Table.Briefing: Security

Deutscher Verteidigungsetat: Zu wenig für die Bundeswehr + Britischer Verteidigungsetat: Labour-Minister will 2,5 Prozent vom BIP

Liebe Leserin, lieber Leser,

eine Faustregel beim Umgang mit Geld heißt: Gib nicht mehr als die Hälfte deines Budgets für Fixkosten aus. Die Bundeswehr tut genau das. Allein 57 Prozent des gesamten Verteidigungshaushalts fließen in den Erhalt des Grundbetriebs. Bleibt alles so, mag Deutschland zwar das Zwei-Prozent-Ziel erreichen. Warum das der Bundeswehr nicht hilft, hat Thomas Wiegold aufgeschlüsselt.

Großbritannien denkt da größer, 2,5 Prozent des Bruttoinlandprodukts wolle man bis 2030 für die Verteidigung ausgeben, die oberste sicherheitspolitische Priorität habe die europäische Sicherheit, sagte der neue Verteidigungsminister John Healy. Henning Hoff stellt den Labour-Mann vor und hat recherchiert, wie wahrscheinlich es ist, dass Großbritannien diese Ankündigungen halten kann.

In den News werfen wir noch einen Blick in die USA. Die US-Republikaner haben Donald Trump offiziell zu ihrem Präsidentschaftskandidaten gemacht. In ihrem neuen Parteiprogramm wird der russische Angriffskrieg auf die Ukraine kein einziges Mal erwähnt. Währenddessen starten Polen und die Ukraine eine Rekrutierungsoffensive für Legionäre. Außerdem reist Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu kommende Woche nach Washington.

Ihre
Lisa-Martina Klein
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Analyse

Warum das Zwei-Prozent-Ziel allein der Bundeswehr nicht hilft

Boris Pistorius ist nicht glücklich mit dem, was ihm Olaf Scholz und Christian Lindner für den Verteidigungshaushalt zugestehen.

Der umstrittene Mitflug des CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz in einem Eurofighter der Luftwaffe hat der Öffentlichkeit eines vor Augen geführt – unabhängig davon, wie man diesen Mitflug politisch bewertet: Die Kosten der Bundeswehr sind schon im Grundbetrieb immens. 111.242,38 Euro fallen für eine Flugstunde dieses Hightech-Waffensystems an, ob nun ein Politiker mit an Bord ist oder nur Soldaten im Cockpit sitzen. Der Spritverbrauch ist da noch das wenigste, die enorme Ausgabe fällt – rechnerisch – für die Wartung des komplexen Flugzeugs an.

Was bei Kampfjets wie dem Eurofighter am stärksten auffällt, zieht sich quer durch technisierte Streitkräfte. Ob Flugzeuge, Schiffe, Panzer oder ihr Personal: Den Großteil ihres Geldes gibt die Bundeswehr dafür aus, den Betrieb am Laufen zu halten.

Großer Sprung im Verteidigungshaushalt erst 2028

Doch wenn das Bundeskabinett an diesem Mittwoch den Entwurf für den Haushalt des kommenden Jahres und für die Finanzplanung der nächsten Jahre beschließt, wird der Verteidigungsminister voraussichtlich nicht nur für 2025 weniger Geld bekommen als gefordert. Bundeskanzler Olaf Scholz hat gemeinsam mit Finanzminister Christian Lindner deutlich gemacht, dass auch für 2026 und 2027 keine deutliche Erhöhung zu erwarten ist. Verteidigungsminister Boris Pistorius hatte für den Verteidigungshaushalt 6,5 bis sieben Milliarden Euro mehr gefordert, Scholz und Lindner gestehen ihm für Haushalt von knapp 52 Milliarden Euro 2024 nur einen Aufwuchs auf 53,25 Milliarden Euro zu, 1,25 Milliarden Euro und damit 2,5 Prozent. Und auf diesem Niveau -mit einer leichten Anhebung um 250 Millionen Euro 2027 – soll der Wehretat auch in den Folgejahren bleiben. Erst 2028, wenn das Sondervermögen für die Bundeswehr ausgelaufen ist, soll der große Sprung auf 80 Milliarden Euro kommen, fast 30 Milliarden mehr als im kommenden Jahr.

