I – R – A: Drei Buchstaben, die Ängste auslösten. Als vor einem Jahr das Subventionsprogramm Inflation Reduction Act in den USA in Kraft trat, befürchteten viele europäische Akteure große Benachteiligungen für Forschung und Innovation in der grünen Industrie. Eine erste Bilanz fällt nun gemischt aus, berichtet unser Kollege Nico Beckert: Die US-Subventionen locken Investitionen an und schaffen Jobs, aber zu einem hohen Preis. Immerhin: Der Klimanutzen ist unbestritten.
67 Fachkreise und Verbände haben sich bisher zum Gesundheitsdatennutzungsgesetz (GDNG) geäußert. Anfang August hatte das Bundesgesundheitsministerium den Referentenentwurf für die Regelung vorgelegt, mit der Gesundheitsdaten für die Forschung erschlossen werden sollen. Trotz der großen Zahl Beteiligter kann das GDNG wohl bald in die nächsten Runden gehen. Was das Gesetz in Sachen Nutzbarkeit will, wo die Hauptkritikpunkte liegen, weiß Anne Brüning.
Großbritanniens Politikberatung ist clever, taugt aber nur bedingt als Vorbild für Deutschland, weiß unser Autor Martin Renz. Lesen Sie im sechsten Teil unserer Serie “Politikberatung, quo vadis?” über ein System, in dem die Berater der Regierung als Staatsbedienstete weisungsgebunden sind und daher in ihren Äußerungen mitunter wohl zu sehr darauf achten, was politisch erwünscht ist. Auch auf institutioneller und politkultureller Ebene seien die beiden Länder zu verschieden. Im föderalen Deutschland gebe es keine zentralisierte Macht in der Exekutive. Alle Teile der Serie “Politikberatung, quo vadis?” finden Sie gesammelt hier.
Zur 50. Ausgabe des Research.Table haben wir ein besonderes Dessert kreiert: Einen Festtagskuchen für Sie und uns – zum Durchatmen und Genießen. Welchen wir ausgewählt haben und wie ein solcher Kuchen wissenschaftlich korrekt geteilt wird, lesen Sie am Ende dieses Briefings.
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Anfang August hat das Bundesgesundheitsministerium den Referentenentwurf für das Gesundheitsdatennutzungsgesetz (GDNG) vorgelegt. Damit sollen Gesundheitsdaten für die Forschung erschlossen werden. Das Gesetz regelt die Nutzbarkeit so, dass für die Antragsberechtigung nicht mehr ausschlaggebend ist, wer beantragt, sondern wofür: Entscheidend sind Nutzungszwecke, die im Gemeinwohl liegen.
Für die Datenfreigabe aus der elektronischen Patientenakte wird ein Opt-Out-Verfahren eingeführt. Das Gesetz sieht den Aufbau einer dezentralen Gesundheitsdateninfrastruktur vor. Außerdem soll es eine zentrale Datenzugangs- und Koordinierungsstelle für die Nutzung von Gesundheitsdaten geben. Dazu wird das Forschungsdatenzentrum beim BfArM weiterentwickelt.
In einer ersten Anhörung in dieser Woche bezogen 67 Fachkreise und Verbände Position zu dem Entwurf. Das Fazit des BMG ist positiv: “Die Zustimmung zu den Zielen des GDNG war bei den Anhörungen groß”, teilt das Ministerium auf Anfrage mit. Zu einzelnen Regelungsvorschlägen habe es erwartungsgemäß eine Vielzahl an Anmerkungen und Hinweise gegeben. Insgesamt sei der Nachjustierungsbedarf aus Sicht des BMG jedoch “angemessen und im Verhältnis zu anderen Gesetzgebungsverfahren eher moderat”.
Derzeit würden die schriftlichen Stellungnahmen und die Beiträge der Verbände abschließend geprüft und relevante Änderungswünsche der Beteiligten berücksichtigt. Ein Überblick über die wichtigsten Kritikpunkte:
Der weitere Weg des GDNG steht fest: “Sobald der Referentenentwurf im Ressortkreis geeint ist, soll er wie geplant möglichst schnell im Kabinett verabschiedet und noch im Herbst 2023 parlamentarisch beraten werden, damit die Regelungen im ersten Halbjahr 2024 in Kraft treten können”, heißt es aus dem BMG.
Unklar ist indes, wie das GDNG und das ebenfalls geplante Forschungsdatengesetz miteinander korrespondieren. Insgesamt spielen sogar fünf Gesetze für die Nutzung von Gesundheitsdaten eine Rolle. Das Forschungsdatengesetz ist im BMBF in Arbeit und soll den Zugang zu Daten für die Wissenschaft verbessern und Rahmenbedingungen für die Weitergabe, Aufbewahrung und Sicherung gestalten.
Jetzt müsse bald ein guter Gesetzentwurf zu den Forschungsdaten kommen, sagt der SPD-Bundestagsabgeordnete Ruppert Stüwe. “Wir müssen klare Regelungen für alle Forschungsdaten finden.” Das sei kein Wettrennen zwischen den Ministerien, sondern es gehe um die Sache, betont der Datenexperte. “Ich finde es gut, dass wir bei den Gesundheitsdaten vorankommen. Dafür sollten die Strukturen, die wir schon heute im Bereich der Gesundheitsforschung haben, am besten auch im Gesetz Berücksichtigung finden.” Damit spielt der Politiker auf die Medizininformatik-Initiative an, die das BMBF mit einer halben Milliarde Euro fördert, um das Deutsche Forschungsportal für Gesundheit zu entwickeln.
In Großbritannien ist die wissenschaftliche Politikberatung traditionell stärker zentralisiert und formalisiert als in Deutschland. Besonders relevant ist die Rolle des Government Chief Scientific Advisers (GCSA), der das Government Office for Science (GO-Science) leitet und direkt in die Auswahl der ressortspezifischen Chief Scientific Advisers (CSAs) involviert ist. Anders als der wissenschaftliche Chefberater in den USA ist der GCSA deutlich stärker in Regierungsentscheidungen eingebunden.

Der GCSA ist normalerweise auch Vorsitzender der Scientific Advisory Group for Emergencies (Sage). Sie verkörpert einen Beratungsmechanismus, den die britische Regierung in Notfällen aktivieren kann, um zügig relevante Expertise zu sammeln und auf deren Grundlage zu entscheiden. Sage erlangte während der Corona-Pandemie große Bekanntheit und gilt spätestens seitdem als wichtiges Praxisbeispiel in Debatten um wissenschaftliche Politikberatung.
Tanja Sinozic-Martinez, Expertin für wissenschaftliche Politikberatung an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, lobt insbesondere die Übersichtlichkeit und Transparenz, die ein formalisiertes Verfahren wie Sage garantiert. “Die Kommunikations- und Dokumentationsprozesse zwischen der Regierung, GO-Science, Sage und den Sage-Untergruppen sind von vorneherein festgelegt. Die Auswahl von Expertinnen und Experten ist dadurch weniger ad hoc und somit strukturierter als in Deutschland.”
Sinozic-Martinez weist jedoch auch darauf hin, dass bereits zu Beginn der Pandemie Kritik an der Expertenauswahl bei Sage geübt wurde. Inzwischen sei erkannt worden, dass der Fokus stark auf epidemiologischen und statistischen Modellierungsansätzen lag. Ökonomische oder soziale Faktoren, wie etwa die erhöhte Sterblichkeitsrate ärmerer Menschen, seien dagegen weitestgehend unberücksichtigt geblieben.
Auch Roger Pielke Jr. erklärt im Interview mit Table.Media, dass es bei Sage an Expertise gemangelt habe, die Public Health-Erwägungen und wirtschaftliche Expertise miteinander integriert. Sage sei mit Covid zu lange so umgegangen wie in der Vergangenheit mit Grippeepidemien. In Großbritannien reißt die Kritik auch nach der Pandemie nicht ab. Was Hospitalisierungen, Todesraten und wirtschaftliche Schäden angeht, schneidet das Vereinigte Königreich nämlich vergleichsweise schlecht ab.
Besonders aufsehenerregend ist die inzwischen auch durch mehrere Studien belegte Aussage des Ex-Chefberaters des ehemaligen Premiers Boris Johnson, Dominic Cummings, dass durch schnellere Maßnahmen Zehntausende Tote hätten verhindert werden können. Diese Verfehlungen werden nun auch im Rahmen einer Public Inquiry eingehender untersucht.
Aber nicht nur aufgrund dieser Schwierigkeiten könne das britische System kaum als Vorbild für Deutschland gelten, erläutert Reiner Grundmann, Professor für Science and Technology Studies an der University of Nottingham. Auch auf institutioneller und politkultureller Ebene seien die beiden Länder zu verschieden.
Großbritannien sei ein Einheitsstaatoder “unitary state”, welcher es der Regierung einfacher mache, in sehr vielen Belangen stärker durchzugreifen als die Bundesregierung im föderalen Deutschland. Chief Scientific Advisers oder ein formalisierter Notfallmechanismus wie Sage sind Ausdruck einer Zentralisierung von Macht in der Exekutive. Das wiederum sei in Deutschland nicht erwünscht, betont Grundmann.
In Großbritannien existiert außerdem eine grundlegend andere politische Kultur. Das britische System sei weniger auf Kompromisse ausgelegt und lege Wert auf die wissenschaftliche Legitimierung politischer Entscheidungen. In Deutschland gehe es hingegen mehr um das Austarieren gesellschaftlicher Interessen, die insbesondere auf Bund- und Länderebene repräsentiert werden.
Grundmann stellt in Großbritannien außerdem eine starke Abhängigkeit der Beratung von der Politik fest. Oft seien beispielsweise Sage-Berater Staatsbedienstete und letztlich weisungsgebunden. Sie versuchen auszuloten, was politisch erwünscht ist. Das wiederum erkläre das folgenreiche Zögern einiger Experten beim Anraten von Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie.
