brachten Unwetter Rückschläge: Anfang Dezember verursachte der Zyklon “Chido” schwere Zerstörungen an der Küste von Mosambik, mindestens einige Dutzend Menschen starben. “Im Zusammenhang mit den Protesten und Naturkatastrophen erwarten wir eine weitere Verlangsamung im vierten Quartal, gefolgt von einer bescheidenen Erholung im Jahr 2025”, sagte Olamide Harrison, der in Mosambik ansässige IWF-Vertreter.
Die Proteste sind allerdings wirtschaftlich schlimmer als die Naturkatastrophen. Seit dem Ausbruch der Unruhen wurden mehr als 500 Firmen durch Vandalismus und Plünderungen lahmgelegt. Über 12.000 Jobs gingen verloren, mehr als ein Viertel der Menschen sind ohnehin arbeitslos. Der französische Energiekonzern Total Energies hat sein Erdgasexportprojekt im Wert von 20 Milliarden US-Dollar erst einmal bis Mitte 2025 auf Eis gelegt. Es gilt als die größte Projektfinanzierung und die größte ausländische Direktinvestition in Afrika.
Eigentlich hatte das Projekt nun auf finanzielle Unterstützung aus den USA gehofft und wartet auf den Beginn der US-Präsidentschaft von Donald Trump. Doch unter diesen Umständen kann Trump kaum eine Entscheidung fällen. Die Dollaranleihen von Mosambik sind auf ein 12-Monats-Tief gefallen. In der Hauptstadt Maputo wird die Regierung immer abhängiger von lokalen Schuldenmärkten zur Finanzierung des Defizits, was schwieriger wird. Und die Wirtschaft registriert Verluste von bisher rund 400 Millionen US-Dollar – Tendenz steigend.
In Mosambik sind gleich mehrere Sektoren betroffen, einer davon der wichtige Bergbau. Das britische Bergbauunternehmen Gemsfield Group, auf Edelsteine spezialisiert, vermeldete Störungen in seiner Montepuez Ruby-Mine in der Cabo Delgado-Provinz und befürchtet massive Einbußen. Syrah Resources, ein australischer Grafit-Produzent und Tesla-Lieferant, der die Balama-Mine im Norden des Landes betreibt, erklärte, “höhere Gewalt” hätte dazu geführt, dass der Betrieb seit Mitte Dezember unterbrochen sei. US-gedeckte Kredite könnten deswegen nicht bedient werden, was die finanzielle Stabilität des Unternehmens gefährde. Die Mine hat mit 110 Megatonnen eines der größten Grafit-Vorkommen der Welt. “Die Betriebsbedingungen in Mosambik sind herausfordernd, da die anhaltenden Proteste im ganzen Land zu weitreichenden Störungen führen“, erklärte das Unternehmen.
Der Staatenverbund Southern African Development Community (SADC) bemüht sich derweil noch um Vermittlung nach einem virtuellen Gipfel, der am vergangenen Sonntag abgehalten wurde. SADC beauftragte den Ältestenrat des Blocks, Gespräche zwischen mosambikanischen Regierungsvertretern und Oppositionsführern zu erleichtern. Mitte kommender Woche soll der Ältestenrat Bericht erstatten, wenn Frelimo-Führer Daniel Chapo als neuer Präsident vereidigt wird. Die SADC-Staats- und Regierungschefs wiesen außerdem an, “Maßnahmen zum Schutz der regionalen Handelsrouten, humanitären Korridore und Energieversorgung vorzuschlagen und gleichzeitig Lösungen für die politischen und sicherheitspolitischen Herausforderungen in der Republik Mosambik zu finden”, so in dem Kommuniqué des Gipfels.
“Gewisse afrikanische Führungspersönlichkeiten haben vergessen, sich bei uns zu bedanken. Das ist nicht weiter schlimm. Das wird mit der Zeit noch kommen”, sagte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron Anfang der Woche in Paris. In Videoaufnahmen seiner Rede vor den Botschafterinnen und Botschaftern im Élysée sieht man einen sichtlich angefassten Macron, der daran erinnert, dass die französische Armee auf Wunsch von souveränen Staaten interveniert habe. Nach den Staatsstreichen habe man keinen Platz mehr an der Seite von Putschisten gesehen.