Dass Pistorius darauf dringt, neben dem Sondervermögen von 100 Milliarden Euro eine absehbare und ausreichende Erhöhung des eigentlichen Verteidigungshaushalts zu bekommen, liegt unter anderem daran, dass das Sondervermögen in erster Linie für neue Beschaffungen vorgesehen ist.

57 Prozent des Wehretats sind Betriebsausgaben

Wohin das Geld sonst noch fließt, zeigt sich in der “Schichtung nach Aufgabenbereichen”, wie sie das Verteidigungsministerium den Abgeordneten des Bundestags in den Vorbereitungen für die Haushaltsentscheidungen regelmäßig vorlegt. Für 2023 zum Beispiel bezifferte das Wehrressort den Anteil der Betriebsausgaben auf knapp 57 Prozent des gesamten Verteidigungsetats: 28,3 Prozent Personalausgaben, knapp elf Prozent für die “Materialerhaltung” und 18 Prozent für Ausgaben wie Sprit, aber auch die Mieten, die die Bundeswehr für ihre Kasernen regelmäßig an die Bundesanstalt für Immobilienausgaben überweisen muss.

Hinzu kommen mehr als 13 Prozent “Versorgungsausgaben”, im Klartext: die Pensionszahlungen an ausgeschiedene Berufssoldaten und Beamte der Wehrverwaltung. Und die steigen, wie auch die eigentlichen Personalausgaben, mit jeder Erhöhung der Bezüge im öffentlichen Dienst. Zwischen 20 und 30 Prozent, je nach Projekten von Jahr zu Jahr unterschiedlich, bleiben da für die “investiven Ausgaben” übrig, im Wesentlichen die Entwicklung und Beschaffung von neuem Gerät. Und da muss, wie auch bei den Betriebskosten, die Inflation der kommenden Jahre mit eingerechnet werden.

Zahlreiche Kosten kommen nicht direkt den Streitkräften zugute

Diese Aufschlüsselung macht deutlich, warum der Verteidigungsminister allein aus der Zusicherung von Bundeskanzler Scholz, die deutschen Verteidigungsausgaben würden dauerhaft bei zwei Prozent der Wirtschaftsleistung oder darüber liegen, nur begrenzt auf eine ausreichende Finanzierung der Bundeswehr hoffen kann. Zwar deckt das Sondervermögen derzeit einen großen Teil der Ausgaben für die Beschaffung neuer Ausrüstung und Ausstattung ab.

Aber neben diesem faktisch nur bis 2027 verfügbaren Sondertopf gehen auch zahlreiche Kosten in die Berechnung der an die Nato gemeldeten Verteidigungsausgaben ein, die nicht direkt den Streitkräften zugutekommen. Dazu gehören die – zugegeben geringen – Ausgaben für die Wehrbeauftragte des Bundestages, der “Aufwand für Friedenserhaltung und Konfliktbewältigung” in den Etats von Auswärtigem Amt und Entwicklungshilfeministerium, die “Verteidigungslasten im Zusammenhang mit dem Aufenthalt ausländischer Streitkräfte” oder die “Ertüchtigung von Partnerstaaten im Bereich Sicherheit, Verteidigung und Stabilisierung”, in erster Linie die Ukraine.

Dass Pistorius diese Aussichten als ärgerlich bezeichnete, weil er dann “bestimmte Dinge nicht in der Geschwindigkeit anstoßen kann, wie es Zeitenwende und Bedrohungslage erforderlich machen”, ist nicht überraschend. Über das Wehrressort hinaus wird aber die gesamte Bundesregierung mit dem Problem umgehen müssen, den Verteidigungsetat nach moderaten Erhöhungen in den nächsten drei Jahren dann plötzlich aufzustocken. Vom Ziel, den Wehretat über die Jahre “anzuböschen”, wie es im Ministerium heißt, scheint keine Rede mehr zu sein. “Irgendwann wird der Einzelplan durch die Decke gehen”, hatte ein hochrangiger Ministerialer schon im vergangenen Jahr gewarnt. “Die Treppe wird sehr steil.”