Dahinter liege aber, erklärt Grundmann weiter, ein generelles Missverständnis über das Verhältnis von Politik und Wissenschaft in Notfallsituationen. “Politiker sammeln nicht Informationen, bis sie einen rationalen Weg aus der Krise kennen. Es verhält sich genau andersherum: In der Politik weiß man schon in etwa, welche Optionen man hat und sucht dann Rechtfertigungen.”
Das stelle auch generell den Zentralismus des britischen Politikberatungssystems infrage. Das deutsche, föderale System biete da Vorteile, sagt Grundmann. Es sei zwar unübersichtlicher, mache aber auch unterschiedliche Stimmen in der Politik einschließlich ihrer Beratungsgremien voneinander unabhängiger. Der Pluralismus befördert Lernfähigkeit.
Dagegen sagt Sinozic-Martinez: “Weil es in Großbritannien überhaupt irgendein erkennbares System gibt, das man kritisieren kann, gibt es auch etwas, das man verbessern kann.” In Deutschland fehle hingegen ein lernendes, klar strukturiertes System.
Das Interview mit Roger Pielke über sein Honest-Broker-Konzept finden Sie hier.
In Teil 7 stellen wir ein digitales Repositorium für Politikberatungsdokumente vor. Die Serie “Politikberatung, quo vadis?” finden Sie gesammelt hier.
Weitere Informationen:
Scientific Advisory Group for Emergencies
Als der US-Inflation Reduction Act (IRA) vor einem Jahr in Kraft trat, war die Aufregung groß. Das zunächst mit 369 Milliarden US-Dollar budgetierte Subventionsprogramm für die Ansiedlung grüner Industrien benachteilige europäische Hersteller und könnte zu einem Handelskrieg und einem Wettlauf um staatliche Subventionen führen, so die Befürchtungen.
Ein Jahr nach Inkrafttreten zeigt sich eine gemischte IRA-Bilanz:
Allerdings gibt es auch Zweifel an diesen Zahlen, die meist von Klima-Interessenvertretungen stammen. “Teilweise wurden Investitionsprojekte nach Inkrafttreten des IRA einfach noch mal angekündigt. Ein Teil der Investitionen wäre wahrscheinlich auch ohne IRA-Förderung realisiert worden“, sagt Niclas Poitiers, Research Fellow des Think-Tanks Bruegel gegenüber Table.Media.
Betrachtet man die Größe der US-Volkswirtschaft, seien 170.000 Arbeitsplätze nicht viel. In einigen Bereichen “fließen Milliarden-Subventionen, aber es werden nur sehr wenige Jobs geschaffen”, kritisiert Poitiers. Der Bruegel-Forscher warnt vor einem internationalen Subventionswettlauf, “an dessen Ende Milliarden bei großen Unternehmen landen könnten, aber kaum positive Effekte hinsichtlich Arbeitsplätzen und wirklich neuen Investitionen erzielt werden”.
Zu den Klimawirkungen des IRA herrscht mehr Einigkeit. Laut einem Science-Paper werde der IRA zu einer Emissionsreduktion von 43 bis 48 Prozent im Jahr 2035 im Vergleich zum Basisjahr 2005 beitragen. Ohne IRA-Maßnahmen würden die Emissionen nur um 27 bis 35 Prozent sinken. Die Studie basiert auf neun Berechnungen und zeigt recht deutlich den Klimanutzen des Subventionsprogramms. Durch reduzierte Kosten für grüne Technologien werde der IRA auch positive Klimawirkungen in andere Staaten haben, so Bruegel.

Allerdings könnten ausbleibende Investitionen in das teils marode Stromnetz die Wirkung des IRA schmälern. Wenn die USA die Energieübertragungskapazität nicht doppelt so schnell ausbaue wie im vergangenen Jahrzehnt, könnte gut die Hälfte des IRA-Klimaeffekts zunichtegemacht werden, zeigt eine Studie der Princeton Universität. Um die Klimaziele der USA zu erreichen, brauche es “robuste Vorschriften und zusätzliche Maßnahmen auf Bundes- und Landesebene“, sagt Jesse Jenkins, IRA-Experte an der Princeton-Universität. Er nennt beispielsweise einen früheren Kohleausstieg und bessere Regulierungen im Land- und Forstwirtschaftssektor. Der Think-Tank BloombergNEF hatte kürzlich einen CO₂-Preis als zusätzliche Maßnahme angeführt, um den IRA zu ergänzen.
Poitiers von Bruegel hält fokussiertere Subventionen für sinnvoller als das Gießkannenprinzip des IRA: “Der Aufbau einer westlichen Solarindustrie führt nicht notwendigerweise dazu, dass auch nur ein Solarpanel mehr hergestellt wird, wenn es nur zu Produktionsverlagerungen kommt.” Poitiers schlägt stattdessen staatliche Investitionen in die Infrastruktur, wie beispielsweise E-Auto-Ladestationen oder in die Dekarbonisierung der Stahl- und Zementindustrie oder den sozialen Ausgleich der Klimakosten vor.
Auch Nils Redeker, Vize-Direktor des Jacques Delors Centres für Europapolitik, mahnt gegenüber Table.Media zu zielgerichteteren Subventionen. Die USA lägen bei der Produktion grüner Technologien hinter China und Europa. Das Gießkannenprinzip des IRA lehnt auch Redeker ab: “Bei neuen Technologien wie Wasserstoff oder modernen Batterien können solche Subventionen den Aufbau wettbewerbsfähiger Industrien unterstützen. Bei etablierten Massenprodukten wie Solarzellen werden die USA den Vorsprung asiatischer Hersteller dagegen kaum aufholen können.”
Europa rät er, den IRA nicht direkt zu kopieren, sondern “fokussiert Sektoren zu fördern, bei denen man bereits einen Fuß in der Tür hat oder technologisch noch Entwicklungspotenzial besteht”. Die nächste EU-Kommission müsse eine bessere Antwort auf die industriepolitische Herausforderung finden. “Mittelfristig können wir das Problem durch nationale Beihilfen allein nicht lösen. Um den Binnenmarkt vor wirtschaftlicher Divergenz und unfairem Wettbewerb zu schützen, braucht es Koordinierung und Finanzierung auf EU-Ebene”. Das sei ein dickes Brett, aber eines, das die EU auf jeden Fall bohren müsse.
In den letzten Zügen der Legislatur arbeiten die EU-Institutionen zurzeit noch daran, förderwürdige Technologien im Net-Zero Industry Act (NZIA) festzulegen. Der NZIA soll die europäische Antwort auf den IRA sein. Die Kommission will auch etablierte Güter wie Photovoltaik und Windenergie einbeziehen. Aus der Wirtschaft und dem Parlament kommt allerdings immer wieder Kritik an dem NZIA. Der zuständige Berichterstatter im Europaparlament, Christian Ehler (CDU) kritisierte beispielsweise, die Ambitionen des NZIA und der neuen Finanzierungsplattform STEP stünden nicht im Einklang mit den dafür vorgesehen Finanzmitteln. Die Industrie sehe den NZIA nicht als gleichwertig mit dem IRA.
Wie hoch die Kosten des IRA in den kommenden Jahren werden, ist derweil noch unklar. Die Analysten der Investmentbank Goldman Sachs gehen sogar davon aus, dass die Unternehmen in den kommenden zehn Jahren bis zu 1,2 Billionen US-Dollar an IRA-Steuervorteilen und Subventionen geltend machen könnten, um damit bis zu 2,9 Billionen US-Dollar an Investitionen zu leisten. Eine Brookings-Studie kommt zu ähnlichen Ergebnissen. Trotz dieser hohen Kosten könne der IRA “ein kosteneffizienter Anreiz für die Reduzierung von Kohlenstoffemissionen sein”, so die Autoren. Die IRA-Anreize werden pro Tonne liegen.
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19. August 2023, Villa Ichon, Bremen
Buch-Präsentation “20 Jahre Whistleblower-Preis. Was wurde aus den Preisträger:innen und ihren Enthüllungen?” Mehr
29. August bis 1. September 2023, Universität Hamburg
Tagung OR 2023: Decision Support & Choice-Based Analytics for a Disruptive World Mehr
4./5. September 2023, Haus der Unternehmer, Duisburg
Tagung Science for Society? Arbeits- und Organisationsformen der Zukunft Mehr
6. September 2023, Allianz Forum, Pariser Platz 6, Berlin
Preisverleihung Unipreneurs: Die besten Professorinnen und Professoren für Startups Mehr
11.-13. September 2023, Osnabrück
18. Jahrestagung der Gesellschaft für Hochschulforschung Das Zusammenspiel von Hochschulforschung und Hochschulentwicklung: Empirie, Transfer und Wirkungen Mehr
27.-29. September 2023, Freie Universität Berlin
Gemeinsame Konferenz der Berliner Hochschulen Open-Access-Tage 2023 “Visionen gestalten” Mehr
28. September 2023, 18-21.30 Uhr, Medizinhistorisches Museum Berlin
Diskussionsveranstaltung der Arbeitsgruppe “Hochschulen als MINT-Innovationsmotor” im Nationalen MINT Forum Any other subject: Wie die Erweiterung des MINT-Begriffs neue Zielgruppen erschließt Mehr
16. November 2023, Wilhelm Büchner Hochschule, Darmstadt
Tagung WBH Wissenschaftsforum 2023 – “Transformation gestalten” Mehr
Einer US-amerikanischen Forschergruppe vom Berkeley Lab der University of California ist es gelungen, Mikroben so zu verändern, dass sie nachhaltiges, unendlich recycelbares Plastik herstellen. Das berichten die Wissenschaftler in der Fachzeitschrift Nature Sustainability.
“Wir haben gezeigt, dass 100 Prozent Bio in recycelbaren Kunststoffen möglich ist”, sagt Jeremy Demarteau, der im Projektteam für die Entwicklung von Biopolymeren zuständig ist. Darauf werde man sich nun konzentrieren. Derzeit liegt der Bio-Anteil bei rund 80 Prozent. Vier Jahre haben die Forscher an dem neuartigen Kunststoff gearbeitet.