Verklausuliert räumte Macron in seiner Rede zwar ein, dass Frankreich auch der historisch gewachsenen Beziehung mit dem Kontinent Rechnung trage, aber in seiner vagen Formulierung fehlen Signalwörter wie etwa “kolonial“. Was Macron glaubte, mit solchen Äußerungen in den ohnehin größtenteils angespannten französisch-afrikanischen Beziehungen zu gewinnen, bleibt offen.
Seine Aussage, dass der Rückzug französischer Truppen aus dem Tschad, Senegal und der Elfenbeinküste selbstverständlich bilateral abgesprochen und überdies nur eine “Neuorganisation” sei, sorgten jedenfalls – wie zu erwarten – für heftige Reaktionen aus Afrika. Tschads Präsident Mahamat Idriss Déby Itno schrieb auf Facebook, er wolle seine “Empörung” teilen. Und: “Ich glaube, er irrt sich in der Zeit.” Senegals Premier Ousmane Sonko schrieb auf X, Macrons Äußerungen seien “völlig falsch”.
Da die Beziehungen zu vielen frankophonen Ländern mittlerweile auf einem Tiefstand sind, bemüht sich Macron demonstrativ um neue, vor allem anglophone Partner. Neben Kenia und Sambia ist vor allem Nigeria neuer Liebling in Paris. Präsident Tinubu strahlte Ende November bei einem zweitägigen Staatsbesuch neben Macron in Paris.
Diese gegenläufige Beziehung zu Frankreich dürfte in Westafrika zu Spannungen führen, etwa in der Ecowas, der Tinubu noch bis Mitte des Jahres vorsteht. Die hat die Hoffnung immer noch nicht aufgegeben, die drei AES-Staaten, Mali, Burkina Faso und Niger, doch noch halten zu können und will bis Ende Juli die Türen für einen Rückzieher offenhalten – auch wenn Beobachter das für nicht wahrscheinlich halten.
Indes schloss Frankreich Ende 2024 mit Nigeria eine 300-Millionen-Euro-Partnerschaft ab. Damit soll Afrikas größte Volkswirtschaft Gesundheitswesen, Energie und Infrastruktur ausbauen. Trotz der vergleichsweise kleinen Summe sehen Experten Chancen, dass die Gelder spürbar etwas voranbringen könnten – wenn die Gelder effizient genutzt würden.
In der Absichtserklärung zwischen Frankreich und Nigeria, die Table.Briefings vorliegt, geht es um strategische Investitionen in Gesundheitswesen, Transport, landwirtschaftliche Wertschöpfungsketten, erneuerbare Energien und Entwicklung des Humankapitals. Ayodele Oni, Partner bei der nigerianischen Wirtschaftskanzlei Bloomfield Law, sagte gegenüber Table.Briefings, dass die französischen Gelder zwar nur rund 0,74 Prozent des Bruttoinlandsprodukts Nigerias entsprächen – aber dennoch einen Unterschied machen könnten. “Im Bereich der erneuerbaren Energien könnten beispielsweise 300 Millionen Euro mehrere Mini-Grid-Projekte oder Off-Grid-Lösungen finanzieren, von denen Millionen Menschen ohne Stromzugang profitieren würden.”
Oni sagte weiter, dass die Partnerschaft mit Frankreichs Entwicklungsagentur auf Nachhaltigkeit und auf erneuerbare Energien und Klimaresilienz abziele – anders als ressourcengetriebene Abkommen mit Partnern wie China. Nigerias wirtschaftliche und entwicklungspolitische Partnerschaften hätten sich historisch stark auf China, die Vereinigten Staaten und multilaterale Organisationen wie die Weltbank konzentriert. Die Stärkung der Beziehungen zu Frankreich erweitert laut Oni Nigerias diplomatische und wirtschaftliche Allianzen innerhalb der EU. “Was dieses Abkommen besonders bedeutsam macht, ist seine Ausrichtung auf Nigerias Vorstoß für Wirtschaftsreformen und sein Potenzial, weitere Investitionen anzuziehen”, so Oni weiter.
BMZ-Staatssekretär Jochen Flasbarth hat seine Teilnahme am afrikanischen Energiegipfel “Mission 300” Ende Januar in der tansanischen Hauptstadt Daressalam angekündigt. Der Gipfel wird von der Regierung Tansanias gemeinsam mit der Afrikanischen Union, der Weltbank und der afrikanischen Entwicklungsbank veranstaltet. Zum Gipfel werden zudem zahlreiche afrikanische Staats- und Regierungschefs erwartet. Im Mittelpunkt des Gipfels steht das Ziel, 300 Millionen Afrikanerinnen und Afrikaner bis 2030 mit Strom zu versorgen. Deutschland wird sich vor Ort dafür einsetzen, dass dieses Versprechen vor allem mit erneuerbaren Energien erfüllt wird, hieß es aus dem BMZ.