  • Bundeswehr
  • Haushalt
  • Verteidigungshaushalt
  • Wehrbeauftragte
  • Zwei-Prozent-Ziel
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Britische Verteidigungspolitik unter Labour: Kontinuität und ambitionierte Ziele

In der britischen Sicherheitspolitik ist “Kontinuität” die Hauptbotschaft der neuen Labour-Regierung von Premierminister Keir Starmer. Die britische Unterstützung für die Ukraine sei “eisern” (“ironclad”, also absolut sicher), bekundete der seit dem 5. Juli amtierende Verteidigungsminister John Healey bereits im Mai bei einem Besuch in Kiew. Und: “Die europäische Sicherheit wird unsere oberste außen- und sicherheitspolitische Priorität sein.”

Dass dem so ist, unterstrich Healey gleich am zweiten Tag im Amt – mit einer Reise nach Odessa. Dort verkündete er das nächste britische Hilfspaket für die Ukraine, darunter 90 “Brimstone”-Präzisionsraketen, eine Viertelmillion Schuss für schwere Maschinengewehre, 50 Kleinboote für Operationen auf Flüssen und in Küstennähe sowie 40 Minenräumfahrzeuge.

Healey strebt 2,5 Prozent des BIP für Verteidigungsausgaben an

Zuvor hatte Healey in einer kurzen Antrittsrede im britischen Verteidigungsministerium die Marschroute vorgegeben: Die Streitkräfte von Großbritannien seien 14 Jahre lang “ausgehöhlt und unterfinanziert” worden. Das gelte es zu ändern. Er stehe “vollkommen” zu dem Ziel, 2,5 Prozent des britischen Bruttoinlandprodukts für Verteidigung aufzuwenden. (Diesem Wert entsprach übrigens der britische Verteidigungshaushalt, als die Labour-Partei 2010 abgewählt wurde.) An Großbritanniens Festhalten an der Nato, der eigenen nuklearen Abschreckung und der Hilfe für die Ukraine sei nicht zu rütteln.

Dies sind im Grunde die gleichen Ziele, die die Vorgängerregierung von Rishi Sunak verfolgte – nur dass sie es bei der “Ambition” stetig steigender Verteidigungsausgaben beließ und das 2,5-Prozent-Ziel für 2030 in Aussicht stellte. Der letzte Haushalt der Sunak-Regierung, der im April verabschiedet wurde, sah leicht sinkende Verteidigungsausgaben für das Haushaltsjahr 2023/24 von 52,4 Milliarden britische Pfund vor, gegenüber 56,3 Milliarden Pfund 2022/23. Hinzu kommen jährlich rund vier Milliarden Pfund einer von 2020/21 bis 2024/25 laufenden Sonderzulage von insgesamt 16,5 Milliarden Pfund. Der starke Aufwuchs hin zu 87 Milliarden Pfund im Haushaltsjahr 2030/31 sollte erst in den kommenden Jahren einsetzen.

Angespannte finanzielle Lage setzt Etaterhöhung Grenzen

Da sich die finanzielle Lage nach einem ersten Eindruck der neuen Finanzministerin Rachel Reeves eher noch dramatischer darstellt als gedacht (“Wir sind in der finanziell schlechtesten Lage seit Ende des Zweiten Weltkriegs”), wird es Healey nicht leichtfallen, das Ziel in den Haushaltsplanungen der neuen Regierung sicher zu verankern. Vor der Abreise zum Nato-Jubiläumsgipfel in Washington hatte Healey eine Bestandsaufnahme (“Strategic Defence Review”) angekündigt, verbunden mit der Ankündigung, das 2,5-Prozent-Ziel “so schnell wie möglich” erreichen zu wollen.

Healey, der seit 2020 als “Schattenverteidigungsminister” der Labour-Partei für das Portfolio zuständig ist, verfügt im Gegensatz zu vielen seiner Kabinettskolleginnen und -kollegen über Regierungserfahrung. Unter dem letzten Labour-Premierminister Gordon Brown war der heute 64-Jährige als Staatssekretär für Regionalangelegenheiten (2007-2010) und später für Wohnungsbau und Planung zuständig (2010-2011). Unter Tony Blair war er zuvor unter anderem im Finanzministerium tätig.

