am 1. August ist Earth Overshoot Day – also der Tag, an dem die natürlichen Ressourcen aufgebraucht sind, die sich innerhalb eines Jahres erneuern. Ist es also an der Zeit, sich vom Wachstumsgedanken zu verabschieden? Lukas Bayer analysiert heute die wachsende Relevanz von Postwachstums-Debatten und schaut auf Ansätze, die sich für weniger Ressourcen- und Energieverbrauch einsetzen und für Suffizienz eintreten.
Weg vom Wachstum wollen die Vereinigten Arabischen Emirate mit ihrem auf der letzten Klimakonferenz angekündigten Altérra-Fonds sicher nicht. Im Gegenteil: Mit dem laut eigenen Angaben “weltweit größten privaten Investitionsvehikel für das Klima” soll möglichst viel Geld umgesetzt werden, um Energiewende, industrielle Dekarbonisierung, nachhaltiges Leben und Klimatechnologien voranzubringen. Der Fonds soll Investitionen in Klimalösungen im Globalen Süden ankurbeln. Christian Mihatsch erklärt, welchen innovativen Ansatz die Emirate dafür ausgewählt haben und warum es Kritik wegen Investitionen in neue Gasprojekte gibt.
Zur Bewältigung der Klimakrise ist nicht nur mehr Geld gefragt, sondern auch neue politische Ansätze. In den News berichten wir unter anderem, was die Bundesregierung gegen den stockenden Ausbau der Offshore-Windkraft unternehmen könnte, wie sie neue Klimaschutzverträge ausschreibt und zu welchen Beschlüssen die G20-Finanzminister gekommen sind.
Wir behalten auch bei steigenden Temperaturen einen kühlen Kopf.

Ein gutes halbes Jahr nach seiner Ankündigung hat das “weltweit größte private Investitionsvehikel für das Klima” (Eigenwerbung), der Altérra-Fonds der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), seine ersten großen Projekte angekündigt – und gleichzeitig Kritik an seiner Arbeit als Klimafonds provoziert. Anfang Juli kündigte der Leiter des Fonds und COP28 Generalsekretär Majid Al Suwaidi an, dass die nächste Runde an Investitionen kurz bevorstehe. Recherchen der britischen Klimapublikation Climate Home zeigen allerdings, dass der Fonds indirekt an der Finanzierung von neuen Gasprojekten beteiligt ist.
Auf der COP28 in Dubai sparten die VAE nicht mit Eigenlob bei der Lancierung des Altérra-Fonds. Dieser werde dazu beitragen, ein “faireres System der Klimafinanzierung zu schaffen”. Der Fonds soll mit 30 Milliarden US-Dollar ausgestattet werden und damit insgesamt 250 Milliarden US-Dollar bis zum Jahr 2030 mobilisieren. Altérra ist ein “Fund of Funds” und investiert in andere Fonds, an denen weitere Investoren beteiligt sind.
Einer dieser Fonds ist der Blackrock Infrastructure Fund IV, an dem Altérra mit 650 Millionen US-Dollar beteiligt ist. Altérra hat nach eigenen Angaben vier Schwerpunkte für Investitionen: Energiewende, industrielle Dekarbonisierung, nachhaltiges Leben und Klimatechnologien. Doch der Blackrock-Fonds hat sich im März mit gut 500 Millionen US-Dollar an einer Gaspipeline beteiligt. Zusammen mit der US-Bank Morgan Stanley kaufte der Fonds das “Portland Natural Gas Transmission System”, ein 475 Kilometer langes Röhrensystem im Nordwesten der USA. Der Blackrock-Fonds zielt nach eigenen Angaben nicht nur auf Solar- und Windkraftwerke, sondern auch auf Gaskraftwerke, Terminals für Flüssiggas und Flughäfen – also in Infrastruktur, egal ob grün oder nicht.
Altérra dagegen behauptet, sich “ausschließlich auf Klimalösungen zu konzentrieren”. Und da passe eine Gaspipeline schlecht ins Profil, sagt Andreas Sieber von der US-Umweltorganisation 350.org: “Die Finanzierung von Infrastruktur, um mehr fossile Energien zu verbrennen, ist die Hauptursache der Klimakrise und das Gegenteil eines Klimafonds.”
Altérra sagte hingegen gegenüber Climate Home: Die Investition sei durchaus im Einklang mit den eigenen Zielen, die Klimafinanzierung “schnell und in großem Umfang” voranzutreiben und mit Partnern zusammenzuarbeiten, “die in die Energiewende investieren und die Entwicklung hin zu Netto-Null-Emissionen beschleunigen”.
Leisten sollen das innovative Finanzinstrumente. Dazu gehört auch ein Unterfonds von Altérra, Altérra Transformation (AT). Dieser Fonds verfügt über ein Sechstel der Altérra-Mittel, also fünf Milliarden US-Dollar, und ist nicht auf Gewinnmaximierung ausgerichtet. Der AT soll vielmehr “Anreize für Investitionen im Globalen Süden setzen”.
Solche Anreize sind auch nötig, denn 85 Prozent der Investitionen in klimafreundliche Technologien entfallen auf die Industriestaaten und China. Wenn die Klimaerwärmung bei 1,5 Grad gestoppt werden soll, muss daher viel mehr Geld im “Rest der Welt” investiert werden. Doch dort sind die Kapitalkosten zu hoch: In Afrika, Südamerika und Asien (außer China) müssen die Entwickler von Solarparks ihren Geldgebern doppelt so viel Rendite bieten wie in den Industriestaaten, zeigen Zahlen der Internationalen Energieagentur (IEA). Der Grund dafür sind höhere Risiken wegen politischer Instabilität oder schwankenden Wechselkursen. Die meisten Überlegungen zur Senkung der Kapitalkosten konzentrieren sich daher auf das “De-Risking”, etwa durch die Absicherung von Wechselkursen.
AT geht hier allerdings einen anderen Weg: Investoren wollen eine – dem Risiko angemessene – Rendite erwirtschaften. AT setzt bei der Rendite an: Um neben eigenem Engagement auch weitere Geldgeber für diese Fonds zu finden, verzichtet AT auf einen Teil der Rendite, wodurch sich die Rendite der anderen Investoren verbessert. Konkret wird die Rendite für AT bei fünf Prozent “gekappt” und alles, was darüber hinausgeht, an die anderen Fondsteilhaber verteilt. Dadurch steigt deren Gewinn, weswegen sie dann auch bereit sind, höhere Risiken in Kauf zu nehmen. “Das ist neu und ein logischer Ansatz, um ‘De-Risking’ umzusetzen”, sagt Creon Butler vom britischen Thinktank Chatham House. Auch dieser innovative Ansatz wird nun von der Kritik an der indirekten Altérra-Beteiligung an einem Gasprojekt überschattet – dabei fließt das Geld an Blackrock nicht aus dem Unterfonds AT.
Dabei hatte Altérra vielversprechend angefangen. Bei der COP28 überraschte der Gastgeber, die Vereinigten Arabischen Emirate, mit zwei Ankündigungen: Die Emirate und Deutschland stellten dem UN-Fonds für Verluste und Schäden je 100 Millionen US-Dollar zur Verfügung und die Emirate hoben Altérra aus der Taufe. Geleitet wird der Fonds von COP28-Präsident Sultan Al Jaber und COP28-Generaldirektor Majid Al Suwaidi. Das Geld des Fonds stammt derweil von Lunate, einer Firma für Vermögensverwaltung.
Lunate wiederum wurde im September letzten Jahres, also drei Monate vor der COP28, von Chimera Investment aufgesetzt. Bei letzterer handle es sich um “ein großes Konglomerat aus Abu Dhabi, das vom nationalen Sicherheitsberater Sheikh Tahnoun bin Zayed Al Nahyan, dem Bruder des Präsidenten der Emirate, geleitet wird”, schreibt die Finanzmarktpublikation New Private Markets. Wo genau das Geld für Altérra herkommt, ist daher unklar.