Dafür werden den Wissenschaftlern zufolge keine fossilen Brennstoffe wie Erdöl benötigt. Stattdessen produzieren die Mikroben den biologischen Ausgangsstoff Polydiketoenamin (PDK). Es soll unbegrenzt recycelbar sein, ohne seine ursprüngliche Qualität zu verlieren. Zudem sei es deutlich hitzebeständiger als herkömmliche Kunststoffe.
Projektleiter Brett Helms ist überzeugt, dass es sich um einen wissenschaftlichen Durchbruch handelt. “Es ist das erste Mal, dass wir einen biologischen Vorteil gegenüber der Verwendung von Petrochemikalien sehen, sowohl in Bezug auf die Materialeigenschaften als auch auf die Kosten für die großtechnische Herstellung”, sagt Helms.
Der Chemiker Christian Sonnenecker und sein Team von der Universität Leipzig gehen den umgekehrten Weg. Auf einem Komposthaufen des Leipziger Friedhofs haben sie im Jahr 2021 das Enzym PHL7 entdeckt. Es kann PET rückstandsfrei zersetzt. Zumindest im Labor. Dort lösen sich reine PET-Flaschen in einer Enzymlösung innerhalb weniger Stunden auf – um im nächsten Schritt zu Granulat verarbeitet zu werden, aus dem wiederum eine neue Kunststoffflasche hergestellt werden kann.
Die umweltfreundliche Wiederverwertung von PET durch die Aktivität von Enzymen sei eine ökonomisch und ökologisch interessante Alternative zu Verbrennung, Deponierung oder rein chemischem Recycling, so die Forscher. Über ihre Fortschritte berichteten sie kürzlich in der Fachzeitschrift Nature. Bis 2030 soll die Technologie marktreif sein. Unternehmen wie BASF und Volkswagen hätten bereits Interesse bekundet. ch
Der Chef der Europäischen Weltraumorganisation (ESA), Josef Aschbacher, hat die Politik aufgefordert, Europas Führungsrolle bei der Bekämpfung des Klimawandels ernst zu nehmen. Das berichtete die Nachrichtenagentur Reuters. Die Aussage ist eine Reaktion auf die unsichere Finanzierung eines Programms für Klima-Satelliten der ESA: So diskutiert Großbritannien seit Monaten mit der EU darüber, ob und in welchem Umfang sich das Land in Zukunft an dem Satellitenprogramm der ESA beteiligt.
Die ESA beobachtet die Folgen der Erderwärmung, unter anderem mit dem Copernicus-Programm und den sogenannten Sentinel-Satelliten. Sie zeichnen wichtige Daten zum CO₂-Ausstoß und den globalen Land- und Meerestemperaturen auf. Eigentlich sollte das Programm ab 2026 um sechs weitere Satelliten ergänzt werden. Unter anderem wegen des Wegfalls der britischen Beiträge zur EU ist aber eine Finanzierungslücke von 721 Millionen Euro entstanden. Aschbacher sagte, bis spätestens Juni 2024 müsse eine Entscheidung über die Finanzierung des Copernicus-Programms fallen, sonst würden die Planungsabläufe beeinträchtigt. rtr/kul
Seit dem Inkrafttreten des amerikanischen IRA haben es europäische Wasserstoff-Unternehmen nach einem Medienbericht zunehmend schwer, an privates Kapital zu kommen. Im ersten Quartal 2022 hätten Projekte für grünen und kohlenstoffarmen Wasserstoff in der EU noch Wagniskapital in Höhe von 343 Millionen Euro angezogen und damit fast dreimal so viel wie in den USA, berichtete gestern die Financial Times. Seitdem hätten die Investitionen in den USA aber jene in Europa überholt, insgesamt seien sie 1,2 Milliarden Euro höher gewesen, wie Berechnungen des amerikanischen Think-Tanks Cleantech Group zeigen würden.
Der Inflation Reduction Act sichert Wasserstoff-Produzenten Steuervergünstigungen von bis zu drei Dollar pro Kilogramm Wasserstoff zu. “Dieses Gesetz bietet ein viel klareres, leichter verständliches Förderinstrument an“, hatte der CEO von Hydrogen Europe, Jorgo Chatzimarkakis, schon im vergangenen November im Interview mit Table.Media erklärt.
Ähnlich äußerte sich nun gegenüber der “FT” auch Energieexpertin Suzana Carp von der Cleantech Group. Durch die Antwort der EU auf den IRA entstehe zudem Konkurrenz um Födermittel zwischen Cleantech-Unternehmen einerseits und Branchen wie Rüstung, Digitales und Pharma andererseits. Der CEO von WindEurope, Giles Dickson, beklagte zudem, die Regierungen in den EU-Staaten machten nur sehr langsam Gebrauch von den gelockerten Beihilferegeln.
Erst vor wenigen Tagen hatte das Bundeswirtschaftsministerium den Beihilferahmen TCTF in nationales Recht umgesetzt. Die Arbeit an konkreten Förderrichtlinien für Produktionsstätten aus mehreren Branchen hält noch an. Für den Sommer kündigte das BMWK zunächst die Fertigstellung der Förderrichtlinie für Batterie-Zulieferer an, an der es schon länger arbeitet. ber
Tagesspiegel. Studierende machen Vorwürfe gegen weiteren Professor publik. Nach den Vorwürfen sexueller Belästigung gegen einen Dozenten der Humboldt-Universität weisen Studierendenvertreter auf einen weiteren mutmaßlichen Fall hin. Es geht um den Fall einer Wissenschaftlerin, die einen HU-Professor beschuldigt, sie auf einem Sommerfest sexuell belästigt zu haben. Der Mann soll auch weitere Studentinnen belästigt haben, behauptet die Frau. Die Universität bestätigte, dass Ermittlungen aufgenommen worden sind. Mehr
Spektrum.de. Wann ist eine Umfrage “repräsentativ”? In Politik und Medien werden Argumente oft auf “repräsentative Umfragen” gestützt. Experten finden das problematisch, weil “repräsentativ” in der Wissenschaft nicht definiert sei und zudem wissenschaftliche “Unverzerrtheit” suggeriere, sagt der Potsdamer Sozialforscher Ulrich Kohler. Das Problem: Ein wichtiges wissenschaftliches Gütekriterium wird oft nicht erfüllt: die Zufallsstichprobe. Jede Person aus der Grundgesamtheit muss demnach die gleiche Chance haben, an der Umfrage teilzunehmen. Tagesaktuelle Online-Umfragen erfüllen dieses Kriterium nicht. Mehr
RiffReporter. Wirtschaftsspionage: Ist es gefährlich, wenn der Dienstwagen aus China kommt? Junge Gründer und junggebliebene Unternehmen setzen auf Elektroautos als Dienstwagen. Eine große Bandbreite von E-Fahrzeugen kommt aus China. Experten der Bundeswehr warnen Technologiefirmen davor, auf Mobilität aus der Volksrepublik zu setzen, weil die Wagen mit so viel Sensorik ausgestattet sind, dass über Kameras, Mikrofone und Ortungssysteme auch Wirtschaftsspionage möglich ist. Besonders gefährdet sind laut Verfassungsschutz Branchen, die an Hochtechnologien arbeiten: Quantenforschung, Künstliche Intelligenz, Hyperschalltechnik, Überwachungs- und Biotechnologie. Mehr
The Economist. If it can be designed on a computer, it can be built by robots. “In 30 Jahren werden wir über eine Generation von Menschen lachen, die Produkte mit der Hand zusammengesteckt hat”, sagt Lior Susan. Susan ist Chef von Bright Machines einer Firma, die Software zur Automatisierung von Produktionsprozessen liefert. Das Zusammenspiel von neuartiger Software und der additiven Fertigung von Produktions-Hardware gibt Unternehmen neue Möglichkeiten. Politisch gesehen, kann das dazu führen, dass ins Ausland ausgelagerte Produktionsstätten wieder zurückgeholt werden, weil Roboter effizienter sind als die Arbeitskräfte dort. Mehr
Forschung und Lehre. Neue Forschungsanlage zu Windenergie gestartet. Einen Datenschatz für Wissenschaftler hat das Deutsche Luft- und Raumfahrtzentrum (DLR) bei der Einweihung der Wiwaldi-Forschungsanlage am Dienstag in Niedersachsen versprochen. Mit den Erkenntnissen sollen Windräder künftig effizienter und leiser werden. An der – laut DLR – “weltweit einzigartigen Großforschungsanlage” wird unter anderem an intelligenten Rotorblättern, sogenannten Smartblades, geforscht. Zudem wollen Wissenschaftler Windräder leiser machen, um deren Akzeptanz zu erhöhen. Mehr

KI kann helfen, teure und arbeitskraftintensive Branchen zu entlasten. Barbara Hammer forscht daran, Lecks in Wasserleitungen von Großstädten zu entdecken, ohne danach zu graben. Sie sieht das große Potenzial der KI, fürchtet sich aber vor Systemen, die sich nicht abschalten lassen.
Was genau erforschen Sie im Zusammenhang mit KI?
Als Professorin für Mathematik und Informatik vertrete ich den Bereich Maschinelles Lernen – und zwar von der Theorie bis in die Anwendung. Gerade arbeite ich mit meinem Team an einem großen internationalen Projekt WaterFutures, in dem wir uns mit KI-gestützten Lösungen für eine zuverlässige Trinkwasserversorgung in Städten beschäftigen. Anhand von Messdaten wollen wir mithilfe von KI automatisch erkennen, wo es in Trinkwasserleitungen Lecks gibt.
Da es uns derzeit nicht möglich ist, selbst in die Leitungen zu schauen, nutzen wir KI-Modelle und Sensoren. Durch das Messen von Druck und anderen Parametern kann die KI Vorhersagen darüber treffen, wo und wie groß ein Leck sein könnte. Da kommen am Ende viele Daten zusammen. Wie kann man diese komplexen Informationen in automatisierte Verfahren integrieren? Wie können wir sicherstellen, dass die KI immer verlässlich ist? Das sind unter anderem Fragen, mit denen ich mich beschäftige. Aber auch, welche Auswirkungen KI auf die Gesellschaft hat. Welche Konsequenzen gibt es für den einzelnen Menschen, für das soziale Gefüge?