Im Rahmen seines Besuchs will sich Flasbarth zudem mit dem Thema Naturschutz beschäftigen. So ist nach BMZ-Angaben auch ein Treffen mit Vertretern der Massai geplant. Angesichts geplanter Umsiedlungsprojekte kommt es immer wieder zu Konflikten zwischen der tansanischen Zentralregierung und den teilweise in Nationalparks lebenden Massai. Zudem will sich der Staatssekretär von Deutschland unterstützte Entwicklungsprojekte während seiner Reise ansehen. dre
Ein Angriff auf den tschadischen Präsidentenpalast am Mittwochabend konnte von den Sicherheitskräften offenbar zurückgeschlagen werden. Nach Angaben der tschadischen Staatsanwaltschaft fuhren 24 bewaffnete Angreifer am Mittwoch gegen 19.45 Uhr vor den Präsidentenpalast, täuschten eine Panne vor und griffen das Sicherheitspersonal an. Die Sicherheitskräfte töteten demnach 18 der Angreifer und verwundeten sechs. Zwei tschadische Soldaten kamen ebenfalls ums Leben. Die Staatsanwaltschaft hat Ermittlungen eingeleitet.
Nach den ersten offiziellen Erklärungen des Regierungssprechers, die nur wenige Minuten nach dem Ende der Schüsse abgegeben wurden, handelte es sich um einen “Versuch, das Land zu destabilisieren“. Der französische Auslandssender RFI sprach mit militärischen und regierungsnahen Quellen, die Elemente der Terrorgruppe Boko Haram verantwortlich machten.
Am Donnerstag erklärte der Regierungssprecher jedoch, es habe sich bei den Angreifern um junge Tschader aus N’djamena gehandelt, die weder mit Boko Haram noch mit einer anderen Terrororganisation in Verbindung stünden. Sie hätten “eine isolierte und verzweifelte Tat” versucht.
Der Vorfall ist immer noch sehr unklar. Dies hat zu Spekulationen geführt, dass es einen Zusammenhang mit dschihadistischen Gruppen, ethnischen Spannungen oder Unzufriedenheit über die Folgen des Krieges im benachbarten Sudan geben könnte. Der Angriff erfolgte außerdem kurz nachdem der Tschad die Militärkooperation mit seinem langjährigen Partner Frankreich aufgekündigt hatte.
Die Zentralafrika-Expertin Enrica Picco sagte Reuters, die Stärke und Schnelligkeit, mit der die Angreifer neutralisiert wurden, deute darauf hin, dass das Präsidentenbüro von Mahamat Déby bereits in Alarmbereitschaft gewesen sei. “Die Spannungen im Präsidentenpalast sind sehr hoch”, sagte sie. “Déby weiß, dass er viele Feinde hat, die ihn ersetzen oder die Art und Weise, wie der Tschad mit verschiedenen Krisen umgeht, ändern wollen.” Die Ereignisse vom Mittwoch fielen mit einem offiziellen Besuch des chinesischen Außenministers Wang Yi im Tschad zusammen. ajs
Die kongolesische Armee (FARDC) hat nach eigenen Angaben bei einer Gegenoffensive gegen die M23-Rebellen wichtige Orte im Masisi-Territorium in der Provinz Nord-Kivu zurückerobert. Zu den eroberten Orten gehört unter anderem Ngungu, die seit rund einem Jahr unter der Kontrolle der M23-Rebellen stand. In und um Ngungu befinden sich wichtige Abbaustätten von Mineralien wie Coltan, Turmalin und Kassiterit.
Auch Ärzte ohne Grenzen (Médecins Sans Frontières, MSF) haben die neuerlichen Zusammenstöße bestätigt. “Zwischen dem 3. und 6. Januar haben Teams von MSF und des Gesundheitsministeriums 75 Verletzte im allgemeinen Krankenhaus von Masisi behandelt”, erklärte Stephane Goetghebuer, Einsatzleiter von MSF in Nord-Kivu in einer Mitteilung vom Mittwoch. Durch die Kämpfe seien in weniger als einer Woche rund 102.000 Menschen vertrieben worden.