Beim Launch von Altérra wurden gleich drei Kooperationen bekannt gegeben: mit Blackrock, Brookfield und TPG, drei großen Vermögensverwaltungsfirmen. Altérra kündigte damals an, zwei Milliarden US-Dollar in Kooperation mit Blackrock, drei Milliarden mit Brookfield und 1,5 Milliarden mit TPG zu investieren.

Am 1. August ist Schluss. Dann hat die Welt nach einer traditionellen Modellrechnung jene natürlichen Ressourcen aufgebraucht, die sich innerhalb eines Jahres erneuern. Berechnet hat diesen sogenannten Erdüberlastungstag das Global Footprint Network. Seit mehreren Jahren, ausgenommen vom Corona-Jahr 2020, fällt dieser symbolische Tag auf Anfang August; 1971 lag er noch Ende Dezember. Der Tenor: Der Ressourcenhunger einer wachsenden Weltwirtschaft kann durch Effizienzgewinne zwar ausgeglichen, nicht aber umkehrt werden. Bislang gelingt es nicht, Wirtschaftswachstum von Emissionen und Ressourcenverbrauch zu entkoppeln – und damit steigt Jahr für Jahr die Emissionslast, zugleich schrumpfen die verfügbaren Ressourcen.
Vorschläge für ein gutes Leben für alle – ohne die Erde zu überlasten – kommen vermehrt aus Wirtschaftsansätzen wie Degrowth, Donut-Ökonomie und der Postwachstumsökonomie. Sie setzen auf Suffizienz; also auf Genügsamkeit statt übermäßigen Verbrauch von Energie und Ressourcen. Wurden sie anfangs eher als aktivistische Bewegung wahrgenommen, gewinnt die Debatte mittlerweile an Bedeutung. Vor einem Jahr lud etwa das EU-Parlament zu einer Konferenz zu Postwachstum ein. 2024 folgten in fünf europäischen Ländern nationale Konferenzen – unter anderem in Österreich, wo auch Politikerinnen und Politiker mitdiskutierten.
In Deutschland forderte Mitte März der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) der deutschen Bundesregierung eine breite Debatte über Suffizienz. Damit meint der SRU vor allem eine “absolute Einsparung im Energieverbrauch” und eine “genügsamere Ressourcennutzung”. Im Positionspapier geben die Forschenden zwar keine konkreten Empfehlungen, betonen aber, dass der Energieverbrauch sinken müsse. “Ohne die Vermeidung von Verschwendung werden wir unsere Klimaziele nicht erreichen”, sagt etwa die Energieökonomin und stellvertretende Vorsitzende des SRU, Claudia Kemfert, zu Table.Briefings.
Das SRU-Papier bezieht sich auch auf die Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung, in der die planetaren Grenzen und die Orientierung an einem Leben in Würde für alle als “absolute Leitplanken für politische Entscheidungen” genannt werden. Ein Sprecher des Bundesumweltministeriums sagte dazu: “Wissenschaftliche Diskussionsbeiträge, wie der des SRU, können die Diskussion um Suffizienz versachlichen und bereichern.”
Während FDP und AfD eine gesellschaftliche Debatte über Suffizienz ablehnen, zeigt sich die CDU zumindest offen für Gespräche. Sie sei für eine Entkopplung von Ressourcenverbrauch und Wachstum und setze daher in ihrem Gesetzesprogramm auf eine Kreislaufwirtschaft und eine “Sharing Economy”, erklärt sie auf Anfrage. Die klimapolitische Sprecherin der SPD, Nina Scheer, sagte zu Table.Briefings, dass neben Energieeffizienz auch Energieeinsparungen nötig seien. Allerdings wolle man “keine fixen Wachstumsgrenzen” setzen, denn auch das Hochlaufen einer Recyclingwirtschaft oder von Erneuerbaren folge Wachstumspfaden. Offen für eine Debatte zeigten sich auch die Grünen.
Eine solche Debatte könnte in der Gesellschaft zwar auf Widerstand stoßen, vermutet der SRU in seinem Papier. Eine repräsentative Umfrage des Umweltbundesamts von 2023 zeigt allerdings, dass 77 Prozent der Deutschen der Aussage zustimmen. “Es gibt natürliche Grenzen des Wachstums, die unsere industrialisierte Welt längst erreicht hat.” Und 88 Prozent sind der Meinung, dass man Wege finden müsse, “unabhängig vom Wirtschaftswachstum gut leben zu können”.
Europaweit wird in diesem Jahr in zumindest fünf Ländern – Italien, Irland, Dänemark, Frankreich und Österreich – über ein gutes Leben unabhängig von Wirtschaftswachstum diskutiert. Die nationalen Konferenzen sind direkte Ableger der “Beyond Growth Konferenz”, die 2023 in Brüssel auf Einladung des EU-Parlaments stattfand. In Wien diskutierten etwa Mitte Mai rund 250 Gäste im österreichischen Parlament. Unter ihnen waren dutzende Forschende, Aktivisten und Politiker. Organisiert wurde die Konferenz von NGOs wie Global 2000 und Degrowth Vienna. Eingeladen ins Parlament, zur Eröffnung der dreitägigen Veranstaltung, hatte allerdings die Politik: die Grünen und die SPÖ.
Mit Ausnahme der rechtspopulistischen FPÖ stellten sich Abgeordnete aller Parlamentsparteien der Diskussion, in der man sich zumindest in zwei Punkten einig war:
Aber wo die Grenze ziehen? Astrid Rössler, Umweltsprecherin der Grünen in Österreich, brachte gegenüber Table.Briefings eine “Halbierung des Gesamtenergieverbrauchs” ins Spiel. Eine Reduktion von 40 bis 50 Prozent durch eine sozial-gerechte Politik schlug auch Lukas Oberndorfer vor. Er leitet die Abteilung Klima der Arbeiterkammer, die die Arbeitnehmerseite vertritt und der sozialdemokratischen SPÖ nahesteht.
Michaela Schmidt, Sprecherin der SPÖ für die SDGs, sieht in den planetaren Grenzen das “Maximum”. Sie fordert ein Investitionsprogramm aus privaten und öffentlichen Investitionen von jährlich bis zu 20 Milliarden Euro. Auch Vertreter der konservativen ÖVP, die mit den Grünen in einer Koalition ist, verwiesen während der Debatten auf notwendige Investitionen. Konkrete Vorschläge blieben aber aus.
Von den liberalen NEOS erklärte Umweltsprecher Michael Bernhard, dass “die individuelle und wirtschaftliche Freiheit nicht größer sein kann als die planetaren Grenzen”.
Vorausgegangen waren der politischen Debatte zwei Vorträge aus der Wissenschaft. Ökonomin Sigrid Stagl von der Wirtschaftsuniversität Wien erklärte auf der Eröffnungsveranstaltung, dass “grünes Wachstum” selbst in den wichtigsten Klimaverträgen impliziert werde: in den SDGs, im Pariser Klimaabkommen und im Green Deal. Doch die Entkopplung von BIP-Wachstum und Treibhausgasen dauere mit dem aktuellen Kurs 220 Jahre, bis die Emissionen auf null seien, wie eine aktuelle Studie zeige. Weltweit schrumpfe zudem die Kreislaufwirtschaft, anstatt dass mehr Materialien wiederverwertet werden, so Stagl. Daher brauche es stärkere Regulierungen. Sie sei sich “nicht so sicher, ob das mit Kapitalismus verträglich ist”.
Andreas Novy, ebenfalls Ökonom an der Wirtschaftsuniversität Wien, schlug “Konsum- und Produktionskorridore” vor. Das könnten etwa Unter- und Obergrenzen sein, um übermäßigen Konsum einzuschränken und Armut zu vermeiden. Und er räumte mit dem Missverständnis auf, dass Postwachstum und Degrowth ausschließlich auf ein Schrumpfen der Wirtschaft ausgerichtet seien: “In einigen Bereichen braucht es weniger, in anderen mehr”, sagte Novy – “etwa in der Daseinsvorsorge, in der Nahversorgung, bei Gesundheit und Pflege.”