Welche Chancen ergeben sich mit der KI?
Das Projekt zur Trinkwasserversorgung zeigt ziemlich gut, welches Potenzial die KI hat. Derzeit gehen 20 Prozent des Trinkwassers in der EU aufgrund von Lecks verloren. Gerade in Hinblick auf die voranschreitende Erderwärmung und bevorstehende Wasserknappheit ist das ein Riesenproblem. Bisher musste man graben und schauen, wo die Lecks sind – das ist allerdings eine sehr teure Herangehensweise. Dank KI-Modellen können wir in die Rohre hineinschauen, ohne physisch drin zu sein, indem wir eben mit Sensoren messen und eine KI trainieren, die genau sagen kann, wo sich ein Leck mutmaßlich befindet. Wir können so viel schneller reagieren und die betroffene Stelle gezielt reparieren. Und das ist nur ein Beispiel. KI eröffnet viele neue Chancen, um effizienter und nachhaltiger mit begrenzten Ressourcen umzugehen und wichtiges Wissen zu gewinnen. Dass KI eben solche Sachen ermöglichen kann, ist ein Riesengewinn.

Welche negativen Auswirkungen befürchten Sie?
Die Text-KI Chat-GPT ist ja gerade in aller Munde und wird bereits groß eingesetzt, zum Beispiel in sozialen Medien. KI wird auch zur Empfehlung von Texten genutzt und es gibt Bots, die Texte gezielt in sozialen Medien platzieren. Und da gibt es schon heute Fälle, wo vermutet wird, dass KI sehr starke negative Auswirkungen hat. Man sieht zum Beispiel, dass Vorurteile oder auch Lügen in sozialen Medien mithilfe von KI verbreitet werden.
Wie Algorithmen Hass schüren können, zeigt das bekannte Beispiel des Rohingya-Desasters. Das Tech-Unternehmen Facebook wurde beschuldigt, durch die Verstärkung von Vorurteilen und Falschinformationen maßgeblich zur Verfolgung der muslimischen Minderheit der Rohingya in Myanmar beigetragen zu haben. Ähnliche Bedenken bestehen auch in Hinblick von Bot-Einsätzen zur Manipulation von Wahlen, indem gezielt Informationen an Menschen weitergegeben werden, um ihre Meinung zugunsten einer Partei zu beeinflussen. Das ist demokratiegefährdend. Das Problem: Die Betreiber sozialer Medien haben natürlich in erster Linie wirtschaftliche Interessen; negative Auswirkungen etwa auf die Demokratie sind daher leicht möglich.
Ist KI denn überhaupt kontrollierbar?
Nicht wirklich. Es gibt ja Versuche wie den AI-Act der EU. Dieser verbietet etwa den Einsatz von KI in bestimmten Fällen, gerade in Bezug auf die Verletzung von Persönlichkeitsrechten. Zum Beispiel ist das systematische Tracking von Menschen durch KI und eine biometrische Identifizierung in öffentlichen Räumen in Europa verboten und das ist auch gut so. Auch in kritischen Bereichen wie in der Medizin ist es vorgeschrieben, dass eine menschliche Überprüfung vor Entscheidungen stattfindet, da KI eben Fehler machen kann. Und man muss KI in bestimmten Fällen abschalten können. Da ist die Frage, ob das überhaupt machbar ist. Man kennt ja die Dystopien, in denen sich KI vor der Abschaltung schützt und das ist nicht unrealistisch. Es ist wichtig, Mechanismen einzuführen, um solche Szenarien zu verhindern. Wir brauchen Regulierung, ethische Standards und Forschung, um den verantwortungsvollen Einsatz von KI zu gewährleisten.
Ein Blick in die Zukunft: Wo wird KI in 10 oder auch 20 Jahren selbstverständlich eingesetzt werden?
Ich würde sagen überall, angefangen vom Privatleben, wenn wir unsere Smartphones bedienen, über Kunst und Kultur bis hin zu Journalismus, Lehre, Industrie. Viele Arbeitsfelder werden sich in Zukunft revolutionieren und das ist meiner Meinung nach auch eine große Chance. Wir haben ja einen Arbeitskräftemangel in Deutschland, sei es in der Pflege oder im industriellen Sektor. Wir werden KI daher in Zukunft brauchen, um überhaupt voranzukommen.
KI kann Tätigkeiten automatisieren, die zum Beispiel Pflegende entlasten. Diese können sich wieder mehr auf das Zwischenmenschliche fokussieren, das derzeit viel zu kurz kommt. KI wird die Menschen auch nicht ersetzen können, gerade im sozialen Bereich, wie beispielsweise Lehrer und Lehrerinnen in der Schule. Das ist auch nicht erstrebenswert. KI wird auch kreative Berufe erreichen und vieles einfacher machen, gerade im Bereich der Virtual Reality. Und trotzdem hat die KI ihre Grenzen: Live-Konzerte, Theater, Musicals – all das wird KI auch auf lange Sicht nicht erreichen können. Elena Matera
Barbara Hammer ist Professorin für Mathematik und Informatik. Seit 2010 leitet sie den Lehrstuhl für Maschinelles Lernen an der Universität Bielefeld und das standortübergreifende Graduiertenkolleg Data NInJA. Sie forscht außerdem am Joint Artificial Intelligence Institute (JAII) und war Gastforscherin an verschiedenen internationalen Instituten, unter anderem an der Rutgers University, dem CAIR in Bangalore und der University of Birmingham. In diesem Jahr hat Barbara Hammer das erste Fellowship des Lamarr-Instituts für Maschinelles Lernen und Künstliche Intelligenz erhalten.
Die Texte der Table.Media-Serie “Der globale Wettlauf um Künstliche Intelligenz” finden Sie hier.
Ingmar Weber, Humboldt-Professor für Künstliche Intelligenz, und Daniela Braun, Professorin für Politikwissenschaft, übernehmen die Leitung des neuen “Interdisciplinary Institute for Societal Computing (I2SC)” an der Universität des Saarlandes. Das Institut fördert die interdisziplinäre Forschung an der Saar-Universität zwischen Sozial-, Geistes- und Computerwissenschaften.
Peter Neubauer erhält den mit knapp 2 Millionen US-Dollar dotierten “Agilent Thought Leader Award”. An der TU Berlin hat er in den vergangenen Jahren ein KI-Zukunftslabor für automatisierte Bioprozessentwicklung aufgebaut.
Thomas Klinger tritt zum 1. Oktober 2023 seine neue Position als Wissenschaftlicher Direktor des Alfried Krupp Wissenschaftskollegs Greifswald an.
Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis für unsere Personal-Rubrik an heads@table.media!
Bildung.Table. Startchancen: Union befürchtet Doppelstrukturen. Nach einer kleinen Anfrage schlägt die Unionsfraktion Alarm: die Programme für Startchancen und “Schule macht stark” doppeln sich. Damit steht ein weiteres Fragezeichen hinter dem Vorzeigeprojekt der Ampel-Regierung. Mehr
Europe.Table. Ökologische Landwirtschaft: Wie sinnvoll ist das 25-Prozent-Ziel? Mit dem Aktionsplan Ökologische Landwirtschaft verfolgt die EU-Kommission das Ziel, den Bio-Anteil an der Lebensmittelproduktion bis 2030 von derzeit unter zehn auf 25 Prozent zu steigern. Es zeichnet sich jedoch ab, dass die Ziele so gut wie nicht mehr zu erreichen sind. Und es gibt Zweifel an der Sinnhaftigkeit. Mehr
Agrifood.Table. “Neue Züchtungstechnologien müssen nutzbar gemacht werden”. Christine Schneider, Abgeordnete im EU-Parlament für die EVP, sieht große Chancen, den Einsatz von Pestiziden und Düngemitteln zu reduzieren und widerstandsfähigere Pflanzen zu erhalten. Sie fordert im Interview, klar zwischen Gentechnik und neuen Züchtungstechnologien zu unterscheiden. Mehr

Die 50. Ausgabe Research.Table! Was für ein schönes erstes Jubiläum nach unserem Start im Januar und was für ein aufregendes Jahr für Forschung und Wissenschaft bislang: Zeitenwende in der Forschung, Skandal bei der Fraunhofer-Gesellschaft und Wechsel an der Spitze, Streit um das WissZeitVG, Hype um die Kernfusion, das Sprind-Freiheitsgesetz, 75 Jahre Max-Planck-Gesellschaft, die Zivilklausel bröckelt, EFI-Gutachten und Zukunftsstrategie, Sanierungsstau bei den Hochschulen, Kürzungen bei Exist, und, und, und.
Da muss man doch auch mal kurz durchatmen und genießen dürfen. In der Redaktion war schnell klar: Wenn wir könnten, würden wir all unseren Leserinnen und Lesern eine Festtagstorte oder zumindest einen sommerlichen Kuchen backen. Aber Schuster bleib bei deinen Leisten: Wir konzentrieren uns lieber darauf, Ihnen zweimal in der Woche spannende und tiefgehende Analysen, aktuelle News und viele Informationen zu den Themen Forschungspolitik und Innovationsmanagement zu liefern.
Ganz ohne Kuchen wollen wir dieses Dessert aber trotzdem nicht schicken. Wir haben zumindest ein Lieblingsrezept für Sie – die Wahl der Redaktion ist auf Stachelbeer-Baiser gefallen. Ein Klassiker, der niemals alt wird. So stellen wir uns die Zukunft des Research.Table auch vor!