Landstreitkräften fehlt das Personal

Wohl auch deshalb gilt Healeys besonderes Augenmerk einem Umbau seines Ministry of Defence (MOD), um diverse Missstände zu beseitigen, die die Verteidigungspolitik seit Jahren überschatten: Die britischen Landstreitkräfte sind heute zahlenmäßig so klein wie seit den napoleonischen Kriegen nicht mehr; die Rekrutierung, ausgelagert an privatwirtschaftliche Unternehmen, verfehlt Jahr für Jahr die Personalstärkenziele; Rüstungsprojekte laufen regelmäßig aus dem Ruder und führen zur Verschwendung von Steuergeldern; die Zufriedenheit unter den Soldatinnen und Soldaten fällt auf immer neue Tiefstände.

Healey will dies mit Strukturreformen und neuen Posten beheben. “Ich bin der Überzeugung, dass sich das MOD verändern muss, um den Herausforderungen einer gefährlicheren Welt begegnen zu können”, sagte Healey in einer Rede im Februar beim Thinktank Policy Exchange. Abhilfe soll eine “voll funktionstüchtige militärstrategische Zentrale” (Military Strategic Headquarters/MSHQ) im Ministerium bringen, die direkt dem Minister sowie dem Verwaltungschef und dem Chief of the Defence Staff, Großbritanniens oberstem Soldaten, unterstellt ist. Dies soll die britische Verteidigungspolitik besser in die Lage versetzen, auf Bedrohungen zu reagieren, die strategische Richtung vorzugeben sowie strategische Entscheidungen zu fällen.

Missstände bei Beschaffung sollen behoben werden

Zudem plant Healey, die Chefs der Teilstreitkräfte zukünftig für vier statt zwei Jahre zu ernennen, um mehr Kontinuität herzustellen. Der Posten eines neu zu schaffenden Rüstungsdirektors (National Armament Director, NAD) soll zudem Missstände bei der Beschaffung beheben, diese in den Domänen Land, Luft, See, Cyber und Weltraum enger koordinieren und so Dopplungen und Verschwendung eindämmen.

An Ehrgeiz und Ideen mangelt es dem neuen britischen Verteidigungsminister nicht. Und dass die Labour-Regierung sich auf die Verteidigung Europas konzentriert, lässt sich auch an zwei geplanten Vertragswerken ablesen, die im Hintergrund seit einiger Zeit vorbereitet werden: ein Sicherheitsabkommen mit der EU, das Großbritannien dem Brexit zum Trotz wieder enger an die EU-Strukturen heranführen würde, und ein bilaterales Abkommen mit Deutschland.

Letzteres würde eine wichtige Lücke in einem wichtigen europäischen Verteidigungsdreieck schließen: Die militärischen Sonderbeziehungen, die zwischen Berlin und Paris aufgrund von Elysée- (1963) und Aachener Vertrag (2020) und zwischen Paris und London auf Basis der Erklärung von Saint Malo (1998) und dem Lancaster-House-Abkommen (2010) bestehen, bekämen ihre deutsch-britische Entsprechung. Davon könnte nicht zuletzt die Bundeswehr profitieren.

  • Großbritannien
  • Nato
  • Verteidigungspolitik
  • Weltraum
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News

Das sind die republikanischen Prioritäten für die US-Außenpolitik

Unter dem Eindruck des Attentats auf Ex-Präsident Donald Trump hat am Montag der Nominierungsparteitag der Republikaner in Milwaukee (Wisconsin) begonnen. Zu den Sicherheitsvorkehrungen sagte der SPD-Bundestagsabgeordnete Metin Hakverdi, der deren Parteitag als Beobachter besucht, zu Table.Briefings, dass etwa die Online-Anmeldemöglichkeiten zu Events zunächst abgeschaltet worden seien. “Die Sicherheitsvorkehrungen hier sind sehr hart und wurden nochmal verstärkt”, so Hakverdi. Dass dort Trump mit der notwendigen Mehrheit der Delegierten zum Präsidentschaftskandidaten gewählt wurde, war eine Formalie.

Am Dienstag und Mittwoch diskutieren die Republikaner außen- und sicherheitspolitische Fragen. Ein Blick auf das neue Parteiprogramm, das auf dem Parteitag der US-Republikaner in Wisconsin beschlossen werden soll, legt die Prioritäten der Konservativen dar. Weniger entscheidend als das, was drin steht, ist dabei das, was nicht drin steht. Mit keinem Wort wird auf den russischen Angriffskrieg in der Ukraine eingegangen.