Ohne zusätzliche Unterstützung der Branche dürfte Deutschland seine Ausbauziele für die Offshore-Windkraft im Jahr 2030 verfehlen. Zu diesem Ergebnis kommt der Thinktank Agora Energiewende in einer Studie, die an diesem Dienstag veröffentlicht wird und die Table.Briefings vorab vorlag. “Damit Deutschland wieder auf Zielkurs kommt, müssen jetzt schnellstens Produktionskapazitäten hochgefahren werden, um die notwendigen Turbinen, Fundamente, Kabel, Umspannwerke usw. zu produzieren”, sagte Mira Wenzel, Projektleiterin bei Agora und Co-Autorin der Studie, zu Table.Briefings.
Die Ziele für die Windkraft auf See sind tatsächlich ambitioniert: Von derzeit neun Gigawatt soll sich die installierte Leistung bis 2030 auf 30 Gigawatt mehr als verdreifachen. Doch dabei gibt es laut Agora in mehreren Bereichen Probleme:
Der Thinktank stellt in seiner Studie diverse Maßnahmen vor, die dabei helfen könnten, die ambitionierten Ziele doch noch zu erreichen. Dazu gehört unter anderem Folgendes:
Laut US-Finanzministerin Janet Yellen müssen die Staaten weltweit jährlich drei Billionen US-Dollar in die Energiewende und die Dekarbonisierung ihrer Volkswirtschaften investieren. Das wäre weitaus mehr, als bisher investiert würde. “Die Vernachlässigung des Klimawandels und des Verlusts an Biodiversität ist nicht nur schlechte Umweltpolitik. Es ist schlechte Wirtschaftspolitik”, sagte Yellen zum Abschluss des G20-Finanzministertreffens.
Bei der Suche nach neuen Finanzquellen für die Klimafinanzierung konnten sich die G20-Finanzminister nicht auf einen Beschluss für eine globale Milliardärssteuer einigen, lehnten den Vorschlag der brasilianischen Präsidentschaft aber auch nicht final ab:
Die brasilianische G20 “hat erfolgreich eine Reihe wichtiger neuer Akzente gesetzt. Die Regierungschefs müssen daraus nun aber auch verbindliche Beschlüsse für eine Mindeststeuer für Superreiche, für die stärkere Nutzung der IWF-Sonderziehungsrechte und den Umbau der multilateralen Entwicklungsbanken machen”, so die Einschätzung von Christoph Bals, politischer Geschäftsführer der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch. nib
Am Montag hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) das Vorverfahren für die zweite Runde der sogenannten Klimaschutzverträge gestartet. Unternehmen, die an dieser Runde teilnehmen möchten, müssen bis zum 30. September die erforderlichen Informationen einreichen. Die dazugehörige Gebotsrunde soll dann Ende des Jahres durchgeführt werden. In der zweiten Runde soll entsprechend der Eckpunkte der Carbon Manangement Strategie ein Fokus auf CCUS-Technologien liegen.
Die Klimaschutzverträge sollen Unternehmen beim Umstieg zur CO₂-Neutralität helfen. Das Förderprogramm richtet sich an energieintensive Branchen und soll Mehrkosten von klimafreundlichen Produktionsverfahren gegenüber konventionellen Prozessen ausgleichen. Den Zuschlag bekommen Firmen, die gegenüber einem Referenzwert pro eingesparter Tonne CO₂ am wenigsten Bedarf für Förderung einreichen. Deutschland ist laut BMWK das erste Land, das solche Klimaschutzverträge auf den Weg gebracht hat. Andere EU Staaten arbeiten an ähnlichen Prozessen.
Bisher wurde die Initiative viel gelobt, offene Fragen gab es vor allem, weil das Verfahren sehr anspruchsvoll und komplex ist. Die erste Gebotsrunde der Klimaschutzverträge endete am 11. Juli. Die damaligen Einreichungen werden aktuell ausgewertet; im Herbst sollen auf dieser Basis erste Klimaschutzverträge abgeschlossen werden. kul
China hat erstmals erfolgreich eine größere Anlage zum Auffangen von CO₂ aus der Atmosphäre (Direct Air Capture – DAC) getestet. Laut Angaben der staatlichen Presseagentur Xinhua hat das DAC-System einen Dauerbetriebstest bestanden. Eine Einheit der DAC-Anlage, die in einem Schiffscontainer untergebracht ist, kann demnach jährlich bis zu 600 Tonnen CO₂ aus der Luft filtern. Die DAC-Anlage, genannt CarbonBox, wurde gemeinsam von der Shanghai Jiaotong University und dem staatlichen Energiekonglomerat China Energy Engineering Corporation entwickelt.
Laut dem Global CCS Institute liegt China bei der Entwicklung von DAC-Technologien leicht hinter der ausländischen Konkurrenz zurück. Westliche Firmen wie Climeworks betreiben schon größere DAC-Pilotanlagen in der Schweiz und Island. Die DAC-Technologie befindet sich jedoch noch im Anfangsstadium. Derzeit kostet das Auffangen und Speichern einer Tonne CO₂ laut Climeworks und dem Wettbewerber Heirloom noch immer einen hohen dreistelligen Dollarbetrag. nib
Eine neue Studie unter Beteiligung des Thünen-Instituts für Waldökosysteme kommt zu dem Ergebnis, dass europäische Wälder in Zukunft um Bäume aus anderen Regionen ergänzt werden sollten. Der Klimawandel bedrohe aktuell die Rolle der europäischen Wälder als langfristige Kohlenstoffsenke.
Wald und Bäume werden durch die Folgen des Klimawandels beeinträchtigt. Hitzewellen, lange Trockenperioden und Stürme schwächen sie. Während der Wald unter den extremen Wetterkapriolen der vergangenen Jahre litt, profitierten viele Schädlinge wie Insekten und Pilze von den steigenden Temperaturen. Am meisten leiden laut der aktuellen Waldzustandserhebung des Landwirtschaftsministeriums Fichten, sie verzeichnen die höchste Absterberate. Klar ist für Fachleute auch: Reinbestände haben keine Zukunft. Fichtenwälder werden darum schon seit mehr als 30 Jahren in Mischwälder umgebaut.
In dem aktuellen Bericht ist von einer “unterstützten Migration” von Bäumen die Rede, bei der Baumarten auch aus entfernten Regionen ausgewählt werden, weil sie am besten an das künftige Klima angepasst sind. Wenn man Wälder nur mit lokalen Baumarten aufforste, bestehe die Gefahr, dass immer mehr Wälder sterben. Ihre Fähigkeit, als Kohlenstoffsenken CO₂ zu binden, könnte zwischen 2061 und 2080 um 34 bis 41 Prozent abnehmen. Wenn besser angepasste Baumarten genutzt werden, könnte die Kapazität der Wälder als Kohlenstoffsenke allerdings erhalten bleiben oder sogar vergrößert werden. dpa/kul
Um den Stromsektor bis 2040 vollständig zu dekarbonisieren, reichen bereits 2,2 Prozent der Landfläche in der EU aus. Naturschutzgebiete und hochwertige landwirtschaftliche Flächen blieben davon unberührt. Dies ergab eine am Mittwoch vorgestellte Analyse des Europäischen Umweltbüros (EEB).
“Erneuerbare Energien können ausgebaut werden, ohne die Nahrungsmittelversorgung oder natürliche Lebensräume zu beeinträchtigen”, kommentiert Cosimo Tansini, Senior Policy Officer für erneuerbare Energien beim EEB, das Ergebnis der Studie. Wenn bei der Umsetzung partizipative Prozesse gewählt und die Umweltauswirkungen effektiv minimiert würden, könne der Ausbau sogar zusätzlichen Nutzen für die betroffenen Gemeinden und die ländliche Wirtschaft bringen und der Regeneration des Landes dienen, so Tansini.
Laut der Studie gelten insgesamt 5,2 Prozent der Fläche der EU als geeignet, um Solar- oder Windenergie zu erzeugen, ohne die Umwelt oder die Landwirtschaft zu beeinträchtigen. Mehr als 80 Prozent davon liegen in ländlichen Gebieten. Aber auch Stadt- und Industriegebiete könnten einen Beitrag leisten, heißt es.