Und wie bleibt die Torte möglichst lange frisch? Auch dazu hat die Wissenschaft geliefert: Wer aus dem Kuchen in gewohnter Weise ein dreieckiges Stück herausschneidet, macht es “ganz falsch”, schrieb schon der Mathematiker Francis Galton 1906 in “Nature”. Sein Lösungsvorschlag: Der Kuchen muss so geschnitten werden, dass sich die verbleibenden Teile nahtlos zusammen fügen lassen. Aber sehen Sie selbst! Wir bemühen uns, auch in den nächsten 50 Ausgaben und darüber hinaus frisch zu bleiben und bedanken uns für ihre Neugier! Bleiben Sie uns gewogen. Tim Gabel
I – R – A: Drei Buchstaben, die Ängste auslösten. Als vor einem Jahr das Subventionsprogramm Inflation Reduction Act in den USA in Kraft trat, befürchteten viele europäische Akteure große Benachteiligungen für Forschung und Innovation in der grünen Industrie. Eine erste Bilanz fällt nun gemischt aus, berichtet unser Kollege Nico Beckert: Die US-Subventionen locken Investitionen an und schaffen Jobs, aber zu einem hohen Preis. Immerhin: Der Klimanutzen ist unbestritten.
67 Fachkreise und Verbände haben sich bisher zum Gesundheitsdatennutzungsgesetz (GDNG) geäußert. Anfang August hatte das Bundesgesundheitsministerium den Referentenentwurf für die Regelung vorgelegt, mit der Gesundheitsdaten für die Forschung erschlossen werden sollen. Trotz der großen Zahl Beteiligter kann das GDNG wohl bald in die nächsten Runden gehen. Was das Gesetz in Sachen Nutzbarkeit will, wo die Hauptkritikpunkte liegen, weiß Anne Brüning.
Großbritanniens Politikberatung ist clever, taugt aber nur bedingt als Vorbild für Deutschland, weiß unser Autor Martin Renz. Lesen Sie im sechsten Teil unserer Serie “Politikberatung, quo vadis?” über ein System, in dem die Berater der Regierung als Staatsbedienstete weisungsgebunden sind und daher in ihren Äußerungen mitunter wohl zu sehr darauf achten, was politisch erwünscht ist. Auch auf institutioneller und politkultureller Ebene seien die beiden Länder zu verschieden. Im föderalen Deutschland gebe es keine zentralisierte Macht in der Exekutive. Alle Teile der Serie “Politikberatung, quo vadis?” finden Sie gesammelt hier.
Zur 50. Ausgabe des Research.Table haben wir ein besonderes Dessert kreiert: Einen Festtagskuchen für Sie und uns – zum Durchatmen und Genießen. Welchen wir ausgewählt haben und wie ein solcher Kuchen wissenschaftlich korrekt geteilt wird, lesen Sie am Ende dieses Briefings.
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Anfang August hat das Bundesgesundheitsministerium den Referentenentwurf für das Gesundheitsdatennutzungsgesetz (GDNG) vorgelegt. Damit sollen Gesundheitsdaten für die Forschung erschlossen werden. Das Gesetz regelt die Nutzbarkeit so, dass für die Antragsberechtigung nicht mehr ausschlaggebend ist, wer beantragt, sondern wofür: Entscheidend sind Nutzungszwecke, die im Gemeinwohl liegen.
Für die Datenfreigabe aus der elektronischen Patientenakte wird ein Opt-Out-Verfahren eingeführt. Das Gesetz sieht den Aufbau einer dezentralen Gesundheitsdateninfrastruktur vor. Außerdem soll es eine zentrale Datenzugangs- und Koordinierungsstelle für die Nutzung von Gesundheitsdaten geben. Dazu wird das Forschungsdatenzentrum beim BfArM weiterentwickelt.
In einer ersten Anhörung in dieser Woche bezogen 67 Fachkreise und Verbände Position zu dem Entwurf. Das Fazit des BMG ist positiv: “Die Zustimmung zu den Zielen des GDNG war bei den Anhörungen groß”, teilt das Ministerium auf Anfrage mit. Zu einzelnen Regelungsvorschlägen habe es erwartungsgemäß eine Vielzahl an Anmerkungen und Hinweise gegeben. Insgesamt sei der Nachjustierungsbedarf aus Sicht des BMG jedoch “angemessen und im Verhältnis zu anderen Gesetzgebungsverfahren eher moderat”.
Derzeit würden die schriftlichen Stellungnahmen und die Beiträge der Verbände abschließend geprüft und relevante Änderungswünsche der Beteiligten berücksichtigt. Ein Überblick über die wichtigsten Kritikpunkte:
Der weitere Weg des GDNG steht fest: “Sobald der Referentenentwurf im Ressortkreis geeint ist, soll er wie geplant möglichst schnell im Kabinett verabschiedet und noch im Herbst 2023 parlamentarisch beraten werden, damit die Regelungen im ersten Halbjahr 2024 in Kraft treten können”, heißt es aus dem BMG.
Unklar ist indes, wie das GDNG und das ebenfalls geplante Forschungsdatengesetz miteinander korrespondieren. Insgesamt spielen sogar fünf Gesetze für die Nutzung von Gesundheitsdaten eine Rolle. Das Forschungsdatengesetz ist im BMBF in Arbeit und soll den Zugang zu Daten für die Wissenschaft verbessern und Rahmenbedingungen für die Weitergabe, Aufbewahrung und Sicherung gestalten.
Jetzt müsse bald ein guter Gesetzentwurf zu den Forschungsdaten kommen, sagt der SPD-Bundestagsabgeordnete Ruppert Stüwe. “Wir müssen klare Regelungen für alle Forschungsdaten finden.” Das sei kein Wettrennen zwischen den Ministerien, sondern es gehe um die Sache, betont der Datenexperte. “Ich finde es gut, dass wir bei den Gesundheitsdaten vorankommen. Dafür sollten die Strukturen, die wir schon heute im Bereich der Gesundheitsforschung haben, am besten auch im Gesetz Berücksichtigung finden.” Damit spielt der Politiker auf die Medizininformatik-Initiative an, die das BMBF mit einer halben Milliarde Euro fördert, um das Deutsche Forschungsportal für Gesundheit zu entwickeln.
In Großbritannien ist die wissenschaftliche Politikberatung traditionell stärker zentralisiert und formalisiert als in Deutschland. Besonders relevant ist die Rolle des Government Chief Scientific Advisers (GCSA), der das Government Office for Science (GO-Science) leitet und direkt in die Auswahl der ressortspezifischen Chief Scientific Advisers (CSAs) involviert ist. Anders als der wissenschaftliche Chefberater in den USA ist der GCSA deutlich stärker in Regierungsentscheidungen eingebunden.

Der GCSA ist normalerweise auch Vorsitzender der Scientific Advisory Group for Emergencies (Sage). Sie verkörpert einen Beratungsmechanismus, den die britische Regierung in Notfällen aktivieren kann, um zügig relevante Expertise zu sammeln und auf deren Grundlage zu entscheiden. Sage erlangte während der Corona-Pandemie große Bekanntheit und gilt spätestens seitdem als wichtiges Praxisbeispiel in Debatten um wissenschaftliche Politikberatung.
Tanja Sinozic-Martinez, Expertin für wissenschaftliche Politikberatung an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, lobt insbesondere die Übersichtlichkeit und Transparenz, die ein formalisiertes Verfahren wie Sage garantiert. “Die Kommunikations- und Dokumentationsprozesse zwischen der Regierung, GO-Science, Sage und den Sage-Untergruppen sind von vorneherein festgelegt. Die Auswahl von Expertinnen und Experten ist dadurch weniger ad hoc und somit strukturierter als in Deutschland.”
Sinozic-Martinez weist jedoch auch darauf hin, dass bereits zu Beginn der Pandemie Kritik an der Expertenauswahl bei Sage geübt wurde. Inzwischen sei erkannt worden, dass der Fokus stark auf epidemiologischen und statistischen Modellierungsansätzen lag. Ökonomische oder soziale Faktoren, wie etwa die erhöhte Sterblichkeitsrate ärmerer Menschen, seien dagegen weitestgehend unberücksichtigt geblieben.
Auch Roger Pielke Jr. erklärt im Interview mit Table.Media, dass es bei Sage an Expertise gemangelt habe, die Public Health-Erwägungen und wirtschaftliche Expertise miteinander integriert. Sage sei mit Covid zu lange so umgegangen wie in der Vergangenheit mit Grippeepidemien. In Großbritannien reißt die Kritik auch nach der Pandemie nicht ab. Was Hospitalisierungen, Todesraten und wirtschaftliche Schäden angeht, schneidet das Vereinigte Königreich nämlich vergleichsweise schlecht ab.
Besonders aufsehenerregend ist die inzwischen auch durch mehrere Studien belegte Aussage des Ex-Chefberaters des ehemaligen Premiers Boris Johnson, Dominic Cummings, dass durch schnellere Maßnahmen Zehntausende Tote hätten verhindert werden können. Diese Verfehlungen werden nun auch im Rahmen einer Public Inquiry eingehender untersucht.
Aber nicht nur aufgrund dieser Schwierigkeiten könne das britische System kaum als Vorbild für Deutschland gelten, erläutert Reiner Grundmann, Professor für Science and Technology Studies an der University of Nottingham. Auch auf institutioneller und politkultureller Ebene seien die beiden Länder zu verschieden.
Großbritannien sei ein Einheitsstaatoder “unitary state”, welcher es der Regierung einfacher mache, in sehr vielen Belangen stärker durchzugreifen als die Bundesregierung im föderalen Deutschland. Chief Scientific Advisers oder ein formalisierter Notfallmechanismus wie Sage sind Ausdruck einer Zentralisierung von Macht in der Exekutive. Das wiederum sei in Deutschland nicht erwünscht, betont Grundmann.
In Großbritannien existiert außerdem eine grundlegend andere politische Kultur. Das britische System sei weniger auf Kompromisse ausgelegt und lege Wert auf die wissenschaftliche Legitimierung politischer Entscheidungen. In Deutschland gehe es hingegen mehr um das Austarieren gesellschaftlicher Interessen, die insbesondere auf Bund- und Länderebene repräsentiert werden.
Grundmann stellt in Großbritannien außerdem eine starke Abhängigkeit der Beratung von der Politik fest. Oft seien beispielsweise Sage-Berater Staatsbedienstete und letztlich weisungsgebunden. Sie versuchen auszuloten, was politisch erwünscht ist. Das wiederum erkläre das folgenreiche Zögern einiger Experten beim Anraten von Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie.