Indes verschärft sich die Situation für Medienvertreter in dem Land. Nachdem Al Jazeera kürzlich ein Interview mit dem M23-Anführer Bertrand Bisimwa veröffentlicht hatte, teilte der Informationsminister der DRC mit, den Mitarbeitern des Mediums die Akkreditierung zu entziehen. Auch weitere Medien sollen nun stärker bei ihrer Berichterstattung über den Konflikt im Ostkongo überwacht werden. Der kongolesische Justizminister Constant Mutamba drohte am Donnerstag Journalisten und zivilgesellschaftlichen Akteuren sogar mit der Todesstrafe, sollten diese über “die Aktivitäten der ruandischen Armee und ihrer M23-Stellvertreter” berichten.
Nur wenige Wochen zuvor hatten die M23 wichtige Teile Masisis eingenommen und eine weitere Eskalation der Gewalt im Osten Kongos befürchten lassen. Angesichts der Entwicklungen scheint der von Angola angestrengte Friedensprozess zwischen der DR Kongo (DRC) und Ruanda, dem von internationalen Beobachtern vorgeworfen wird, die M23 militärisch zu unterstützen, erneut zurückgeworfen. Erst Ende Dezember hatte Ruanda weitere Verhandlungen verweigert, da das Land darauf bestanden hatte, die M23-Rebellen an den Verhandlungstisch zu holen. Dies wiederum lehnt die DRC grundlegend ab. dre

Die Staatsschulden auf dem afrikanischen Kontinent sind seit 2010 viermal schneller gewachsen als das BIP. Der aktuelle Durchschnitt für Zinsen ist mit 11,6 Prozent so hoch, dass die Belastung für die Staatshaushalte weiter enorm sein wird, auch wenn der Zenit 2024 wohl überschritten wurde. Wenn Staaten aufgrund des hohen Schuldendienstes kaum mehr in Anpassungsmaßnahmen investieren können, wird das Zusammenspiel von Staatsschulden- und Klimakrise in Afrika besonders deutlich. Dies wird verschlimmert durch die Abwanderung privaten Kapitals: Seit 2022 haben private Gläubiger 141 Milliarden US-Dollar mehr in Schuldendiensten aus Entwicklungsländern entnommen, als an neuer Finanzierung bereitgestellt wurde.
In diesem Jahr hält mit Südafrika das erste Mal ein afrikanisches Land die Präsidentschaft der G20 und hat bereits angekündigt, die Reform der internationalen Finanzarchitektur und ein nachhaltiges Staatsschuldenmanagement zu einer Priorität seiner Präsidentschaft machen zu wollen. Insbesondere eine Reform des Common Framework for Debt Treatments (Gemeinsames Rahmenwerk für Schuldenrestrukturierungen) ist hierfür ein vielversprechender Ansatz.
Das Common Framework (CF) war 2020 als Reaktion auf die wirtschaftlichen Turbulenzen der Corona-Pandemie von den G20 geschaffen worden und bietet vor allem ein Forum, um Gläubiger zwischen dem (westlichen) Paris Club und den weiteren G20-Mitgliedern (vor allem China) zu koordinieren. Bereits unter der brasilianischen Präsidentschaft im vergangenen Jahr hatte eine kritische Bestandsaufnahme des CF begonnen, das schon länger als unzureichend kritisiert wird.
In Gesprächen mit deutschen Regierungsvertreterinnen und -vertretern hatten afrikanische Expertinnen und Experten im vergangenen November mehrere Prioritäten betont: Zum einen müssen die Verfahren unter dem CF für die Schuldnerländer besser planbar und transparenter werden. Auch müssen die den Verhandlungen zugrunde liegenden Schuldentragfähigkeitsanalysen (sog. Debt Sustainability Analysis, durchgeführt vom IWF) verbessert werden und auch wirtschaftliche Schwierigkeiten durch Auswirkungen der Klimakrise beinhalten. Nur so kann verlässlich ermittelt werden, wie hoch der tatsächliche Bedarf eines Schuldenschnitts ist, um den betroffenen Ländern eine realistische Chance auf nachhaltige wirtschaftliche Erholung zu geben.
