Katja Leikert: Einsatz in Mali macht keinen Sinn mehr
Standpunkt Katja Leikert: Neue Strategie für die Region erforderlich
Liebe Leserin, lieber Leser,
“Der Bundeswehr-Einsatz in Mali macht unter den gegebenen Umständen keinen Sinn mehr.” Ein klarer Satz der Berichterstatterin der Unionsfraktionen für Grundsatzfragen der deutschen Afrika-Politik im Auswärtigen Ausschuss des Bundestages. Im Standpunkt für Africa.Table begründet Katja Leikert ihre Position, warnt aber zugleich vor einem kompletten Rückzug der Europäer aus dem Sahel. Ihr Argument: “Es geht nicht nur um die Sicherheitslage und Stabilität in Mali. Die ganze Region ist bedroht”.
Die ausführliche Position von Katja Leikert können Sie seit heute Morgen auf der Website von Africa.Table nachlesen. Und für alle, denen der Weg dahin zu weit ist, veröffentlichen wir sie auch hier im Briefing.
Ich wünsche Ihnen eine spannende Lektüre
Ihre Antje Sirleschtov
Afrika
Mali
Standpunkt
Abzug aus Mali darf kein Rückzug aus dem Sahel sein
Katja Leikert, MdB.
Der Besuch des russischen Außenministers Sergei Lawrow in Mali vergangene Woche hat vor Augen geführt, was schon lange offensichtlich ist: Der präferierte Partner der Militärjunta in Bamako sitzt nun in Moskau. Der Westen ist auf dem Abstellgleis. Unsere Truppen dürfen im Land zwar weiterhin aushelfen, doch erfahren immer mehr Schikanen. Zugegeben, der Einsatz in Mali war nie einfach. Doch im vergangenen Jahr haben sich die Bedingungen für unseren Einsatz nochmal deutlich zum Schlechteren gewandt. Die eigentlichen Aufgaben können nicht mehr erfüllt werden.
Das traurige Fazit lautet daher, dass ein ‘Weiter so’ unter den aktuellen Bedingungen keinen Sinn macht. Die malische Junta ist kein Partner, mit dem wir vertrauensvoll zusammenarbeiten können. Und unsere Bundesregierung hat gleichzeitig keinen überzeugenden Plan, wie wir den Einsatz unserer Truppen vor Ort wieder besser aufstellen können.
Sollten sich diese Umstände nicht rasch ändern, bleibt ein Abzug die richtige, wenn auch frustrierende, Lösung.
Deutschland muss in der Sahelzone präsent bleiben
Doch müssen wir hierbei Vorsicht walten lassen. Ein militärischer Abzug aus Mali darf keinen Rückzug Deutschlands aus dem Sahel bedeuten. Das muss die Bundesregierung unseren Partnern überzeugend klarmachen. Wir sollten in der Region weiterhin aktiv bleiben: wirtschafts-, entwicklungs-, klima- und sicherheitspolitisch.
Denn es geht nicht nur um die Sicherheitslage und Stabilität in Mali. Die ganze Region ist bedroht. Burkina Faso, das vor kurzem den zweiten Putsch innerhalb eines Jahres erlebte, sieht sich immer größeren Problemen durch Rebellen und Dschihadisten ausgesetzt.
Auch nebenan, im Niger, wird die Lage schwerer. Doch bietet dort die pro-westlich eingestellte Regierung noch Hoffnung auf einen relativen Stabilitätsanker. Die Verschiebung europäischer Truppen – unter anderem von der französischen Militärmission Barkhane, aber auch der neuen EU-Ausbildungsmission – aus Mali und Burkina Faso dorthin ist deshalb erst einmal sinnvoll.
Unkoordinierte Verteilung von Hilfen fördert Korruption
Wenn wir dort jedoch mittelfristig erfolgreicher sein wollen, müssen wir aus unseren Fehlern lernen. Das heißt unter anderem, dass wir eine kohärente und ressortübergreifende Strategie für unsere Präsenz vor Ort brauchen. Fehler wie in Mali vor zehn Jahren, wo zum Beispiel die unkoordinierte Verteilung von Hilfsgeldern zu wachsender Korruption bei oft ausbleibenden Erfolgen führte, müssen wir in Niger vermeiden.