Dahinter liege aber, erklärt Grundmann weiter, ein generelles Missverständnis über das Verhältnis von Politik und Wissenschaft in Notfallsituationen. “Politiker sammeln nicht Informationen, bis sie einen rationalen Weg aus der Krise kennen. Es verhält sich genau andersherum: In der Politik weiß man schon in etwa, welche Optionen man hat und sucht dann Rechtfertigungen.”
Das stelle auch generell den Zentralismus des britischen Politikberatungssystems infrage. Das deutsche, föderale System biete da Vorteile, sagt Grundmann. Es sei zwar unübersichtlicher, mache aber auch unterschiedliche Stimmen in der Politik einschließlich ihrer Beratungsgremien voneinander unabhängiger. Der Pluralismus befördert Lernfähigkeit.
Dagegen sagt Sinozic-Martinez: “Weil es in Großbritannien überhaupt irgendein erkennbares System gibt, das man kritisieren kann, gibt es auch etwas, das man verbessern kann.” In Deutschland fehle hingegen ein lernendes, klar strukturiertes System.
Das Interview mit Roger Pielke über sein Honest-Broker-Konzept finden Sie hier.
In Teil 7 stellen wir ein digitales Repositorium für Politikberatungsdokumente vor. Die Serie “Politikberatung, quo vadis?” finden Sie gesammelt hier.
Weitere Informationen:
Scientific Advisory Group for Emergencies
Als der US-Inflation Reduction Act (IRA) vor einem Jahr in Kraft trat, war die Aufregung groß. Das zunächst mit 369 Milliarden US-Dollar budgetierte Subventionsprogramm für die Ansiedlung grüner Industrien benachteilige europäische Hersteller und könnte zu einem Handelskrieg und einem Wettlauf um staatliche Subventionen führen, so die Befürchtungen.
Ein Jahr nach Inkrafttreten zeigt sich eine gemischte IRA-Bilanz:
Allerdings gibt es auch Zweifel an diesen Zahlen, die meist von Klima-Interessenvertretungen stammen. “Teilweise wurden Investitionsprojekte nach Inkrafttreten des IRA einfach noch mal angekündigt. Ein Teil der Investitionen wäre wahrscheinlich auch ohne IRA-Förderung realisiert worden“, sagt Niclas Poitiers, Research Fellow des Think-Tanks Bruegel gegenüber Table.Media.
Betrachtet man die Größe der US-Volkswirtschaft, seien 170.000 Arbeitsplätze nicht viel. In einigen Bereichen “fließen Milliarden-Subventionen, aber es werden nur sehr wenige Jobs geschaffen”, kritisiert Poitiers. Der Bruegel-Forscher warnt vor einem internationalen Subventionswettlauf, “an dessen Ende Milliarden bei großen Unternehmen landen könnten, aber kaum positive Effekte hinsichtlich Arbeitsplätzen und wirklich neuen Investitionen erzielt werden”.
Zu den Klimawirkungen des IRA herrscht mehr Einigkeit. Laut einem Science-Paper werde der IRA zu einer Emissionsreduktion von 43 bis 48 Prozent im Jahr 2035 im Vergleich zum Basisjahr 2005 beitragen. Ohne IRA-Maßnahmen würden die Emissionen nur um 27 bis 35 Prozent sinken. Die Studie basiert auf neun Berechnungen und zeigt recht deutlich den Klimanutzen des Subventionsprogramms. Durch reduzierte Kosten für grüne Technologien werde der IRA auch positive Klimawirkungen in andere Staaten haben, so Bruegel.

Allerdings könnten ausbleibende Investitionen in das teils marode Stromnetz die Wirkung des IRA schmälern. Wenn die USA die Energieübertragungskapazität nicht doppelt so schnell ausbaue wie im vergangenen Jahrzehnt, könnte gut die Hälfte des IRA-Klimaeffekts zunichtegemacht werden, zeigt eine Studie der Princeton Universität. Um die Klimaziele der USA zu erreichen, brauche es “robuste Vorschriften und zusätzliche Maßnahmen auf Bundes- und Landesebene“, sagt Jesse Jenkins, IRA-Experte an der Princeton-Universität. Er nennt beispielsweise einen früheren Kohleausstieg und bessere Regulierungen im Land- und Forstwirtschaftssektor. Der Think-Tank BloombergNEF hatte kürzlich einen CO₂-Preis als zusätzliche Maßnahme angeführt, um den IRA zu ergänzen.
Poitiers von Bruegel hält fokussiertere Subventionen für sinnvoller als das Gießkannenprinzip des IRA: “Der Aufbau einer westlichen Solarindustrie führt nicht notwendigerweise dazu, dass auch nur ein Solarpanel mehr hergestellt wird, wenn es nur zu Produktionsverlagerungen kommt.” Poitiers schlägt stattdessen staatliche Investitionen in die Infrastruktur, wie beispielsweise E-Auto-Ladestationen oder in die Dekarbonisierung der Stahl- und Zementindustrie oder den sozialen Ausgleich der Klimakosten vor.
Auch Nils Redeker, Vize-Direktor des Jacques Delors Centres für Europapolitik, mahnt gegenüber Table.Media zu zielgerichteteren Subventionen. Die USA lägen bei der Produktion grüner Technologien hinter China und Europa. Das Gießkannenprinzip des IRA lehnt auch Redeker ab: “Bei neuen Technologien wie Wasserstoff oder modernen Batterien können solche Subventionen den Aufbau wettbewerbsfähiger Industrien unterstützen. Bei etablierten Massenprodukten wie Solarzellen werden die USA den Vorsprung asiatischer Hersteller dagegen kaum aufholen können.”
Europa rät er, den IRA nicht direkt zu kopieren, sondern “fokussiert Sektoren zu fördern, bei denen man bereits einen Fuß in der Tür hat oder technologisch noch Entwicklungspotenzial besteht”. Die nächste EU-Kommission müsse eine bessere Antwort auf die industriepolitische Herausforderung finden. “Mittelfristig können wir das Problem durch nationale Beihilfen allein nicht lösen. Um den Binnenmarkt vor wirtschaftlicher Divergenz und unfairem Wettbewerb zu schützen, braucht es Koordinierung und Finanzierung auf EU-Ebene”. Das sei ein dickes Brett, aber eines, das die EU auf jeden Fall bohren müsse.
In den letzten Zügen der Legislatur arbeiten die EU-Institutionen zurzeit noch daran, förderwürdige Technologien im Net-Zero Industry Act (NZIA) festzulegen. Der NZIA soll die europäische Antwort auf den IRA sein. Die Kommission will auch etablierte Güter wie Photovoltaik und Windenergie einbeziehen. Aus der Wirtschaft und dem Parlament kommt allerdings immer wieder Kritik an dem NZIA. Der zuständige Berichterstatter im Europaparlament, Christian Ehler (CDU) kritisierte beispielsweise, die Ambitionen des NZIA und der neuen Finanzierungsplattform STEP stünden nicht im Einklang mit den dafür vorgesehen Finanzmitteln. Die Industrie sehe den NZIA nicht als gleichwertig mit dem IRA.
Wie hoch die Kosten des IRA in den kommenden Jahren werden, ist derweil noch unklar. Die Analysten der Investmentbank Goldman Sachs gehen sogar davon aus, dass die Unternehmen in den kommenden zehn Jahren bis zu 1,2 Billionen US-Dollar an IRA-Steuervorteilen und Subventionen geltend machen könnten, um damit bis zu 2,9 Billionen US-Dollar an Investitionen zu leisten. Eine Brookings-Studie kommt zu ähnlichen Ergebnissen. Trotz dieser hohen Kosten könne der IRA “ein kosteneffizienter Anreiz für die Reduzierung von Kohlenstoffemissionen sein”, so die Autoren. Die IRA-Anreize werden pro Tonne liegen.
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19. August 2023, Villa Ichon, Bremen
Buch-Präsentation “20 Jahre Whistleblower-Preis. Was wurde aus den Preisträger:innen und ihren Enthüllungen?” Mehr
29. August bis 1. September 2023, Universität Hamburg
Tagung OR 2023: Decision Support & Choice-Based Analytics for a Disruptive World Mehr
4./5. September 2023, Haus der Unternehmer, Duisburg
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6. September 2023, Allianz Forum, Pariser Platz 6, Berlin
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11.-13. September 2023, Osnabrück
18. Jahrestagung der Gesellschaft für Hochschulforschung Das Zusammenspiel von Hochschulforschung und Hochschulentwicklung: Empirie, Transfer und Wirkungen Mehr
27.-29. September 2023, Freie Universität Berlin
Gemeinsame Konferenz der Berliner Hochschulen Open-Access-Tage 2023 “Visionen gestalten” Mehr
28. September 2023, 18-21.30 Uhr, Medizinhistorisches Museum Berlin
Diskussionsveranstaltung der Arbeitsgruppe “Hochschulen als MINT-Innovationsmotor” im Nationalen MINT Forum Any other subject: Wie die Erweiterung des MINT-Begriffs neue Zielgruppen erschließt Mehr
16. November 2023, Wilhelm Büchner Hochschule, Darmstadt
Tagung WBH Wissenschaftsforum 2023 – “Transformation gestalten” Mehr
Einer US-amerikanischen Forschergruppe vom Berkeley Lab der University of California ist es gelungen, Mikroben so zu verändern, dass sie nachhaltiges, unendlich recycelbares Plastik herstellen. Das berichten die Wissenschaftler in der Fachzeitschrift Nature Sustainability.
“Wir haben gezeigt, dass 100 Prozent Bio in recycelbaren Kunststoffen möglich ist”, sagt Jeremy Demarteau, der im Projektteam für die Entwicklung von Biopolymeren zuständig ist. Darauf werde man sich nun konzentrieren. Derzeit liegt der Bio-Anteil bei rund 80 Prozent. Vier Jahre haben die Forscher an dem neuartigen Kunststoff gearbeitet.