Eine Studie der FES mit der NGO Erlassjahr.de zu Ghana, das oft als bislang erfolgreichster Testfall des CF angeführt wird, bestätigt, wie knapp dies im Falle Ghanas kalkuliert wurde: Nur kleinere wirtschaftliche Turbulenzen könnten das Land in eine erneute Schuldenkrise schlingern lassen. Zudem musste Ghana vor der Verhandlung mit den internationalen Gläubigern zunächst einen nationalen Schuldenschnitt durchsetzen, der im Vergleich deutlich höher ausfiel. Zwar verbesserte dies den Schuldenstand im Verhältnis zum BIP, aber stellte natürlich keine Devisen zur Begleichung der tatsächlich problematischen Auslandsschulden bereit. Für die Menschen in Ghana, die etwa für die Rente Staatsanleihen gekauft hatten, war der nationale Schuldenschnitt jedoch ein harter Verlust.
Um das Common Framework zu bewerten, genügt es nicht, nur auf tatsächlich eingeleitete Verfahren zu schauen. Mindestens ebenso relevant ist der Blick auf Länder, die sich zwar in einer massiven Schuldenkrise befinden, jedoch einen Zahlungsausfall um jeden Preis verhindern möchten. Um weiter ihre Schulden bedienen zu können, reagieren die Länder mit massiver Austerität, etwa sinkenden Ausgaben für Bildung und Gesundheit, sowie starken Steuererhöhungen.
So geschehen in Kenia, wo neue Steuern zu einer großen Protestwelle führten und öffentliche Beschäftigte teils Monate auf ihre Gehälter warten müssen. Die hohen Ausgaben für den Schuldendienst untergraben zudem massiv die nötigen Ausgaben für Entwicklung und Anpassung an die Klimakrise, was letztlich zu einem Teufelskreis aus Krise, Entwicklungs-Stopp und Instabilität führt.
Daher haben auch Gewerkschaften, wie die afrikanische Sektion des internationalen Gewerkschaftsbundes ITUC, die soziale und gesellschaftliche Relevanz der Schulden erkannt und sich positioniert. Eine nachhaltige Reform des Staatsschuldenmanagements würde zudem bessere Investitionsbedingungen schaffen, die auch der deutschen Wirtschaft zugutekommen würden.
Die südafrikanische G20-Präsidentschaft hat angekündigt, einige dieser Reformen anzustoßen, ist dafür jedoch auf internationale Unterstützung angewiesen. Global beginnen 2025 eher schwierige Zeiten für internationale Kooperation und multilaterale Lösungen. Doch gerade deshalb sind positive Beispiele einer erfolgreichen Zusammenarbeit wichtig.
Wohingegen andere Reformbereiche, etwa des UN-Sicherheitsrats, auf absehbare Zeit blockiert bleiben, gibt es bei einer Reform des globalen Schuldenregimes zumindest eine reale Chance auf Erfolg. Die zukünftige deutsche Regierung täte gut daran, auch im ganz eigenen Interesse, eine solche Reform weiterhin nicht nur zu unterstützen, sondern aktiv zu gestalten.
Andernfalls stehen wir vor einem Jahrzehnt, in dem viele Länder mit niedrigen Einkommen vor katastrophal hohen Schuldentilgungen stehen und kaum Fortschritte im Bereich der SDGs oder den Zielen des UN-Zukunftsgipfels machen können.
Thomas Claes ist Referent für Westafrika und gerechte Wirtschaft im Afrika-Referat der Friedrich-Ebert-Stiftung in Berlin. Zuvor war er unter anderem Leiter eines Regionalprojekts der Stiftung zu Wirtschaftspolitik in der Mena-Region in Tunis, Tunesien.