Hier ist die Bundesregierung gefragt, zügig Antworten vorzulegen. Eine solche Strategie muss nicht nur unsere Ziele vor Ort konkret benennen, sondern klare Konditionen setzen, unter denen wir Truppen entsenden und finanzielle Unterstützung gewähren. Die Kooperation zwischen uns Europäern wird hier entscheidend sein.
Gleichzeitig muss die Strategie auch Antworten darauf geben, wie wir mit der wachsenden Präsenz Russlands in der Region umgehen wollen. Eine vernünftige Antwort zu finden auf die höchst effektiven russisch-gesteuerten Desinformationskampagnen gegen westliche Staaten in der Region ist hier essenziell.
Gefahren schwappen auf andere Länder über
Dabei muss aber auch schon über den Sahel hinaus gedacht werden. Denn die Gefahren, die dort wachsen, schwappen schon lange in benachbarte Länder über. Insbesondere die Küstenstaaten Westafrikas sind betroffen. Ghana und Togo sind bereits heute Ziele bewaffneter Gruppen aus dem Sahel, die dort nicht nur Angriffe verüben, sondern die Staaten auch zur Rekrutierung und als strategische Rückzugsorte nutzen. Auch Benin und die Elfenbeinküste spüren die Bedrohung.
Ein Übergreifen des Flächenbrandes im Sahel auf die Küstenstaaten Westafrikas käme einer Katastrophe gleich. Er würde zur weiteren Destabilisierung einer bereits jetzt in Teilen fragilen Region führen, die doch so viel Potenzial und Wachstumsmöglichkeiten hat. Deutschland wird dies nicht alleine leisten können. Doch wir sollten unser Bestes geben, einen größtmöglichen Beitrag dazu zu leisten. Das geht nur, indem wir aus unseren Fehlern lernen und uns neu aufstellen.
Katja Leikert ist Mitglied des Deutschen Bundestages und für die CDU/CSU-Fraktion Berichterstatterin zu Grundsatzfragen der deutschen Afrika-Politik im Auswärtigen Ausschuss.
Standpunkt Katja Leikert: Neue Strategie für die Region erforderlich
Liebe Leserin, lieber Leser,
“Der Bundeswehr-Einsatz in Mali macht unter den gegebenen Umständen keinen Sinn mehr.” Ein klarer Satz der Berichterstatterin der Unionsfraktionen für Grundsatzfragen der deutschen Afrika-Politik im Auswärtigen Ausschuss des Bundestages. Im Standpunkt für Africa.Table begründet Katja Leikert ihre Position, warnt aber zugleich vor einem kompletten Rückzug der Europäer aus dem Sahel. Ihr Argument: “Es geht nicht nur um die Sicherheitslage und Stabilität in Mali. Die ganze Region ist bedroht”.
Die ausführliche Position von Katja Leikert können Sie seit heute Morgen auf der Website von Africa.Table nachlesen. Und für alle, denen der Weg dahin zu weit ist, veröffentlichen wir sie auch hier im Briefing.
Ich wünsche Ihnen eine spannende Lektüre
Ihre Antje Sirleschtov
Afrika
Mali
Standpunkt
Abzug aus Mali darf kein Rückzug aus dem Sahel sein
Katja Leikert, MdB.
Der Besuch des russischen Außenministers Sergei Lawrow in Mali vergangene Woche hat vor Augen geführt, was schon lange offensichtlich ist: Der präferierte Partner der Militärjunta in Bamako sitzt nun in Moskau. Der Westen ist auf dem Abstellgleis. Unsere Truppen dürfen im Land zwar weiterhin aushelfen, doch erfahren immer mehr Schikanen. Zugegeben, der Einsatz in Mali war nie einfach. Doch im vergangenen Jahr haben sich die Bedingungen für unseren Einsatz nochmal deutlich zum Schlechteren gewandt. Die eigentlichen Aufgaben können nicht mehr erfüllt werden.