Dafür werden den Wissenschaftlern zufolge keine fossilen Brennstoffe wie Erdöl benötigt. Stattdessen produzieren die Mikroben den biologischen Ausgangsstoff Polydiketoenamin (PDK). Es soll unbegrenzt recycelbar sein, ohne seine ursprüngliche Qualität zu verlieren. Zudem sei es deutlich hitzebeständiger als herkömmliche Kunststoffe.
Projektleiter Brett Helms ist überzeugt, dass es sich um einen wissenschaftlichen Durchbruch handelt. “Es ist das erste Mal, dass wir einen biologischen Vorteil gegenüber der Verwendung von Petrochemikalien sehen, sowohl in Bezug auf die Materialeigenschaften als auch auf die Kosten für die großtechnische Herstellung”, sagt Helms.
Der Chemiker Christian Sonnenecker und sein Team von der Universität Leipzig gehen den umgekehrten Weg. Auf einem Komposthaufen des Leipziger Friedhofs haben sie im Jahr 2021 das Enzym PHL7 entdeckt. Es kann PET rückstandsfrei zersetzt. Zumindest im Labor. Dort lösen sich reine PET-Flaschen in einer Enzymlösung innerhalb weniger Stunden auf – um im nächsten Schritt zu Granulat verarbeitet zu werden, aus dem wiederum eine neue Kunststoffflasche hergestellt werden kann.
Die umweltfreundliche Wiederverwertung von PET durch die Aktivität von Enzymen sei eine ökonomisch und ökologisch interessante Alternative zu Verbrennung, Deponierung oder rein chemischem Recycling, so die Forscher. Über ihre Fortschritte berichteten sie kürzlich in der Fachzeitschrift Nature. Bis 2030 soll die Technologie marktreif sein. Unternehmen wie BASF und Volkswagen hätten bereits Interesse bekundet. ch
Der Chef der Europäischen Weltraumorganisation (ESA), Josef Aschbacher, hat die Politik aufgefordert, Europas Führungsrolle bei der Bekämpfung des Klimawandels ernst zu nehmen. Das berichtete die Nachrichtenagentur Reuters. Die Aussage ist eine Reaktion auf die unsichere Finanzierung eines Programms für Klima-Satelliten der ESA: So diskutiert Großbritannien seit Monaten mit der EU darüber, ob und in welchem Umfang sich das Land in Zukunft an dem Satellitenprogramm der ESA beteiligt.
Die ESA beobachtet die Folgen der Erderwärmung, unter anderem mit dem Copernicus-Programm und den sogenannten Sentinel-Satelliten. Sie zeichnen wichtige Daten zum CO₂-Ausstoß und den globalen Land- und Meerestemperaturen auf. Eigentlich sollte das Programm ab 2026 um sechs weitere Satelliten ergänzt werden. Unter anderem wegen des Wegfalls der britischen Beiträge zur EU ist aber eine Finanzierungslücke von 721 Millionen Euro entstanden. Aschbacher sagte, bis spätestens Juni 2024 müsse eine Entscheidung über die Finanzierung des Copernicus-Programms fallen, sonst würden die Planungsabläufe beeinträchtigt. rtr/kul
Seit dem Inkrafttreten des amerikanischen IRA haben es europäische Wasserstoff-Unternehmen nach einem Medienbericht zunehmend schwer, an privates Kapital zu kommen. Im ersten Quartal 2022 hätten Projekte für grünen und kohlenstoffarmen Wasserstoff in der EU noch Wagniskapital in Höhe von 343 Millionen Euro angezogen und damit fast dreimal so viel wie in den USA, berichtete gestern die Financial Times. Seitdem hätten die Investitionen in den USA aber jene in Europa überholt, insgesamt seien sie 1,2 Milliarden Euro höher gewesen, wie Berechnungen des amerikanischen Think-Tanks Cleantech Group zeigen würden.
Der Inflation Reduction Act sichert Wasserstoff-Produzenten Steuervergünstigungen von bis zu drei Dollar pro Kilogramm Wasserstoff zu. “Dieses Gesetz bietet ein viel klareres, leichter verständliches Förderinstrument an“, hatte der CEO von Hydrogen Europe, Jorgo Chatzimarkakis, schon im vergangenen November im Interview mit Table.Media erklärt.
Ähnlich äußerte sich nun gegenüber der “FT” auch Energieexpertin Suzana Carp von der Cleantech Group. Durch die Antwort der EU auf den IRA entstehe zudem Konkurrenz um Födermittel zwischen Cleantech-Unternehmen einerseits und Branchen wie Rüstung, Digitales und Pharma andererseits. Der CEO von WindEurope, Giles Dickson, beklagte zudem, die Regierungen in den EU-Staaten machten nur sehr langsam Gebrauch von den gelockerten Beihilferegeln.
Erst vor wenigen Tagen hatte das Bundeswirtschaftsministerium den Beihilferahmen TCTF in nationales Recht umgesetzt. Die Arbeit an konkreten Förderrichtlinien für Produktionsstätten aus mehreren Branchen hält noch an. Für den Sommer kündigte das BMWK zunächst die Fertigstellung der Förderrichtlinie für Batterie-Zulieferer an, an der es schon länger arbeitet. ber
Tagesspiegel. Studierende machen Vorwürfe gegen weiteren Professor publik. Nach den Vorwürfen sexueller Belästigung gegen einen Dozenten der Humboldt-Universität weisen Studierendenvertreter auf einen weiteren mutmaßlichen Fall hin. Es geht um den Fall einer Wissenschaftlerin, die einen HU-Professor beschuldigt, sie auf einem Sommerfest sexuell belästigt zu haben. Der Mann soll auch weitere Studentinnen belästigt haben, behauptet die Frau. Die Universität bestätigte, dass Ermittlungen aufgenommen worden sind. Mehr
Spektrum.de. Wann ist eine Umfrage “repräsentativ”? In Politik und Medien werden Argumente oft auf “repräsentative Umfragen” gestützt. Experten finden das problematisch, weil “repräsentativ” in der Wissenschaft nicht definiert sei und zudem wissenschaftliche “Unverzerrtheit” suggeriere, sagt der Potsdamer Sozialforscher Ulrich Kohler. Das Problem: Ein wichtiges wissenschaftliches Gütekriterium wird oft nicht erfüllt: die Zufallsstichprobe. Jede Person aus der Grundgesamtheit muss demnach die gleiche Chance haben, an der Umfrage teilzunehmen. Tagesaktuelle Online-Umfragen erfüllen dieses Kriterium nicht. Mehr
RiffReporter. Wirtschaftsspionage: Ist es gefährlich, wenn der Dienstwagen aus China kommt? Junge Gründer und junggebliebene Unternehmen setzen auf Elektroautos als Dienstwagen. Eine große Bandbreite von E-Fahrzeugen kommt aus China. Experten der Bundeswehr warnen Technologiefirmen davor, auf Mobilität aus der Volksrepublik zu setzen, weil die Wagen mit so viel Sensorik ausgestattet sind, dass über Kameras, Mikrofone und Ortungssysteme auch Wirtschaftsspionage möglich ist. Besonders gefährdet sind laut Verfassungsschutz Branchen, die an Hochtechnologien arbeiten: Quantenforschung, Künstliche Intelligenz, Hyperschalltechnik, Überwachungs- und Biotechnologie. Mehr
The Economist. If it can be designed on a computer, it can be built by robots. “In 30 Jahren werden wir über eine Generation von Menschen lachen, die Produkte mit der Hand zusammengesteckt hat”, sagt Lior Susan. Susan ist Chef von Bright Machines einer Firma, die Software zur Automatisierung von Produktionsprozessen liefert. Das Zusammenspiel von neuartiger Software und der additiven Fertigung von Produktions-Hardware gibt Unternehmen neue Möglichkeiten. Politisch gesehen, kann das dazu führen, dass ins Ausland ausgelagerte Produktionsstätten wieder zurückgeholt werden, weil Roboter effizienter sind als die Arbeitskräfte dort. Mehr
Forschung und Lehre. Neue Forschungsanlage zu Windenergie gestartet. Einen Datenschatz für Wissenschaftler hat das Deutsche Luft- und Raumfahrtzentrum (DLR) bei der Einweihung der Wiwaldi-Forschungsanlage am Dienstag in Niedersachsen versprochen. Mit den Erkenntnissen sollen Windräder künftig effizienter und leiser werden. An der – laut DLR – “weltweit einzigartigen Großforschungsanlage” wird unter anderem an intelligenten Rotorblättern, sogenannten Smartblades, geforscht. Zudem wollen Wissenschaftler Windräder leiser machen, um deren Akzeptanz zu erhöhen. Mehr

KI kann helfen, teure und arbeitskraftintensive Branchen zu entlasten. Barbara Hammer forscht daran, Lecks in Wasserleitungen von Großstädten zu entdecken, ohne danach zu graben. Sie sieht das große Potenzial der KI, fürchtet sich aber vor Systemen, die sich nicht abschalten lassen.
Was genau erforschen Sie im Zusammenhang mit KI?
Als Professorin für Mathematik und Informatik vertrete ich den Bereich Maschinelles Lernen – und zwar von der Theorie bis in die Anwendung. Gerade arbeite ich mit meinem Team an einem großen internationalen Projekt WaterFutures, in dem wir uns mit KI-gestützten Lösungen für eine zuverlässige Trinkwasserversorgung in Städten beschäftigen. Anhand von Messdaten wollen wir mithilfe von KI automatisch erkennen, wo es in Trinkwasserleitungen Lecks gibt.
Da es uns derzeit nicht möglich ist, selbst in die Leitungen zu schauen, nutzen wir KI-Modelle und Sensoren. Durch das Messen von Druck und anderen Parametern kann die KI Vorhersagen darüber treffen, wo und wie groß ein Leck sein könnte. Da kommen am Ende viele Daten zusammen. Wie kann man diese komplexen Informationen in automatisierte Verfahren integrieren? Wie können wir sicherstellen, dass die KI immer verlässlich ist? Das sind unter anderem Fragen, mit denen ich mich beschäftige. Aber auch, welche Auswirkungen KI auf die Gesellschaft hat. Welche Konsequenzen gibt es für den einzelnen Menschen, für das soziale Gefüge?