Financial Times: Großbritannien will Einfluss auf Chagos Inseln sichern. Großbritannien soll Mauritius 90 Millionen Pfund, etwas mehr als 107 Millionen Euro, im Jahr geboten haben, um auf der Insel Chagos weiterhin den wichtigen Militärstützpunkt Diego Garcia betreiben zu dürfen. Die Vereinbarung zur Übergabe des britischen Territoriums im Indischen Ozean und zur Rückpacht des strategisch wichtigen britisch-amerikanischen Militärstützpunkts auf Diego Garcia geriet nach der Wahl eines neuen Premierministers auf Mauritius in Schwierigkeiten. (“UK offers to frontload payments in Chagos Islands talks”)
Semafor: Heftige Kritik an Safaricom. Kenias führender Telekommunikationsanbieter Safaricom steht wegen angeblicher Verstrickungen in die ungeklärten Entführungen von Regierungskritikern unter starkem öffentlichem Druck. Nach Angaben der kenianischen Menschenrechtskommission (KNCHR) gab es seit den von Jugendlichen organisierten Anti-Regierungsprotesten über 80 Fälle von Entführungen und Zwangsverschleppungen. (“Kenya’s Safaricom faces abductions backlash”)
Nation: Gericht sieht übermäßige Gewalt durch Kenias Polizei bei letztjährigen Protesten. Der Generalinspekteur der kenianischen Polizei, Douglas Kanja, wird für den unrechtmäßigen Einsatz von Gewalt durch Beamte zur Auflösung friedlicher Demonstrationen haftbar gemacht. Das entschied das Oberste Gericht in Kenia. Damit gab das Gericht Menschenrechtsorganisationen recht, die im Zusammenhang mit dem Angriff auf den Chef der Kenya Medical Practitioners and Dentists Union (KMPDU) während eines Ärztestreiks im vergangenen Jahr geklagt hatten. Bei dem Vorfall hatte die Polizei Tränengasgranaten auf protestierende Ärzte abgefeuert und den Gewerkschaftschef verletzt. (“Koome tenure haunts Kanja as court sides with doctors’ union in police brutality case”)
Africa News: Äthiopiens Christen feierten Weihnachten. In weiße Gewänder gehüllt nahmen die äthiopischen Christen an Gebeten und Mitternachtsmessen teil, die sie nach dem julianischen Kalender am 6. Januar begingen. Trotz der jüngsten Erdbeben, die viele Menschen obdachlos machten, feierten die Äthiopier mit Familienfesten und gemeinsamen Mahlzeiten mit den weniger Glücklichen. Die historische Kirche von Lalibela wurde von Pilgern besucht, und Touristen lobten die einzigartige Mischung aus alten und modernen Traditionen. (“Ethiopians celebrate Orthodox Christmas with prayers, feasts, and acts of charity”)
Le Monde: Vorwürfe gegen Ex-Premier. Einen Monat nach seiner Entlassung als Premierminister am 20. November 2024 wirft die malische Rechnungsprüfungsbehörde (BVG) Choguel Kokalla Maïga finanzielle Unterschlagung vor. In ihrem Bericht vom 24. Dezember kritisiert die BVG seine Misswirtschaft bei der Fund Agency (Agefau), einer unter dem Premierminister stehenden Einrichtung, die für die Verbesserung der Telekommunikationsversorgung in Mali zuständig ist. (“Mali : Choguel Maïga, de premier ministre complaisant à cible des putschistes”)
Le Monde: Frankreichs Verhältnis zu Algerien verschlechtert sich. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat die Verhaftung des französisch-algerischen Schriftstellers Boualem Sansal kritisiert. Damit dürfte sich das Verhältnis zwischen Algerien und Frankreich weiter abkühlen. Die aktuelle Krise begann im Sommer vergangenen Jahres, als sich Frankreich im Streit um die Westsahara an die Seite Marokkos stellte. (“Entre la France et l’Algérie, la multiplication des tensions éloigne la perspective d’une réconciliation”)
Guardian: Malawi nimmt 13.000 mosambikanische Flüchtlinge auf. Wegen marodierender Banden und politischen Unruhen nach den Wahlen im Oktober sind 13.000 Menschen aus Mosambik nach Malawi geflohen. Die Malawier haben die Flüchtlinge, mit denen sie oft eine gemeinsame Sprache teilen, trotz der eigenen Herausforderungen durch eine schwere Dürre und eine der schlimmsten Nahrungsmittelknappheiten der Landesgeschichte aufgenommen. Der Präsident rief den Notstand aus und bat um internationale Unterstützung. (“Malawi sees influx of refugees from post-election violence in Mozambiqu”)
BBC: Sanktionen gegen RSF-Führer. Die USA haben den sudanesischen paramilitärischen Rapid Support Forces (RSF) Völkermord vorgeworfen und Sanktionen gegen deren Anführer verhängt. US-Außenminister Antony Blinken erklärte am Dienstag, dass Mohamed Hamdan Dagalo, bekannt als Hemedti, für seine Rolle bei “systematischen” Gräueltaten gegen die sudanesische Bevölkerung während des 20-monatigen Konflikts bestraft werde. Die RSF und verbündete Milizen seien für die Ermordung von Männern, Jungen und Kleinkindern sowie für brutale sexuelle Gewalt gegen Frauen aus ethnischen Gründen verantwortlich. (” US accuses RSF of Sudan genocide and sanctions its leader”)

Die Afrikanische Union (AU) leidet unter einer ineffizienten Struktur, in der Zuständigkeiten nicht immer ganz klar abgesteckt sind. Das führt dazu, dass die politischen Vorhaben der AU häufig länger dauern und sich komplizierter gestalten, als es nötig wäre. Die Lösung dieses Problems hat sich Madagaskars ehemaliger Außenminister Richard Randriamandrato zum Ziel gesetzt. Gefragt nach seinen drei wichtigsten Zielen, nennt der Kandidat für das Amt des AU-Kommissionspräsidenten strukturelle Reformen sogar gleich doppelt.