Während in der EU insgesamt ausreichend geeignete Flächen zur Verfügung stehen, um eine vollständige Dekarbonisierung durch den Einsatz erneuerbarer Energien zu erreichen, ist dies in einzelnen Ländern nicht der Fall. Dazu gehört auch Deutschland. Laut EEB-Studie liegt der Bedarf bei 4,4 Prozent der Landesfläche. Als geeignet gelten aber nur 1,7 Prozent. Grund ist der Mangel an Flächen für die Windenergie.
Im Gegensatz dazu verfügen Länder wie Spanien und Rumänien über deutlich mehr Flächen, als sie benötigen. Um diese regionalen Unterschiede auszugleichen, empfiehlt das EEB, ein europäisches Verbundnetz aufzubauen. ch
Im Rahmen des Solarpakets I hat die Bundesregierung Maßnahmen beschlossen, um den Ausbau von Agri-PV-Anlagen zu beschleunigen und den Verbrauch landwirtschaftlicher Flächen durch PV-Freiflächenanlagen zu begrenzen. Das dürfte zwar einen Boost für Kombi-Lösungen von Solarpaneelen und landwirtschaftlicher Nutzung bringen, sagt der Agri-PV-Experte Jonas Böhm vom Thünen-Institut – wenn auch noch auf niedrigem Niveau. Trotz höherer Förderung werde sich jedoch nicht jedes Agri-PV-Konzept rechnen.
“Mit dem neuen Förderhöchstsatz von 9,5 Cent pro Kilowattstunde für 2024 kann es für manche landwirtschaftlichen Betriebe interessant sein, in kleinere Anlagen von bis zu 2,5 Hektar zu investieren”, sagt Jonas Böhm. Anlagen dieser Größenordnung können auch ohne langwierige Zulassungsverfahren und damit deutlich schneller realisiert werden. Allerdings seien diese PV-Anlagen auch mit der höheren Förderung nur in manchen Regionen wirtschaftlich. So zum Beispiel im Süden Deutschlands, der höhere Sonneneinstrahlung zu bieten habe. “2,5-Hektar-PV-Anlagen in nördlichen Regionen bewegen sich dagegen tendenziell an der Grenze zur Wirtschaftlichkeit”, erläutert der Wissenschaftler.
Bei größeren Anlagen über 2,5 Hektar, die einer baurechtlichen Genehmigung bedürfen, hänge die Wirtschaftlichkeit stark vom jeweiligen Anlagenkonzept ab: “Der aktuelle Höchstwert der Einspeisevergütung von 9,5 Cent pro Kilowattstunde reicht aus, um die meisten Agri-PV Konzepte dieser Größenordnung deutschlandweit wirtschaftlich zu realisieren.” Dazu gehören die in Deutschland relevantesten bodennahen Anlagen. Anders sehe es bei hoch aufgeständerten Anlagen oder Anlagen über Äpfelbäumen aus, so Böhm. Zudem seien die 9,5 ct/kWh nur ein Höchstwert, der in den Förderausschreibungen in der Praxis eher nicht realisiert werden dürfte.
Der Experte hat auch errechnet, welche Mehrkosten die Allgemeinheit für den Erhalt landwirtschaftlicher Flächen durch die Förderung von Agri-PV-Anlagen im Vergleich zu den bisher üblichen PV-Freiflächenanlagen zu tragen hat. “Die Freiflächenanlagen werden realisiert, weil sie kostenoptimiert sind. Die Realisierung einer Agri-PV-Anlage geht dagegen mit Mehrkosten einher, die entweder vom Stromkunden oder über das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) vom Steuerzahler gezahlt werden müssen”, erläutert Böhm.
Nach Böhms Berechnungen kostet der Erhalt eines Hektars landwirtschaftlicher Fläche in der günstigsten Konstellation pro Jahr 1.000 Euro, im Regelfall aber eher 6.000 Euro. “Das ist deutlich teurer als die Wertschöpfung, die man mit der eigentlichen Landwirtschaft auf dieser Fläche erwirtschaften könnte“, resümiert er. mo

“Ich bin ein Realist mit einem leichten Hang zum Optimismus”, sagt Nils Aldag. Im Laufe der Jahre habe er bei Sunfire allerdings die Rolle eines Optimisten übernommen, erzählt der Mitgründer und CEO des Dresdner Elektrolyse-Spezialisten. Diesen Satz glaubt man dem Unternehmer (geboren 1986) sofort. Vor allem, weil es 2010, bei der Unternehmensgründung von Sunfire, noch so aussah, als seien Aldag und seine Mitgründer mit dem Thema grüner Wasserstoff ihrer Zeit voraus. Doch inzwischen hat sich das Blatt gewendet: ”Wir bewegen uns in einer Branche, in der alle Pfeile nach oben zeigen”, sagt der Sunfire-CEO. In den vergangenen Jahren sei eine erhebliche Beschleunigung in das Thema erneuerbare Energien gekommen.
Dann erzählt der gebürtige Hamburger seine persönliche Geschichte. Er redet darüber, warum es ein Privileg ist, aus einer Unternehmerfamilie zu kommen. Warum er nach seinem BWL- und Wirtschaftsrechts-Studium erst mal neue Perspektiven suchte und sich deshalb für eine Abschlussarbeit über das Thema erneuerbare Energietechnologien entschied. Und warum er als “Junior” zu Sunfire kam – da war Aldag gerade einmal 24 Jahre alt. Er spricht druckreif, durchdacht, mit einem klaren Blick auf die Welt. Und er ist extrem bescheiden: “Mir geht es vor allem darum, ein nachhaltiges Unternehmen zu schaffen. Ich bin nicht eitel, deswegen ist es mir auch egal, ob dieses Unternehmen in zehn Jahren immer noch Sunfire heißt und ob ich dann immer noch als CEO dabei bin.”
Stattdessen hat Aldag eher das große Ganze im Blick. Er will aus Sunfire die “nächste große Erfolgsstory” machen. Damit könnte er richtig liegen, denn schon heute wird das Unternehmen als der “Hidden Champion” der Energiewende gehandelt. Schließlich hat der Dresdner Elektrolyse-Spezialist bereits eine rasante Entwicklung hingelegt – von einem Start-up hin zu einem mittelständischen Industrieunternehmen. Anfang des Jahres sammelte das Unternehmen rund eine halbe Milliarde Euro an Investitionen ein.
Was ist das Kerngeschäft von Sunfire? “Das ist ziemlich komplex, was wir hier machen. Jede Maschine, die wir bauen, gleicht einer kleinen Chemiefabrik”, sagt Aldag. Das Geschäftsmodell könne man aber trotzdem kurz und verständlich auf den Punkt bringen: “Wir bauen Maschinen – die sogenannten Elektrolyseure -, die Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff spalten. Um diese Spaltung durchführen zu können, brauchen wir erneuerbaren Strom aus Sonne und Wind.” Grüner Wasserstoff gilt als eine der Schlüsseltechnologien für die Energiewende.
Der Wasserstoff, der mithilfe der Elektrolyseure hergestellt wird, könne entweder in Reinform oder kombiniert mit anderen Molekülen genutzt werden, um all das zu ersetzen, was heute aus Erdöl, Erdgas und Kohle hergestellt wird – beispielsweise Kerosin oder Wärme für Industrieprozesse. Zu den Kunden von Sunfire gehören neben Energieversorgern wie RWE auch Mineralölkonzerne wie Total und Stahlkonzerne wie die Salzgitter AG. Ultimatives Ziel ist es, erneuerbare Energien überall dahin zu bringen, wo sie in elektrischer Form nicht hingelangen können, und so Erdgas, Erdöl und Kohle überflüssig zu machen.
Was am Ende des Gesprächs bleibt, ist dieser Eindruck: Aldag ist nicht nur ein Pionier, sondern auch ein Prototyp für eine neue “grüne” Unternehmergeneration. Und er ist überaus erfolgreich. Der Gründer und Unternehmer bewegt sich mit seinem Unternehmen in einem kommenden Milliardenmarkt. Allein in der EU sollen sich die Elektrolysekapazitäten bis 2030 von derzeit 1.000 Megawatt auf 40.000 Megawatt erhöhen. Aldag: “Wir wollen ein Champion in dieser wahnsinnig spannenden Zukunftsbranche werden.” Gabriele Voßkühler
am 1. August ist Earth Overshoot Day – also der Tag, an dem die natürlichen Ressourcen aufgebraucht sind, die sich innerhalb eines Jahres erneuern. Ist es also an der Zeit, sich vom Wachstumsgedanken zu verabschieden? Lukas Bayer analysiert heute die wachsende Relevanz von Postwachstums-Debatten und schaut auf Ansätze, die sich für weniger Ressourcen- und Energieverbrauch einsetzen und für Suffizienz eintreten.
