Veröffentlicht: 01.08.2024,
Letzte Aktualisierung: 16.10.2024

Herr Reinhardt, gibt es aus Perspektive der Wissenschaftsforschung empirische Belege dafür, dass geisteswissenschaftliche Anträge im Begutachtungsprozess von Drittmittelanträgen strukturell benachteiligt sind?
Die Diskussion gibt es mindestens seit dem Beginn der Exzellenzinitiative. Damals hatte sich unter anderem der Politikwissenschaftler Michael Zürn zu Wort gemeldet und über Unterschiede in den Begutachtungskulturen geschrieben. Sowohl Christiane Wiesenfeldt als auch Zürn beschreiben das Phänomen, dass die Geisteswissenschaftler sehr differenziert begutachten. Dies führe in den sehr kompetitiven Begutachtungsverfahren der Exzellenzinitiative – die verschiedene Bereiche miteinander vergleichen und konkurrieren lassen – zu Nachteilen. Die Naturwissenschaften dagegen würden „bedingungslos“, so hatte es Michael Zürn damals beschrieben, wohlwollend argumentieren und sozusagen in ein Schwarz-Weiß-Schema verfallen, weil sie genau wissen, dass nur die Bestnoten durchkommen. Meines Wissens ist das nie systematisch erhoben worden. Bisher stützt sich dieser Eindruck eher auf anekdotische Evidenz.