es ist ein Brain Gain auf hoher Ebene: An die Spitze der Helmholtz-Gemeinschaft tritt in fast genau einem Jahr ein deutscher Wissenschaftler und Forschungsmanager, der nach seiner Promotion im Jahr 1996 seine Zukunft in den USA sah – und dann dort blieb. Nun hat sich Martin Keller, Direktor des US-amerikanischen National Renewable Energy Laboratory (NREL), entschieden, nach Deutschland zurückzukehren.
Der 59-Jährige wird nichts Geringeres als Präsident der größten deutschen Wissenschaftsorganisation, der Helmholtz-Gemeinschaft. In Zahlen: 18 Forschungszentren, 46.000 Beschäftigte und ein Budget von mehr als sechs Milliarden Euro, davon mehr als vier Milliarden grundfinanziert. Keller folgt auf Otmar D. Wiestler, der seit September 2015 Helmholtz-Präsident ist. Er scheidet 2025 satzungsgemäß nach zwei Amtszeiten aus.
Über die Personalie und dass es ein Rückkehrer ist, wurde hinter den Kulissen bereits geraunt, nachdem sich die Mitgliederversammlung in der vergangenen Woche für ihn entschieden hatte. Heute hat der Senat getagt und ebenfalls grünes Licht gegeben.
Zurzeit finden gängige Suchmaschinen eher den ehemaligen deutschen Leichtathleten Martin Keller als den Direktor des NREL. Das dürfte sich spätestens mit dem Amtsantritt im nächsten Jahr ändern. Natürlich müssen Sie nicht warten, um das Wichtigste über den gebürtigen Regensburger zu erfahren. Table.Briefings hat exklusiv vorab mit ihm gesprochen – und unter anderem in Erfahrung gebracht, wie “amerikanisch” es bei Helmholtz künftig werden soll.
Ich wünsche eine gute Lektüre, danach können Sie sich auf die morgige reguläre Ausgabe des Research.Table freuen.
Ihre Anne Brüning
Analyse
Wechsel bei Helmholtz: Das ist der designierte neue Präsident
Er wird 2025 Präsident der Helmholtz-Gemeinschaft: Martin Keller (59), seit 2015 Direktor des National Renewable Energy Laboratory (NREL) in den USA.
Nach zwei Amtszeiten von Otmar D. Wiestler steht an der Spitze der Helmholtz-Gemeinschaft ein Wechsel bevor: Zum 1. November 2025 wird Martin Keller Präsident der größten deutschen Wissenschaftsorganisation. Die Mitgliederversammlung, die sich aus den Vorständen der 18 Helmholtz-Zentren zusammensetzt, hatte den Mikrobiologen und Direktor des US-amerikanischen National Renewable Energy Laboratory (NREL) in der vergangenen Woche einstimmig zur Wahl vorgeschlagen. In seiner Sitzung am heutigen Mittwoch hat sich nun auch der extern besetzte Senat der Organisation einstimmig für Keller entschieden.
Er freue sich über die frühzeitige Entscheidung über seine Nachfolge, sagte Wiestler. “Martin Keller ist eine strategisch agierende Forscherpersönlichkeit, die sich mutig über Fachgrenzen hinwegbewegt und es versteht, in großen Teams komplexe Herausforderungen anzugehen und zu lösen.”
Die Personalie dürfte selbst viele Kenner der hiesigen Wissenschaftsszene überraschen, denn Martin Keller hat sich vor allem auf der anderen Seite des Atlantiks als Forschungsmanager einen Namen gemacht. Der 59-Jährige lebt und arbeitet seit fast 30 Jahren in den USA. Das NREL, ein nationales Forschungsinstitut im Verantwortungsbereich des Energieministeriums und mit Sitz in Golden im US-Bundesstaat Colorado, leitet er seit 2015.
“Helmholtz kann auch international eine Vorreiterrolle einnehmen”
Als ihn im Sommer die Anfrage erreichte, ob er sich vorstellen könne, Präsident der Helmholtz-Gemeinschaft zu werden, sei er fast sprachlos vor Überraschung gewesen, berichtet Keller im Gespräch mit Table.Briefings. “Das Angebot ehrt mich und ich sehe es als große Chance, wissenschaftlichen Impact zu erzielen. Denn darauf kommt es mir an.”