Weg vom Wachstum wollen die Vereinigten Arabischen Emirate mit ihrem auf der letzten Klimakonferenz angekündigten Altérra-Fonds sicher nicht. Im Gegenteil: Mit dem laut eigenen Angaben “weltweit größten privaten Investitionsvehikel für das Klima” soll möglichst viel Geld umgesetzt werden, um Energiewende, industrielle Dekarbonisierung, nachhaltiges Leben und Klimatechnologien voranzubringen. Der Fonds soll Investitionen in Klimalösungen im Globalen Süden ankurbeln. Christian Mihatsch erklärt, welchen innovativen Ansatz die Emirate dafür ausgewählt haben und warum es Kritik wegen Investitionen in neue Gasprojekte gibt.
Zur Bewältigung der Klimakrise ist nicht nur mehr Geld gefragt, sondern auch neue politische Ansätze. In den News berichten wir unter anderem, was die Bundesregierung gegen den stockenden Ausbau der Offshore-Windkraft unternehmen könnte, wie sie neue Klimaschutzverträge ausschreibt und zu welchen Beschlüssen die G20-Finanzminister gekommen sind.
Wir behalten auch bei steigenden Temperaturen einen kühlen Kopf.

Ein gutes halbes Jahr nach seiner Ankündigung hat das “weltweit größte private Investitionsvehikel für das Klima” (Eigenwerbung), der Altérra-Fonds der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), seine ersten großen Projekte angekündigt – und gleichzeitig Kritik an seiner Arbeit als Klimafonds provoziert. Anfang Juli kündigte der Leiter des Fonds und COP28 Generalsekretär Majid Al Suwaidi an, dass die nächste Runde an Investitionen kurz bevorstehe. Recherchen der britischen Klimapublikation Climate Home zeigen allerdings, dass der Fonds indirekt an der Finanzierung von neuen Gasprojekten beteiligt ist.
Auf der COP28 in Dubai sparten die VAE nicht mit Eigenlob bei der Lancierung des Altérra-Fonds. Dieser werde dazu beitragen, ein “faireres System der Klimafinanzierung zu schaffen”. Der Fonds soll mit 30 Milliarden US-Dollar ausgestattet werden und damit insgesamt 250 Milliarden US-Dollar bis zum Jahr 2030 mobilisieren. Altérra ist ein “Fund of Funds” und investiert in andere Fonds, an denen weitere Investoren beteiligt sind.
Einer dieser Fonds ist der Blackrock Infrastructure Fund IV, an dem Altérra mit 650 Millionen US-Dollar beteiligt ist. Altérra hat nach eigenen Angaben vier Schwerpunkte für Investitionen: Energiewende, industrielle Dekarbonisierung, nachhaltiges Leben und Klimatechnologien. Doch der Blackrock-Fonds hat sich im März mit gut 500 Millionen US-Dollar an einer Gaspipeline beteiligt. Zusammen mit der US-Bank Morgan Stanley kaufte der Fonds das “Portland Natural Gas Transmission System”, ein 475 Kilometer langes Röhrensystem im Nordwesten der USA. Der Blackrock-Fonds zielt nach eigenen Angaben nicht nur auf Solar- und Windkraftwerke, sondern auch auf Gaskraftwerke, Terminals für Flüssiggas und Flughäfen – also in Infrastruktur, egal ob grün oder nicht.
Altérra dagegen behauptet, sich “ausschließlich auf Klimalösungen zu konzentrieren”. Und da passe eine Gaspipeline schlecht ins Profil, sagt Andreas Sieber von der US-Umweltorganisation 350.org: “Die Finanzierung von Infrastruktur, um mehr fossile Energien zu verbrennen, ist die Hauptursache der Klimakrise und das Gegenteil eines Klimafonds.”
Altérra sagte hingegen gegenüber Climate Home: Die Investition sei durchaus im Einklang mit den eigenen Zielen, die Klimafinanzierung “schnell und in großem Umfang” voranzutreiben und mit Partnern zusammenzuarbeiten, “die in die Energiewende investieren und die Entwicklung hin zu Netto-Null-Emissionen beschleunigen”.
Leisten sollen das innovative Finanzinstrumente. Dazu gehört auch ein Unterfonds von Altérra, Altérra Transformation (AT). Dieser Fonds verfügt über ein Sechstel der Altérra-Mittel, also fünf Milliarden US-Dollar, und ist nicht auf Gewinnmaximierung ausgerichtet. Der AT soll vielmehr “Anreize für Investitionen im Globalen Süden setzen”.
Solche Anreize sind auch nötig, denn 85 Prozent der Investitionen in klimafreundliche Technologien entfallen auf die Industriestaaten und China. Wenn die Klimaerwärmung bei 1,5 Grad gestoppt werden soll, muss daher viel mehr Geld im “Rest der Welt” investiert werden. Doch dort sind die Kapitalkosten zu hoch: In Afrika, Südamerika und Asien (außer China) müssen die Entwickler von Solarparks ihren Geldgebern doppelt so viel Rendite bieten wie in den Industriestaaten, zeigen Zahlen der Internationalen Energieagentur (IEA). Der Grund dafür sind höhere Risiken wegen politischer Instabilität oder schwankenden Wechselkursen. Die meisten Überlegungen zur Senkung der Kapitalkosten konzentrieren sich daher auf das “De-Risking”, etwa durch die Absicherung von Wechselkursen.
AT geht hier allerdings einen anderen Weg: Investoren wollen eine – dem Risiko angemessene – Rendite erwirtschaften. AT setzt bei der Rendite an: Um neben eigenem Engagement auch weitere Geldgeber für diese Fonds zu finden, verzichtet AT auf einen Teil der Rendite, wodurch sich die Rendite der anderen Investoren verbessert. Konkret wird die Rendite für AT bei fünf Prozent “gekappt” und alles, was darüber hinausgeht, an die anderen Fondsteilhaber verteilt. Dadurch steigt deren Gewinn, weswegen sie dann auch bereit sind, höhere Risiken in Kauf zu nehmen. “Das ist neu und ein logischer Ansatz, um ‘De-Risking’ umzusetzen”, sagt Creon Butler vom britischen Thinktank Chatham House. Auch dieser innovative Ansatz wird nun von der Kritik an der indirekten Altérra-Beteiligung an einem Gasprojekt überschattet – dabei fließt das Geld an Blackrock nicht aus dem Unterfonds AT.
Dabei hatte Altérra vielversprechend angefangen. Bei der COP28 überraschte der Gastgeber, die Vereinigten Arabischen Emirate, mit zwei Ankündigungen: Die Emirate und Deutschland stellten dem UN-Fonds für Verluste und Schäden je 100 Millionen US-Dollar zur Verfügung und die Emirate hoben Altérra aus der Taufe. Geleitet wird der Fonds von COP28-Präsident Sultan Al Jaber und COP28-Generaldirektor Majid Al Suwaidi. Das Geld des Fonds stammt derweil von Lunate, einer Firma für Vermögensverwaltung.
Lunate wiederum wurde im September letzten Jahres, also drei Monate vor der COP28, von Chimera Investment aufgesetzt. Bei letzterer handle es sich um “ein großes Konglomerat aus Abu Dhabi, das vom nationalen Sicherheitsberater Sheikh Tahnoun bin Zayed Al Nahyan, dem Bruder des Präsidenten der Emirate, geleitet wird”, schreibt die Finanzmarktpublikation New Private Markets. Wo genau das Geld für Altérra herkommt, ist daher unklar.