Die schwerfällige Rolle der Bürokratie in der AU-Verwaltung müsse endlich angegangen werden, fordert Randriamandrato im Interview mit dem südafrikanischen Thinktank ISS Africa. “Das ist eine vorrangige Aufgabe, die unsere Aufmerksamkeit erfordert”, so der erfahrene Diplomat. Weiterhin wünscht sich Randriamandrato, dass die Rollen und Verantwortungsbereiche der AU-Organe klarer definiert werden, um künftig effektiver arbeiten zu können und Dopplungen zu vermeiden. Er hat angekündigt, den Reformen, die von der Konferenz der afrikanischen Staats- und Regierungschefs als am dringendsten erachtet werden, Priorität einzuräumen. Dazu zählt auch eine Überarbeitung der Finanzierung der AU.
Neben institutionellen Reformen der AU hält Randriamandrato vor allem Frieden und Entwicklung auf dem Kontinent für zentral. Sicherheit und Befriedung seien dringliche Ziele in vielen afrikanischen Staaten, die allerdings stets gegen die Fernziele der wirtschaftlichen und menschlichen Entwicklung balanciert werden müssten, so der Ex-Minister: “Es geht darum, ein Gleichgewicht zu finden zwischen der unmittelbaren Notwendigkeit, Frieden und Sicherheit in konfliktreichen Regionen wiederherzustellen […] und der gleichzeitigen Förderung einer nachhaltigen Entwicklung.”
Randriamandrato ist der Ansicht, seine madagassische Herkunft könne bei der Konfliktschlichtung ein echter Pluspunkt sein: “Madagaskar liegt in einer friedlichen Region Afrikas und ist frei von bewaffneten Konflikten mit seinen Nachbarn”, sagte der Diplomat im Gespräch mit The Africa Report. “Ich glaube, dass ich andere Perspektiven auf die Probleme des Kontinents bieten kann, da ich eine gewisse Distanz zu den direkten Konflikten habe, die die Sahelzone, das Horn von Afrika oder die Region der Großen Seen erschüttern.” Er wolle diese Distanz nutzen, um die Staats- und Regierungschefs besser zu unterstützen.
Auch in seinem Bewerbungsschreiben nennt Randriamandrato politische und sicherheitspolitische Fragen “am offensichtlichsten”. Er verspricht ein stärkeres Engagement der AU im Hinblick auf Konfliktvermittlung und -schlichtung. Um die Performance zu verbessern, soll die AU-Kommission “eine echte strategische Überwachung” einrichten, also ein Monitoring dieser Prozesse.
Weitere Vorhaben des Ex-Ministers umfassen Investitionen in Infrastruktur und Digitalisierung, insbesondere mit Blick auf die Einführung der Afrikanischen Kontinentalen Freihandelszone (AfCFTA). “Um die Wirtschaft auf kontinentaler Ebene zu entwickeln, müssen wir den Handel durch Liberalisierung ausbauen“, sagte Randriamandrato im Dezember während der Mjadala Afrika Debate der drei Kandidaten. “Wir müssen maßvoll beginnen, sodass nach und nach die Jugend und die Frauen die Möglichkeit haben, am großen kontinentalen Markt teilzunehmen.”
Er fordert außerdem einen “differenzierten, aber ausgewogenen Ansatz” gegenüber Afrikas strategischen Entwicklungspartnern wie G7, G20 und Brics, um afrikanische Interessen besser auf der internationalen Bühne vertreten zu können. Auch die Beziehung der AU zu den afrikanischen Regionalorganisationen soll überarbeitet werden, möglicherweise sogar mit einem Update des Vertrags von Abuja (1991), der diese erstmals formalisierte.
Randriamandrato will seine Ideen den afrikanischen Staats- und Regierungschefs persönlich präsentieren. Auch in diesem Monat führt er seine Wahlkampftour fort. Nach eigenen Angaben stößt seine Kandidatur damit auf offene Ohren: “Es gab Interesse und viel Zuspruch.”