Die Helmholtz-Gemeinschaft sei bestens aufgestellt, sagt er. Die sechs strategischen Forschungsbereiche Energie, Erde und Umwelt, Gesundheit, Information, Luftfahrt, Raumfahrt und Verkehr sowie Materie seien “genau die Themen, die uns in der Wissenschaft in den nächsten 15 bis 20 Jahren beschäftigen werden”. Wegweisend findet er den integrativen Ansatz, diese Forschungsbereiche miteinander zu verknüpfen.
“In dieser Hinsicht kann die Helmholtz-Gemeinschaft auch international eine Vorreiterrolle einnehmen.” Ihm gehe es um die großen Herausforderungen, betont er. “Unser Planet hat viele Probleme. Da brauchen wir die besten Leute und die besten Kooperationen weltweit, um die Probleme zu lösen.”
“Nicht von politischen Strömungen leiten lassen”
In den USA ist er nach all den Jahren nicht nur beruflich etabliert, sondern auch verwurzelt. Die drei inzwischen erwachsenen Kinder haben dort studiert und teils selbst Familien gegründet. Zwei Enkelkinder gibt es bereits. Seine Entscheidung, zusammen mit seiner Frau Sibylle nach Deutschland zurückzukehren, habe nichts mit der politischen Situation in den USA und möglichen negativen Entwicklungen nach den Präsidentschaftswahlen zu tun. “Ich denke als Wissenschaftler langfristig und versuche, mich nicht von politischen Strömungen leiten lassen.”
Zum vom Trump-Lager beschworenen “Deep State” zähle er ohnehin nicht. “An den National Laboratories haben wir keinen Beamtenstatus. Sie sind nach dem GOCO-Modell aufgebaut, also “Government-owned, Contractor-operated.” Hinter dem NREL zum Beispiel stehe das Unternehmen Alliance of Sustainable Energy, das vom Energieministerium Aufträge erhält und sein Arbeitgeber ist.
Mehr Flexibilität ermöglichen
Keller hat sowohl die US-amerikanische als auch die deutsche Staatsangehörigkeit. Gefragt nach amerikanischen Strukturen oder Mindsets, die er gerne nach Deutschland importieren möchte, nennt Keller das Stichwort Flexibilität. “Am NREL verhandeln wir das Budget Jahr für Jahr. Ein großer Vorteil der außeruniversitären Forschung in Deutschland ist die langfristige Förderung. Sie erschwert es jedoch zugleich, bei Bedarf kurzfristig umstrukturieren zu können.”
Künstliche Intelligenz sei ein gutes Beispiel dafür. “Vor fünf Jahren hat kaum jemand darüber gesprochen, jetzt beeinflusst es alles.” Bei der Helmholtz-Gemeinschaft möchte er erreichen, “aufbauend auf die langfristige Förderung, mehr Flexibilität zu ermöglichen”.
Bürokratie abbauen
Kurzfristigen Entscheidungen steht aus Kellers Sicht auch die Bürokratie im Wege, die er in Deutschland als hemmend empfindet – für die Wissenschaft, aber auch für die Industrie. “Ich würde bei der Helmholtz-Gemeinschaft gerne einen Prozess anstoßen, bei dem wir gemeinsam schauen, ob gewisse Vorgänge und Richtlinien sich vereinfachen lassen. Auch das hilft dabei, agil und flexibel sein.”
Martin Keller hat in seiner Geburtsstadt Regensburg Biologie studiert und im Fach Mikrobiologe promoviert. Anstatt eine Habilitation anzustreben, zog es ihn 1996 in die USA zu dem Biotech-Unternehmen Diversa in San Diego. Bevor er zum NREL wechselte, war er zehn Jahre am Oak Ridge National Laboratory im Bundesstaat Tennessee tätig und leitete die Energie-, Bio- und Umweltforschungsprogramme.
Im Aufsichtsrat des Forschungszentrums Jülich
Mit Helmholtz-Zentren stand Keller zum einen in seiner Funktion als NREL-Chef in Kontakt. Außerdem gehört er dem Aufsichtsrat und dem Wissenschaftlichen Beirat des Forschungszentrums Jülich an. Am NREL ist er Chef von 4.200 Mitarbeitern und verfügt über ein Jahresbudget von einer Milliarde US-Dollar. Keller hat viele Kooperationen mit der Industrie in die Wege geleitet. In seiner Amtszeit haben sich Budget und Personal verdreifacht, berichtet er.