Das traurige Fazit lautet daher, dass ein ‘Weiter so’ unter den aktuellen Bedingungen keinen Sinn macht. Die malische Junta ist kein Partner, mit dem wir vertrauensvoll zusammenarbeiten können. Und unsere Bundesregierung hat gleichzeitig keinen überzeugenden Plan, wie wir den Einsatz unserer Truppen vor Ort wieder besser aufstellen können.
Sollten sich diese Umstände nicht rasch ändern, bleibt ein Abzug die richtige, wenn auch frustrierende, Lösung.
Deutschland muss in der Sahelzone präsent bleiben
Doch müssen wir hierbei Vorsicht walten lassen. Ein militärischer Abzug aus Mali darf keinen Rückzug Deutschlands aus dem Sahel bedeuten. Das muss die Bundesregierung unseren Partnern überzeugend klarmachen. Wir sollten in der Region weiterhin aktiv bleiben: wirtschafts-, entwicklungs-, klima- und sicherheitspolitisch.
Denn es geht nicht nur um die Sicherheitslage und Stabilität in Mali. Die ganze Region ist bedroht. Burkina Faso, das vor kurzem den zweiten Putsch innerhalb eines Jahres erlebte, sieht sich immer größeren Problemen durch Rebellen und Dschihadisten ausgesetzt.
Auch nebenan, im Niger, wird die Lage schwerer. Doch bietet dort die pro-westlich eingestellte Regierung noch Hoffnung auf einen relativen Stabilitätsanker. Die Verschiebung europäischer Truppen – unter anderem von der französischen Militärmission Barkhane, aber auch der neuen EU-Ausbildungsmission – aus Mali und Burkina Faso dorthin ist deshalb erst einmal sinnvoll.
Unkoordinierte Verteilung von Hilfen fördert Korruption
Wenn wir dort jedoch mittelfristig erfolgreicher sein wollen, müssen wir aus unseren Fehlern lernen. Das heißt unter anderem, dass wir eine kohärente und ressortübergreifende Strategie für unsere Präsenz vor Ort brauchen. Fehler wie in Mali vor zehn Jahren, wo zum Beispiel die unkoordinierte Verteilung von Hilfsgeldern zu wachsender Korruption bei oft ausbleibenden Erfolgen führte, müssen wir in Niger vermeiden.
Hier ist die Bundesregierung gefragt, zügig Antworten vorzulegen. Eine solche Strategie muss nicht nur unsere Ziele vor Ort konkret benennen, sondern klare Konditionen setzen, unter denen wir Truppen entsenden und finanzielle Unterstützung gewähren. Die Kooperation zwischen uns Europäern wird hier entscheidend sein.
Gleichzeitig muss die Strategie auch Antworten darauf geben, wie wir mit der wachsenden Präsenz Russlands in der Region umgehen wollen. Eine vernünftige Antwort zu finden auf die höchst effektiven russisch-gesteuerten Desinformationskampagnen gegen westliche Staaten in der Region ist hier essenziell.
Gefahren schwappen auf andere Länder über
Dabei muss aber auch schon über den Sahel hinaus gedacht werden. Denn die Gefahren, die dort wachsen, schwappen schon lange in benachbarte Länder über. Insbesondere die Küstenstaaten Westafrikas sind betroffen. Ghana und Togo sind bereits heute Ziele bewaffneter Gruppen aus dem Sahel, die dort nicht nur Angriffe verüben, sondern die Staaten auch zur Rekrutierung und als strategische Rückzugsorte nutzen. Auch Benin und die Elfenbeinküste spüren die Bedrohung.
Ein Übergreifen des Flächenbrandes im Sahel auf die Küstenstaaten Westafrikas käme einer Katastrophe gleich. Er würde zur weiteren Destabilisierung einer bereits jetzt in Teilen fragilen Region führen, die doch so viel Potenzial und Wachstumsmöglichkeiten hat. Deutschland wird dies nicht alleine leisten können. Doch wir sollten unser Bestes geben, einen größtmöglichen Beitrag dazu zu leisten. Das geht nur, indem wir aus unseren Fehlern lernen und uns neu aufstellen.
Katja Leikert ist Mitglied des Deutschen Bundestages und für die CDU/CSU-Fraktion Berichterstatterin zu Grundsatzfragen der deutschen Afrika-Politik im Auswärtigen Ausschuss.