Beim Launch von Altérra wurden gleich drei Kooperationen bekannt gegeben: mit Blackrock, Brookfield und TPG, drei großen Vermögensverwaltungsfirmen. Altérra kündigte damals an, zwei Milliarden US-Dollar in Kooperation mit Blackrock, drei Milliarden mit Brookfield und 1,5 Milliarden mit TPG zu investieren.

Am 1. August ist Schluss. Dann hat die Welt nach einer traditionellen Modellrechnung jene natürlichen Ressourcen aufgebraucht, die sich innerhalb eines Jahres erneuern. Berechnet hat diesen sogenannten Erdüberlastungstag das Global Footprint Network. Seit mehreren Jahren, ausgenommen vom Corona-Jahr 2020, fällt dieser symbolische Tag auf Anfang August; 1971 lag er noch Ende Dezember. Der Tenor: Der Ressourcenhunger einer wachsenden Weltwirtschaft kann durch Effizienzgewinne zwar ausgeglichen, nicht aber umkehrt werden. Bislang gelingt es nicht, Wirtschaftswachstum von Emissionen und Ressourcenverbrauch zu entkoppeln – und damit steigt Jahr für Jahr die Emissionslast, zugleich schrumpfen die verfügbaren Ressourcen.
Vorschläge für ein gutes Leben für alle – ohne die Erde zu überlasten – kommen vermehrt aus Wirtschaftsansätzen wie Degrowth, Donut-Ökonomie und der Postwachstumsökonomie. Sie setzen auf Suffizienz; also auf Genügsamkeit statt übermäßigen Verbrauch von Energie und Ressourcen. Wurden sie anfangs eher als aktivistische Bewegung wahrgenommen, gewinnt die Debatte mittlerweile an Bedeutung. Vor einem Jahr lud etwa das EU-Parlament zu einer Konferenz zu Postwachstum ein. 2024 folgten in fünf europäischen Ländern nationale Konferenzen – unter anderem in Österreich, wo auch Politikerinnen und Politiker mitdiskutierten.
In Deutschland forderte Mitte März der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) der deutschen Bundesregierung eine breite Debatte über Suffizienz. Damit meint der SRU vor allem eine “absolute Einsparung im Energieverbrauch” und eine “genügsamere Ressourcennutzung”. Im Positionspapier geben die Forschenden zwar keine konkreten Empfehlungen, betonen aber, dass der Energieverbrauch sinken müsse. “Ohne die Vermeidung von Verschwendung werden wir unsere Klimaziele nicht erreichen”, sagt etwa die Energieökonomin und stellvertretende Vorsitzende des SRU, Claudia Kemfert, zu Table.Briefings.
Das SRU-Papier bezieht sich auch auf die Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung, in der die planetaren Grenzen und die Orientierung an einem Leben in Würde für alle als “absolute Leitplanken für politische Entscheidungen” genannt werden. Ein Sprecher des Bundesumweltministeriums sagte dazu: “Wissenschaftliche Diskussionsbeiträge, wie der des SRU, können die Diskussion um Suffizienz versachlichen und bereichern.”
Während FDP und AfD eine gesellschaftliche Debatte über Suffizienz ablehnen, zeigt sich die CDU zumindest offen für Gespräche. Sie sei für eine Entkopplung von Ressourcenverbrauch und Wachstum und setze daher in ihrem Gesetzesprogramm auf eine Kreislaufwirtschaft und eine “Sharing Economy”, erklärt sie auf Anfrage. Die klimapolitische Sprecherin der SPD, Nina Scheer, sagte zu Table.Briefings, dass neben Energieeffizienz auch Energieeinsparungen nötig seien. Allerdings wolle man “keine fixen Wachstumsgrenzen” setzen, denn auch das Hochlaufen einer Recyclingwirtschaft oder von Erneuerbaren folge Wachstumspfaden. Offen für eine Debatte zeigten sich auch die Grünen.
Eine solche Debatte könnte in der Gesellschaft zwar auf Widerstand stoßen, vermutet der SRU in seinem Papier. Eine repräsentative Umfrage des Umweltbundesamts von 2023 zeigt allerdings, dass 77 Prozent der Deutschen der Aussage zustimmen. “Es gibt natürliche Grenzen des Wachstums, die unsere industrialisierte Welt längst erreicht hat.” Und 88 Prozent sind der Meinung, dass man Wege finden müsse, “unabhängig vom Wirtschaftswachstum gut leben zu können”.
Europaweit wird in diesem Jahr in zumindest fünf Ländern – Italien, Irland, Dänemark, Frankreich und Österreich – über ein gutes Leben unabhängig von Wirtschaftswachstum diskutiert. Die nationalen Konferenzen sind direkte Ableger der “Beyond Growth Konferenz”, die 2023 in Brüssel auf Einladung des EU-Parlaments stattfand. In Wien diskutierten etwa Mitte Mai rund 250 Gäste im österreichischen Parlament. Unter ihnen waren dutzende Forschende, Aktivisten und Politiker. Organisiert wurde die Konferenz von NGOs wie Global 2000 und Degrowth Vienna. Eingeladen ins Parlament, zur Eröffnung der dreitägigen Veranstaltung, hatte allerdings die Politik: die Grünen und die SPÖ.
Mit Ausnahme der rechtspopulistischen FPÖ stellten sich Abgeordnete aller Parlamentsparteien der Diskussion, in der man sich zumindest in zwei Punkten einig war:
Aber wo die Grenze ziehen? Astrid Rössler, Umweltsprecherin der Grünen in Österreich, brachte gegenüber Table.Briefings eine “Halbierung des Gesamtenergieverbrauchs” ins Spiel. Eine Reduktion von 40 bis 50 Prozent durch eine sozial-gerechte Politik schlug auch Lukas Oberndorfer vor. Er leitet die Abteilung Klima der Arbeiterkammer, die die Arbeitnehmerseite vertritt und der sozialdemokratischen SPÖ nahesteht.
Michaela Schmidt, Sprecherin der SPÖ für die SDGs, sieht in den planetaren Grenzen das “Maximum”. Sie fordert ein Investitionsprogramm aus privaten und öffentlichen Investitionen von jährlich bis zu 20 Milliarden Euro. Auch Vertreter der konservativen ÖVP, die mit den Grünen in einer Koalition ist, verwiesen während der Debatten auf notwendige Investitionen. Konkrete Vorschläge blieben aber aus.
Von den liberalen NEOS erklärte Umweltsprecher Michael Bernhard, dass “die individuelle und wirtschaftliche Freiheit nicht größer sein kann als die planetaren Grenzen”.
Vorausgegangen waren der politischen Debatte zwei Vorträge aus der Wissenschaft. Ökonomin Sigrid Stagl von der Wirtschaftsuniversität Wien erklärte auf der Eröffnungsveranstaltung, dass “grünes Wachstum” selbst in den wichtigsten Klimaverträgen impliziert werde: in den SDGs, im Pariser Klimaabkommen und im Green Deal. Doch die Entkopplung von BIP-Wachstum und Treibhausgasen dauere mit dem aktuellen Kurs 220 Jahre, bis die Emissionen auf null seien, wie eine aktuelle Studie zeige. Weltweit schrumpfe zudem die Kreislaufwirtschaft, anstatt dass mehr Materialien wiederverwertet werden, so Stagl. Daher brauche es stärkere Regulierungen. Sie sei sich “nicht so sicher, ob das mit Kapitalismus verträglich ist”.
Andreas Novy, ebenfalls Ökonom an der Wirtschaftsuniversität Wien, schlug “Konsum- und Produktionskorridore” vor. Das könnten etwa Unter- und Obergrenzen sein, um übermäßigen Konsum einzuschränken und Armut zu vermeiden. Und er räumte mit dem Missverständnis auf, dass Postwachstum und Degrowth ausschließlich auf ein Schrumpfen der Wirtschaft ausgerichtet seien: “In einigen Bereichen braucht es weniger, in anderen mehr”, sagte Novy – “etwa in der Daseinsvorsorge, in der Nahversorgung, bei Gesundheit und Pflege.”