Nun an die Spitze der Helmholtz-Gemeinschaft zu treten, sieht er als Krönung seiner beruflichen Laufbahn. Seine Devise jedoch, zugleich auch sein Rat an den wissenschaftlichen Nachwuchs: “Never plan your career, plan your impact.”
es ist ein Brain Gain auf hoher Ebene: An die Spitze der Helmholtz-Gemeinschaft tritt in fast genau einem Jahr ein deutscher Wissenschaftler und Forschungsmanager, der nach seiner Promotion im Jahr 1996 seine Zukunft in den USA sah – und dann dort blieb. Nun hat sich Martin Keller, Direktor des US-amerikanischen National Renewable Energy Laboratory (NREL), entschieden, nach Deutschland zurückzukehren.
Der 59-Jährige wird nichts Geringeres als Präsident der größten deutschen Wissenschaftsorganisation, der Helmholtz-Gemeinschaft. In Zahlen: 18 Forschungszentren, 46.000 Beschäftigte und ein Budget von mehr als sechs Milliarden Euro, davon mehr als vier Milliarden grundfinanziert. Keller folgt auf Otmar D. Wiestler, der seit September 2015 Helmholtz-Präsident ist. Er scheidet 2025 satzungsgemäß nach zwei Amtszeiten aus.
Über die Personalie und dass es ein Rückkehrer ist, wurde hinter den Kulissen bereits geraunt, nachdem sich die Mitgliederversammlung in der vergangenen Woche für ihn entschieden hatte. Heute hat der Senat getagt und ebenfalls grünes Licht gegeben.
Zurzeit finden gängige Suchmaschinen eher den ehemaligen deutschen Leichtathleten Martin Keller als den Direktor des NREL. Das dürfte sich spätestens mit dem Amtsantritt im nächsten Jahr ändern. Natürlich müssen Sie nicht warten, um das Wichtigste über den gebürtigen Regensburger zu erfahren. Table.Briefings hat exklusiv vorab mit ihm gesprochen – und unter anderem in Erfahrung gebracht, wie “amerikanisch” es bei Helmholtz künftig werden soll.
Ich wünsche eine gute Lektüre, danach können Sie sich auf die morgige reguläre Ausgabe des Research.Table freuen.
Ihre Anne Brüning
Analyse
Wechsel bei Helmholtz: Das ist der designierte neue Präsident
Er wird 2025 Präsident der Helmholtz-Gemeinschaft: Martin Keller (59), seit 2015 Direktor des National Renewable Energy Laboratory (NREL) in den USA.
Nach zwei Amtszeiten von Otmar D. Wiestler steht an der Spitze der Helmholtz-Gemeinschaft ein Wechsel bevor: Zum 1. November 2025 wird Martin Keller Präsident der größten deutschen Wissenschaftsorganisation. Die Mitgliederversammlung, die sich aus den Vorständen der 18 Helmholtz-Zentren zusammensetzt, hatte den Mikrobiologen und Direktor des US-amerikanischen National Renewable Energy Laboratory (NREL) in der vergangenen Woche einstimmig zur Wahl vorgeschlagen. In seiner Sitzung am heutigen Mittwoch hat sich nun auch der extern besetzte Senat der Organisation einstimmig für Keller entschieden.
Er freue sich über die frühzeitige Entscheidung über seine Nachfolge, sagte Wiestler. “Martin Keller ist eine strategisch agierende Forscherpersönlichkeit, die sich mutig über Fachgrenzen hinwegbewegt und es versteht, in großen Teams komplexe Herausforderungen anzugehen und zu lösen.”
Die Personalie dürfte selbst viele Kenner der hiesigen Wissenschaftsszene überraschen, denn Martin Keller hat sich vor allem auf der anderen Seite des Atlantiks als Forschungsmanager einen Namen gemacht. Der 59-Jährige lebt und arbeitet seit fast 30 Jahren in den USA. Das NREL, ein nationales Forschungsinstitut im Verantwortungsbereich des Energieministeriums und mit Sitz in Golden im US-Bundesstaat Colorado, leitet er seit 2015.
“Helmholtz kann auch international eine Vorreiterrolle einnehmen”
Als ihn im Sommer die Anfrage erreichte, ob er sich vorstellen könne, Präsident der Helmholtz-Gemeinschaft zu werden, sei er fast sprachlos vor Überraschung gewesen, berichtet Keller im Gespräch mit Table.Briefings. “Das Angebot ehrt mich und ich sehe es als große Chance, wissenschaftlichen Impact zu erzielen. Denn darauf kommt es mir an.”