Qualifiziert ist der 55-Jährige allemal. Studiert hat er Politikwissenschaft und internationale Beziehungen am Institut d’études politiques in Aix-en-Provence und am Centre d’études des relations internationales et stratégiques in Brüssel, sowie internationale Finanzen an der Georgetown University in Washington. Nach dem Karrierestart bei der Internationalen Arbeitsorganisation arbeitete Randriamandrato als Experte für die Weltbank in Madagaskar. 1998 wurde er zum Kabinettschef im Außenministerium ernannt und wurde 2019 als Wirtschafts- und Finanzminister Teil der Regierung. Dieses Amt hatte er bis 2021 inne. Im Jahr 2022 bekleidete er schließlich für einige Monate das Amt des Außenministers. Er verschwand nach abrupter Entlassung von der politischen Bühne, weil er auf eigene Faust eine UN-Resolution zugunsten der Ukraine unterstützt hatte, obwohl Präsident Andry Rajoelina eine neutrale Positionierung verfolgt hatte.
Nun hat Rajoelina seinen ehemaligen Minister wieder in die Politik zurückgeholt, offenbar ohne ihm seinen Alleingang übelzunehmen. Dass Randriamandrato sich tatsächlich die nötige Zweidrittelmehrheit sichern kann, um im Februar zum AU-Kommissionspräsidenten gewählt zu werden, ist aber dennoch eher unwahrscheinlich. Den anderen beiden Kandidaten, Kenias Ex-Premier Raila Odinga und Dschibutis Außenminister Mahamud Ali Jussuf, werden bessere Chancen eingeräumt. Arne Schütte

Der Kolonialismus hat Deutschland nachhaltig geprägt – und tut es auch heute noch. Das ist die These, die der deutsch-namibische Afrikahistoriker Henning Melber in seinem aktuellen Buch The Long Shadow of German Colonialism darlegt. Ob in der Politik oder in der Kultur, ob in Straßennamen oder dem Humboldt-Forum, überall begleitet uns der Schatten dieser “nur ganz kurzen” Ära. Unter dieser Maßgabe ist Melbers Buch vor allem eine Aufforderung zur Aufarbeitung.
Der Historiker bereitet die Grundlage, indem er die dunklen Verbindungen zwischen den Idealen der Aufklärung und den Verbrechen des Kolonialismus aufzeigt. Anschließend bietet das Buch eine Übersicht der deutschen Kolonialgeschichte, bei der auch die oft unterschlagenen Pazifik- und Südseekolonien nicht zu kurz kommen. Schließlich zeichnet der Autor das Verhältnis des postkolonialen (West-)Deutschland zur Kolonialära nach, einschließlich der alltäglichen Erfahrungen von Afrodeutschen. Ein gesondertes Kapitel beleuchtet zudem den holprigen Prozess der Aufarbeitung mit Namibia.
Melber erkennt zwar an, dass die Ampel-Koalition mehr Initiative zeigt als ihre Vorgängerin. Doch auch die aktuelle Regierung handele vor allem symbolisch, beklagt er. Zu oft entstehe noch der Eindruck, Berlin sei es nicht ernst mit der Aufarbeitung und paternalistisch gegenüber seinen Gesprächspartnern. Die jüngste Belebung der Debatte über Deutschlands koloniale Vergangenheit werde durch fortgesetzte Amnesie und Leugnung behindert, so Melber. Der Autor warnt zudem davor, das Feld einer populistischen Rechten zu überlassen, die den kolonialen Revisionismus unterstützt. Deren Kampagne gegen die postkolonialen Studien ziele darauf ab, jede ernsthafte Auseinandersetzung mit den Verbrechen des imperialen Zeitalters anzuprangern und zu ächten.
In einer Zeit, in der sich die Bundesregierung langsam und zaghaft an die Aufarbeitung der deutschen Kolonialgeschichte wagt, kommt Henning Melbers Buch gerade recht. Es bietet einen eindrücklichen Überblick über die Verbrechen der Vergangenheit und mahnt uns heute, diesen gerecht zu werden. Eine Leseempfehlung für alle, die sich bessere Beziehungen mit unserem Nachbarkontinent wünschen. ajs
Henning Melber: The Long Shadow of German Colonialism: Amnesia, Denialism and Revisionism. Hurst Publishers, London, 2024, 332 Seiten. 30 Pfund/39 Euro.