Ohne zusätzliche Unterstützung der Branche dürfte Deutschland seine Ausbauziele für die Offshore-Windkraft im Jahr 2030 verfehlen. Zu diesem Ergebnis kommt der Thinktank Agora Energiewende in einer Studie, die an diesem Dienstag veröffentlicht wird und die Table.Briefings vorab vorlag. “Damit Deutschland wieder auf Zielkurs kommt, müssen jetzt schnellstens Produktionskapazitäten hochgefahren werden, um die notwendigen Turbinen, Fundamente, Kabel, Umspannwerke usw. zu produzieren”, sagte Mira Wenzel, Projektleiterin bei Agora und Co-Autorin der Studie, zu Table.Briefings.
Die Ziele für die Windkraft auf See sind tatsächlich ambitioniert: Von derzeit neun Gigawatt soll sich die installierte Leistung bis 2030 auf 30 Gigawatt mehr als verdreifachen. Doch dabei gibt es laut Agora in mehreren Bereichen Probleme:
Der Thinktank stellt in seiner Studie diverse Maßnahmen vor, die dabei helfen könnten, die ambitionierten Ziele doch noch zu erreichen. Dazu gehört unter anderem Folgendes:
Laut US-Finanzministerin Janet Yellen müssen die Staaten weltweit jährlich drei Billionen US-Dollar in die Energiewende und die Dekarbonisierung ihrer Volkswirtschaften investieren. Das wäre weitaus mehr, als bisher investiert würde. “Die Vernachlässigung des Klimawandels und des Verlusts an Biodiversität ist nicht nur schlechte Umweltpolitik. Es ist schlechte Wirtschaftspolitik”, sagte Yellen zum Abschluss des G20-Finanzministertreffens.
Bei der Suche nach neuen Finanzquellen für die Klimafinanzierung konnten sich die G20-Finanzminister nicht auf einen Beschluss für eine globale Milliardärssteuer einigen, lehnten den Vorschlag der brasilianischen Präsidentschaft aber auch nicht final ab:
Die brasilianische G20 “hat erfolgreich eine Reihe wichtiger neuer Akzente gesetzt. Die Regierungschefs müssen daraus nun aber auch verbindliche Beschlüsse für eine Mindeststeuer für Superreiche, für die stärkere Nutzung der IWF-Sonderziehungsrechte und den Umbau der multilateralen Entwicklungsbanken machen”, so die Einschätzung von Christoph Bals, politischer Geschäftsführer der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch. nib
Am Montag hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) das Vorverfahren für die zweite Runde der sogenannten Klimaschutzverträge gestartet. Unternehmen, die an dieser Runde teilnehmen möchten, müssen bis zum 30. September die erforderlichen Informationen einreichen. Die dazugehörige Gebotsrunde soll dann Ende des Jahres durchgeführt werden. In der zweiten Runde soll entsprechend der Eckpunkte der Carbon Manangement Strategie ein Fokus auf CCUS-Technologien liegen.
Die Klimaschutzverträge sollen Unternehmen beim Umstieg zur CO₂-Neutralität helfen. Das Förderprogramm richtet sich an energieintensive Branchen und soll Mehrkosten von klimafreundlichen Produktionsverfahren gegenüber konventionellen Prozessen ausgleichen. Den Zuschlag bekommen Firmen, die gegenüber einem Referenzwert pro eingesparter Tonne CO₂ am wenigsten Bedarf für Förderung einreichen. Deutschland ist laut BMWK das erste Land, das solche Klimaschutzverträge auf den Weg gebracht hat. Andere EU Staaten arbeiten an ähnlichen Prozessen.
Bisher wurde die Initiative viel gelobt, offene Fragen gab es vor allem, weil das Verfahren sehr anspruchsvoll und komplex ist. Die erste Gebotsrunde der Klimaschutzverträge endete am 11. Juli. Die damaligen Einreichungen werden aktuell ausgewertet; im Herbst sollen auf dieser Basis erste Klimaschutzverträge abgeschlossen werden. kul
China hat erstmals erfolgreich eine größere Anlage zum Auffangen von CO₂ aus der Atmosphäre (Direct Air Capture – DAC) getestet. Laut Angaben der staatlichen Presseagentur Xinhua hat das DAC-System einen Dauerbetriebstest bestanden. Eine Einheit der DAC-Anlage, die in einem Schiffscontainer untergebracht ist, kann demnach jährlich bis zu 600 Tonnen CO₂ aus der Luft filtern. Die DAC-Anlage, genannt CarbonBox, wurde gemeinsam von der Shanghai Jiaotong University und dem staatlichen Energiekonglomerat China Energy Engineering Corporation entwickelt.
Laut dem Global CCS Institute liegt China bei der Entwicklung von DAC-Technologien leicht hinter der ausländischen Konkurrenz zurück. Westliche Firmen wie Climeworks betreiben schon größere DAC-Pilotanlagen in der Schweiz und Island. Die DAC-Technologie befindet sich jedoch noch im Anfangsstadium. Derzeit kostet das Auffangen und Speichern einer Tonne CO₂ laut Climeworks und dem Wettbewerber Heirloom noch immer einen hohen dreistelligen Dollarbetrag. nib
Eine neue Studie unter Beteiligung des Thünen-Instituts für Waldökosysteme kommt zu dem Ergebnis, dass europäische Wälder in Zukunft um Bäume aus anderen Regionen ergänzt werden sollten. Der Klimawandel bedrohe aktuell die Rolle der europäischen Wälder als langfristige Kohlenstoffsenke.
Wald und Bäume werden durch die Folgen des Klimawandels beeinträchtigt. Hitzewellen, lange Trockenperioden und Stürme schwächen sie. Während der Wald unter den extremen Wetterkapriolen der vergangenen Jahre litt, profitierten viele Schädlinge wie Insekten und Pilze von den steigenden Temperaturen. Am meisten leiden laut der aktuellen Waldzustandserhebung des Landwirtschaftsministeriums Fichten, sie verzeichnen die höchste Absterberate. Klar ist für Fachleute auch: Reinbestände haben keine Zukunft. Fichtenwälder werden darum schon seit mehr als 30 Jahren in Mischwälder umgebaut.
In dem aktuellen Bericht ist von einer “unterstützten Migration” von Bäumen die Rede, bei der Baumarten auch aus entfernten Regionen ausgewählt werden, weil sie am besten an das künftige Klima angepasst sind. Wenn man Wälder nur mit lokalen Baumarten aufforste, bestehe die Gefahr, dass immer mehr Wälder sterben. Ihre Fähigkeit, als Kohlenstoffsenken CO₂ zu binden, könnte zwischen 2061 und 2080 um 34 bis 41 Prozent abnehmen. Wenn besser angepasste Baumarten genutzt werden, könnte die Kapazität der Wälder als Kohlenstoffsenke allerdings erhalten bleiben oder sogar vergrößert werden. dpa/kul
Um den Stromsektor bis 2040 vollständig zu dekarbonisieren, reichen bereits 2,2 Prozent der Landfläche in der EU aus. Naturschutzgebiete und hochwertige landwirtschaftliche Flächen blieben davon unberührt. Dies ergab eine am Mittwoch vorgestellte Analyse des Europäischen Umweltbüros (EEB).
“Erneuerbare Energien können ausgebaut werden, ohne die Nahrungsmittelversorgung oder natürliche Lebensräume zu beeinträchtigen”, kommentiert Cosimo Tansini, Senior Policy Officer für erneuerbare Energien beim EEB, das Ergebnis der Studie. Wenn bei der Umsetzung partizipative Prozesse gewählt und die Umweltauswirkungen effektiv minimiert würden, könne der Ausbau sogar zusätzlichen Nutzen für die betroffenen Gemeinden und die ländliche Wirtschaft bringen und der Regeneration des Landes dienen, so Tansini.
Laut der Studie gelten insgesamt 5,2 Prozent der Fläche der EU als geeignet, um Solar- oder Windenergie zu erzeugen, ohne die Umwelt oder die Landwirtschaft zu beeinträchtigen. Mehr als 80 Prozent davon liegen in ländlichen Gebieten. Aber auch Stadt- und Industriegebiete könnten einen Beitrag leisten, heißt es.