Welche Chancen ergeben sich mit der KI?
Das Projekt zur Trinkwasserversorgung zeigt ziemlich gut, welches Potenzial die KI hat. Derzeit gehen 20 Prozent des Trinkwassers in der EU aufgrund von Lecks verloren. Gerade in Hinblick auf die voranschreitende Erderwärmung und bevorstehende Wasserknappheit ist das ein Riesenproblem. Bisher musste man graben und schauen, wo die Lecks sind – das ist allerdings eine sehr teure Herangehensweise. Dank KI-Modellen können wir in die Rohre hineinschauen, ohne physisch drin zu sein, indem wir eben mit Sensoren messen und eine KI trainieren, die genau sagen kann, wo sich ein Leck mutmaßlich befindet. Wir können so viel schneller reagieren und die betroffene Stelle gezielt reparieren. Und das ist nur ein Beispiel. KI eröffnet viele neue Chancen, um effizienter und nachhaltiger mit begrenzten Ressourcen umzugehen und wichtiges Wissen zu gewinnen. Dass KI eben solche Sachen ermöglichen kann, ist ein Riesengewinn.

Welche negativen Auswirkungen befürchten Sie?
Die Text-KI Chat-GPT ist ja gerade in aller Munde und wird bereits groß eingesetzt, zum Beispiel in sozialen Medien. KI wird auch zur Empfehlung von Texten genutzt und es gibt Bots, die Texte gezielt in sozialen Medien platzieren. Und da gibt es schon heute Fälle, wo vermutet wird, dass KI sehr starke negative Auswirkungen hat. Man sieht zum Beispiel, dass Vorurteile oder auch Lügen in sozialen Medien mithilfe von KI verbreitet werden.
Wie Algorithmen Hass schüren können, zeigt das bekannte Beispiel des Rohingya-Desasters. Das Tech-Unternehmen Facebook wurde beschuldigt, durch die Verstärkung von Vorurteilen und Falschinformationen maßgeblich zur Verfolgung der muslimischen Minderheit der Rohingya in Myanmar beigetragen zu haben. Ähnliche Bedenken bestehen auch in Hinblick von Bot-Einsätzen zur Manipulation von Wahlen, indem gezielt Informationen an Menschen weitergegeben werden, um ihre Meinung zugunsten einer Partei zu beeinflussen. Das ist demokratiegefährdend. Das Problem: Die Betreiber sozialer Medien haben natürlich in erster Linie wirtschaftliche Interessen; negative Auswirkungen etwa auf die Demokratie sind daher leicht möglich.
Ist KI denn überhaupt kontrollierbar?
Nicht wirklich. Es gibt ja Versuche wie den AI-Act der EU. Dieser verbietet etwa den Einsatz von KI in bestimmten Fällen, gerade in Bezug auf die Verletzung von Persönlichkeitsrechten. Zum Beispiel ist das systematische Tracking von Menschen durch KI und eine biometrische Identifizierung in öffentlichen Räumen in Europa verboten und das ist auch gut so. Auch in kritischen Bereichen wie in der Medizin ist es vorgeschrieben, dass eine menschliche Überprüfung vor Entscheidungen stattfindet, da KI eben Fehler machen kann. Und man muss KI in bestimmten Fällen abschalten können. Da ist die Frage, ob das überhaupt machbar ist. Man kennt ja die Dystopien, in denen sich KI vor der Abschaltung schützt und das ist nicht unrealistisch. Es ist wichtig, Mechanismen einzuführen, um solche Szenarien zu verhindern. Wir brauchen Regulierung, ethische Standards und Forschung, um den verantwortungsvollen Einsatz von KI zu gewährleisten.
Ein Blick in die Zukunft: Wo wird KI in 10 oder auch 20 Jahren selbstverständlich eingesetzt werden?
Ich würde sagen überall, angefangen vom Privatleben, wenn wir unsere Smartphones bedienen, über Kunst und Kultur bis hin zu Journalismus, Lehre, Industrie. Viele Arbeitsfelder werden sich in Zukunft revolutionieren und das ist meiner Meinung nach auch eine große Chance. Wir haben ja einen Arbeitskräftemangel in Deutschland, sei es in der Pflege oder im industriellen Sektor. Wir werden KI daher in Zukunft brauchen, um überhaupt voranzukommen.
KI kann Tätigkeiten automatisieren, die zum Beispiel Pflegende entlasten. Diese können sich wieder mehr auf das Zwischenmenschliche fokussieren, das derzeit viel zu kurz kommt. KI wird die Menschen auch nicht ersetzen können, gerade im sozialen Bereich, wie beispielsweise Lehrer und Lehrerinnen in der Schule. Das ist auch nicht erstrebenswert. KI wird auch kreative Berufe erreichen und vieles einfacher machen, gerade im Bereich der Virtual Reality. Und trotzdem hat die KI ihre Grenzen: Live-Konzerte, Theater, Musicals – all das wird KI auch auf lange Sicht nicht erreichen können. Elena Matera
Barbara Hammer ist Professorin für Mathematik und Informatik. Seit 2010 leitet sie den Lehrstuhl für Maschinelles Lernen an der Universität Bielefeld und das standortübergreifende Graduiertenkolleg Data NInJA. Sie forscht außerdem am Joint Artificial Intelligence Institute (JAII) und war Gastforscherin an verschiedenen internationalen Instituten, unter anderem an der Rutgers University, dem CAIR in Bangalore und der University of Birmingham. In diesem Jahr hat Barbara Hammer das erste Fellowship des Lamarr-Instituts für Maschinelles Lernen und Künstliche Intelligenz erhalten.
Die Texte der Table.Media-Serie “Der globale Wettlauf um Künstliche Intelligenz” finden Sie hier.
Ingmar Weber, Humboldt-Professor für Künstliche Intelligenz, und Daniela Braun, Professorin für Politikwissenschaft, übernehmen die Leitung des neuen “Interdisciplinary Institute for Societal Computing (I2SC)” an der Universität des Saarlandes. Das Institut fördert die interdisziplinäre Forschung an der Saar-Universität zwischen Sozial-, Geistes- und Computerwissenschaften.
Peter Neubauer erhält den mit knapp 2 Millionen US-Dollar dotierten “Agilent Thought Leader Award”. An der TU Berlin hat er in den vergangenen Jahren ein KI-Zukunftslabor für automatisierte Bioprozessentwicklung aufgebaut.
Thomas Klinger tritt zum 1. Oktober 2023 seine neue Position als Wissenschaftlicher Direktor des Alfried Krupp Wissenschaftskollegs Greifswald an.
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Bildung.Table. Startchancen: Union befürchtet Doppelstrukturen. Nach einer kleinen Anfrage schlägt die Unionsfraktion Alarm: die Programme für Startchancen und “Schule macht stark” doppeln sich. Damit steht ein weiteres Fragezeichen hinter dem Vorzeigeprojekt der Ampel-Regierung. Mehr
Europe.Table. Ökologische Landwirtschaft: Wie sinnvoll ist das 25-Prozent-Ziel? Mit dem Aktionsplan Ökologische Landwirtschaft verfolgt die EU-Kommission das Ziel, den Bio-Anteil an der Lebensmittelproduktion bis 2030 von derzeit unter zehn auf 25 Prozent zu steigern. Es zeichnet sich jedoch ab, dass die Ziele so gut wie nicht mehr zu erreichen sind. Und es gibt Zweifel an der Sinnhaftigkeit. Mehr
Agrifood.Table. “Neue Züchtungstechnologien müssen nutzbar gemacht werden”. Christine Schneider, Abgeordnete im EU-Parlament für die EVP, sieht große Chancen, den Einsatz von Pestiziden und Düngemitteln zu reduzieren und widerstandsfähigere Pflanzen zu erhalten. Sie fordert im Interview, klar zwischen Gentechnik und neuen Züchtungstechnologien zu unterscheiden. Mehr

Die 50. Ausgabe Research.Table! Was für ein schönes erstes Jubiläum nach unserem Start im Januar und was für ein aufregendes Jahr für Forschung und Wissenschaft bislang: Zeitenwende in der Forschung, Skandal bei der Fraunhofer-Gesellschaft und Wechsel an der Spitze, Streit um das WissZeitVG, Hype um die Kernfusion, das Sprind-Freiheitsgesetz, 75 Jahre Max-Planck-Gesellschaft, die Zivilklausel bröckelt, EFI-Gutachten und Zukunftsstrategie, Sanierungsstau bei den Hochschulen, Kürzungen bei Exist, und, und, und.
Da muss man doch auch mal kurz durchatmen und genießen dürfen. In der Redaktion war schnell klar: Wenn wir könnten, würden wir all unseren Leserinnen und Lesern eine Festtagstorte oder zumindest einen sommerlichen Kuchen backen. Aber Schuster bleib bei deinen Leisten: Wir konzentrieren uns lieber darauf, Ihnen zweimal in der Woche spannende und tiefgehende Analysen, aktuelle News und viele Informationen zu den Themen Forschungspolitik und Innovationsmanagement zu liefern.
Ganz ohne Kuchen wollen wir dieses Dessert aber trotzdem nicht schicken. Wir haben zumindest ein Lieblingsrezept für Sie – die Wahl der Redaktion ist auf Stachelbeer-Baiser gefallen. Ein Klassiker, der niemals alt wird. So stellen wir uns die Zukunft des Research.Table auch vor!
Und wie bleibt die Torte möglichst lange frisch? Auch dazu hat die Wissenschaft geliefert: Wer aus dem Kuchen in gewohnter Weise ein dreieckiges Stück herausschneidet, macht es “ganz falsch”, schrieb schon der Mathematiker Francis Galton 1906 in “Nature”. Sein Lösungsvorschlag: Der Kuchen muss so geschnitten werden, dass sich die verbleibenden Teile nahtlos zusammen fügen lassen. Aber sehen Sie selbst! Wir bemühen uns, auch in den nächsten 50 Ausgaben und darüber hinaus frisch zu bleiben und bedanken uns für ihre Neugier! Bleiben Sie uns gewogen. Tim Gabel