Die Helmholtz-Gemeinschaft sei bestens aufgestellt, sagt er. Die sechs strategischen Forschungsbereiche Energie, Erde und Umwelt, Gesundheit, Information, Luftfahrt, Raumfahrt und Verkehr sowie Materie seien “genau die Themen, die uns in der Wissenschaft in den nächsten 15 bis 20 Jahren beschäftigen werden”. Wegweisend findet er den integrativen Ansatz, diese Forschungsbereiche miteinander zu verknüpfen.
“In dieser Hinsicht kann die Helmholtz-Gemeinschaft auch international eine Vorreiterrolle einnehmen.” Ihm gehe es um die großen Herausforderungen, betont er. “Unser Planet hat viele Probleme. Da brauchen wir die besten Leute und die besten Kooperationen weltweit, um die Probleme zu lösen.”
“Nicht von politischen Strömungen leiten lassen”
In den USA ist er nach all den Jahren nicht nur beruflich etabliert, sondern auch verwurzelt. Die drei inzwischen erwachsenen Kinder haben dort studiert und teils selbst Familien gegründet. Zwei Enkelkinder gibt es bereits. Seine Entscheidung, zusammen mit seiner Frau Sibylle nach Deutschland zurückzukehren, habe nichts mit der politischen Situation in den USA und möglichen negativen Entwicklungen nach den Präsidentschaftswahlen zu tun. “Ich denke als Wissenschaftler langfristig und versuche, mich nicht von politischen Strömungen leiten lassen.”
Zum vom Trump-Lager beschworenen “Deep State” zähle er ohnehin nicht. “An den National Laboratories haben wir keinen Beamtenstatus. Sie sind nach dem GOCO-Modell aufgebaut, also “Government-owned, Contractor-operated.” Hinter dem NREL zum Beispiel stehe das Unternehmen Alliance of Sustainable Energy, das vom Energieministerium Aufträge erhält und sein Arbeitgeber ist.
Mehr Flexibilität ermöglichen
Keller hat sowohl die US-amerikanische als auch die deutsche Staatsangehörigkeit. Gefragt nach amerikanischen Strukturen oder Mindsets, die er gerne nach Deutschland importieren möchte, nennt Keller das Stichwort Flexibilität. “Am NREL verhandeln wir das Budget Jahr für Jahr. Ein großer Vorteil der außeruniversitären Forschung in Deutschland ist die langfristige Förderung. Sie erschwert es jedoch zugleich, bei Bedarf kurzfristig umstrukturieren zu können.”
Künstliche Intelligenz sei ein gutes Beispiel dafür. “Vor fünf Jahren hat kaum jemand darüber gesprochen, jetzt beeinflusst es alles.” Bei der Helmholtz-Gemeinschaft möchte er erreichen, “aufbauend auf die langfristige Förderung, mehr Flexibilität zu ermöglichen”.
Bürokratie abbauen
Kurzfristigen Entscheidungen steht aus Kellers Sicht auch die Bürokratie im Wege, die er in Deutschland als hemmend empfindet – für die Wissenschaft, aber auch für die Industrie. “Ich würde bei der Helmholtz-Gemeinschaft gerne einen Prozess anstoßen, bei dem wir gemeinsam schauen, ob gewisse Vorgänge und Richtlinien sich vereinfachen lassen. Auch das hilft dabei, agil und flexibel sein.”
Martin Keller hat in seiner Geburtsstadt Regensburg Biologie studiert und im Fach Mikrobiologe promoviert. Anstatt eine Habilitation anzustreben, zog es ihn 1996 in die USA zu dem Biotech-Unternehmen Diversa in San Diego. Bevor er zum NREL wechselte, war er zehn Jahre am Oak Ridge National Laboratory im Bundesstaat Tennessee tätig und leitete die Energie-, Bio- und Umweltforschungsprogramme.
Im Aufsichtsrat des Forschungszentrums Jülich
Mit Helmholtz-Zentren stand Keller zum einen in seiner Funktion als NREL-Chef in Kontakt. Außerdem gehört er dem Aufsichtsrat und dem Wissenschaftlichen Beirat des Forschungszentrums Jülich an. Am NREL ist er Chef von 4.200 Mitarbeitern und verfügt über ein Jahresbudget von einer Milliarde US-Dollar. Keller hat viele Kooperationen mit der Industrie in die Wege geleitet. In seiner Amtszeit haben sich Budget und Personal verdreifacht, berichtet er.
Nun an die Spitze der Helmholtz-Gemeinschaft zu treten, sieht er als Krönung seiner beruflichen Laufbahn. Seine Devise jedoch, zugleich auch sein Rat an den wissenschaftlichen Nachwuchs: “Never plan your career, plan your impact.”