Während in der EU insgesamt ausreichend geeignete Flächen zur Verfügung stehen, um eine vollständige Dekarbonisierung durch den Einsatz erneuerbarer Energien zu erreichen, ist dies in einzelnen Ländern nicht der Fall. Dazu gehört auch Deutschland. Laut EEB-Studie liegt der Bedarf bei 4,4 Prozent der Landesfläche. Als geeignet gelten aber nur 1,7 Prozent. Grund ist der Mangel an Flächen für die Windenergie.
Im Gegensatz dazu verfügen Länder wie Spanien und Rumänien über deutlich mehr Flächen, als sie benötigen. Um diese regionalen Unterschiede auszugleichen, empfiehlt das EEB, ein europäisches Verbundnetz aufzubauen. ch
Im Rahmen des Solarpakets I hat die Bundesregierung Maßnahmen beschlossen, um den Ausbau von Agri-PV-Anlagen zu beschleunigen und den Verbrauch landwirtschaftlicher Flächen durch PV-Freiflächenanlagen zu begrenzen. Das dürfte zwar einen Boost für Kombi-Lösungen von Solarpaneelen und landwirtschaftlicher Nutzung bringen, sagt der Agri-PV-Experte Jonas Böhm vom Thünen-Institut – wenn auch noch auf niedrigem Niveau. Trotz höherer Förderung werde sich jedoch nicht jedes Agri-PV-Konzept rechnen.
“Mit dem neuen Förderhöchstsatz von 9,5 Cent pro Kilowattstunde für 2024 kann es für manche landwirtschaftlichen Betriebe interessant sein, in kleinere Anlagen von bis zu 2,5 Hektar zu investieren”, sagt Jonas Böhm. Anlagen dieser Größenordnung können auch ohne langwierige Zulassungsverfahren und damit deutlich schneller realisiert werden. Allerdings seien diese PV-Anlagen auch mit der höheren Förderung nur in manchen Regionen wirtschaftlich. So zum Beispiel im Süden Deutschlands, der höhere Sonneneinstrahlung zu bieten habe. “2,5-Hektar-PV-Anlagen in nördlichen Regionen bewegen sich dagegen tendenziell an der Grenze zur Wirtschaftlichkeit”, erläutert der Wissenschaftler.
Bei größeren Anlagen über 2,5 Hektar, die einer baurechtlichen Genehmigung bedürfen, hänge die Wirtschaftlichkeit stark vom jeweiligen Anlagenkonzept ab: “Der aktuelle Höchstwert der Einspeisevergütung von 9,5 Cent pro Kilowattstunde reicht aus, um die meisten Agri-PV Konzepte dieser Größenordnung deutschlandweit wirtschaftlich zu realisieren.” Dazu gehören die in Deutschland relevantesten bodennahen Anlagen. Anders sehe es bei hoch aufgeständerten Anlagen oder Anlagen über Äpfelbäumen aus, so Böhm. Zudem seien die 9,5 ct/kWh nur ein Höchstwert, der in den Förderausschreibungen in der Praxis eher nicht realisiert werden dürfte.
Der Experte hat auch errechnet, welche Mehrkosten die Allgemeinheit für den Erhalt landwirtschaftlicher Flächen durch die Förderung von Agri-PV-Anlagen im Vergleich zu den bisher üblichen PV-Freiflächenanlagen zu tragen hat. “Die Freiflächenanlagen werden realisiert, weil sie kostenoptimiert sind. Die Realisierung einer Agri-PV-Anlage geht dagegen mit Mehrkosten einher, die entweder vom Stromkunden oder über das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) vom Steuerzahler gezahlt werden müssen”, erläutert Böhm.
Nach Böhms Berechnungen kostet der Erhalt eines Hektars landwirtschaftlicher Fläche in der günstigsten Konstellation pro Jahr 1.000 Euro, im Regelfall aber eher 6.000 Euro. “Das ist deutlich teurer als die Wertschöpfung, die man mit der eigentlichen Landwirtschaft auf dieser Fläche erwirtschaften könnte“, resümiert er. mo

“Ich bin ein Realist mit einem leichten Hang zum Optimismus”, sagt Nils Aldag. Im Laufe der Jahre habe er bei Sunfire allerdings die Rolle eines Optimisten übernommen, erzählt der Mitgründer und CEO des Dresdner Elektrolyse-Spezialisten. Diesen Satz glaubt man dem Unternehmer (geboren 1986) sofort. Vor allem, weil es 2010, bei der Unternehmensgründung von Sunfire, noch so aussah, als seien Aldag und seine Mitgründer mit dem Thema grüner Wasserstoff ihrer Zeit voraus. Doch inzwischen hat sich das Blatt gewendet: ”Wir bewegen uns in einer Branche, in der alle Pfeile nach oben zeigen”, sagt der Sunfire-CEO. In den vergangenen Jahren sei eine erhebliche Beschleunigung in das Thema erneuerbare Energien gekommen.
Dann erzählt der gebürtige Hamburger seine persönliche Geschichte. Er redet darüber, warum es ein Privileg ist, aus einer Unternehmerfamilie zu kommen. Warum er nach seinem BWL- und Wirtschaftsrechts-Studium erst mal neue Perspektiven suchte und sich deshalb für eine Abschlussarbeit über das Thema erneuerbare Energietechnologien entschied. Und warum er als “Junior” zu Sunfire kam – da war Aldag gerade einmal 24 Jahre alt. Er spricht druckreif, durchdacht, mit einem klaren Blick auf die Welt. Und er ist extrem bescheiden: “Mir geht es vor allem darum, ein nachhaltiges Unternehmen zu schaffen. Ich bin nicht eitel, deswegen ist es mir auch egal, ob dieses Unternehmen in zehn Jahren immer noch Sunfire heißt und ob ich dann immer noch als CEO dabei bin.”
Stattdessen hat Aldag eher das große Ganze im Blick. Er will aus Sunfire die “nächste große Erfolgsstory” machen. Damit könnte er richtig liegen, denn schon heute wird das Unternehmen als der “Hidden Champion” der Energiewende gehandelt. Schließlich hat der Dresdner Elektrolyse-Spezialist bereits eine rasante Entwicklung hingelegt – von einem Start-up hin zu einem mittelständischen Industrieunternehmen. Anfang des Jahres sammelte das Unternehmen rund eine halbe Milliarde Euro an Investitionen ein.
Was ist das Kerngeschäft von Sunfire? “Das ist ziemlich komplex, was wir hier machen. Jede Maschine, die wir bauen, gleicht einer kleinen Chemiefabrik”, sagt Aldag. Das Geschäftsmodell könne man aber trotzdem kurz und verständlich auf den Punkt bringen: “Wir bauen Maschinen – die sogenannten Elektrolyseure -, die Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff spalten. Um diese Spaltung durchführen zu können, brauchen wir erneuerbaren Strom aus Sonne und Wind.” Grüner Wasserstoff gilt als eine der Schlüsseltechnologien für die Energiewende.
Der Wasserstoff, der mithilfe der Elektrolyseure hergestellt wird, könne entweder in Reinform oder kombiniert mit anderen Molekülen genutzt werden, um all das zu ersetzen, was heute aus Erdöl, Erdgas und Kohle hergestellt wird – beispielsweise Kerosin oder Wärme für Industrieprozesse. Zu den Kunden von Sunfire gehören neben Energieversorgern wie RWE auch Mineralölkonzerne wie Total und Stahlkonzerne wie die Salzgitter AG. Ultimatives Ziel ist es, erneuerbare Energien überall dahin zu bringen, wo sie in elektrischer Form nicht hingelangen können, und so Erdgas, Erdöl und Kohle überflüssig zu machen.
Was am Ende des Gesprächs bleibt, ist dieser Eindruck: Aldag ist nicht nur ein Pionier, sondern auch ein Prototyp für eine neue “grüne” Unternehmergeneration. Und er ist überaus erfolgreich. Der Gründer und Unternehmer bewegt sich mit seinem Unternehmen in einem kommenden Milliardenmarkt. Allein in der EU sollen sich die Elektrolysekapazitäten bis 2030 von derzeit 1.000 Megawatt auf 40.000 Megawatt erhöhen. Aldag: “Wir wollen ein Champion in dieser wahnsinnig spannenden Zukunftsbranche werden.” Gabriele Voßkühler