Das zeigt: Die Differenzen innerhalb der Republikanischen Partei sind bei der Ukraine-Frage besonders groß: Eine kleine, laute isolationistische Strömung will die Unterstützung für die Ukraine komplett einstellen und verbreitet teilweise pro-russische Propaganda. Ein größerer Teil, vertreten durch Politiker wie J.D. Vance, möchte die militärischen Investitionen der USA von Europa nach Asien verlagern, um China entgegenzuwirken. Der größte Teil der Partei will die Ukraine weiter unterstützen und gleichzeitig den Fokus auf China legen; es bleibt dennoch unklar, inwiefern sie sich im Wahlkampf durchsetzen können. Am Montagabend deutscher Zeit ernannte der frühere Trump J.D. Vance als seinen Vizekandidaten.

Auf dem 16-Seiten kurzen Programm lässt sich größtenteils Trumps politische Position und Stimme herauslesen. “Um die Sicherheit des amerikanischen Volkes zu gewährleisten, braucht es ein starkes Amerika”, heißt es darin. Das beinhaltet neben einer Stärkung und Modernisierung der Armee auch, “Allianzen” zu stärken.

Europa muss seinen Beitrag zur Nato erhöhen

Die Republikaner wollen dafür sorgen, dass “die Verbündeten ihren Verpflichtungen nachkommen, in unsere gemeinsame Verteidigung zu investieren”, heißt es in dem Programm. Ohne, dass es konkret ausbuchstabiert wird, ist klar, dass es hier um die Beiträge der Europäer an die Nato geht. Trump hat wiederholt gedroht, dass er Nato-Mitglieder nicht vor Russland schützen werde, “wenn ihr nicht zahlt” und damit große Sorge über die amerikanische Rolle innerhalb des Bündnisses verbreitet.

China findet im Gegensatz zu Russland mehrmals explizite Erwähnung in dem kurzen Umriss der außen- und sicherheitspolitischen Prioritäten. Die Republikaner wollen “China entgegentreten”. Über Parteigrenzen hinweg wird die Wahrscheinlichkeit einer Konfrontation mit China als deutlich höher eingeschätzt als hierzulande. Auch die Demokraten sehen die Notwendigkeit, dass politische und militärische Ressourcen stärker in den Indopazifik verlagert werden.

Israel ist das einzige Land, das laut Programm explizit unterstützt werden soll. “Wir werden an der Seite Israels stehen und den Frieden im Nahen Osten anstreben.” wp/bub

  • Geopolitik
  • Trump 2024
  • USA

Ukraine und Polen starten Rekrutierungsoffensive für die Front

Polens Premier Donald Tusk und der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj haben vorige Woche ein bilaterales Sicherheitsabkommen unterzeichnet, das die militärische Zusammenarbeit Polens mit der Ukraine vertiefen soll. Beide Länder beschlossen unter anderem die Bildung einer freiwilligen Ukrainischen Legion, die von Warschau ausgerüstet und für den Fronteinsatz in der Ukraine trainiert werden soll.

Der Startschuss steht kurz bevor. “Wir wollen in Kürze die technische Vereinbarung unterzeichnen, die alle Details festzurren wird”, sagte Polens Verteidigungsminister Wladyslaw Kosiniak-Kamysz auf dem Nato-Gipfel in Washington. Die konkrete Rekrutierung der Freiwilligen sollen die Ukrainer organisieren, die Ausbildung werden polnische Instrukteure übernehmen. Darin haben die Polen bereits viel Erfahrung: “Polen hat bereits 20.000 ukrainische Soldaten auf seinem Territorium ausgebildet”, sagte der Verteidigungsminister.

Legion steht auch Frauen offen

Polens Außenminister Radosław Sikorski sprach auf dem Gipfel von Tausenden ukrainischen Freiwilligen, die der Legion beitreten wollten. Sie seien bereit zu kämpfen, “wollen aber nicht ohne adäquate Ausbildung und Ausrüstung in den Kampf geschickt werden”, behauptete Sikorski. Die künftigen Legionäre können einen Vertrag mit den ukrainischen Streitkräften unterzeichnen – und sollen nach ihrem Fronteinsatz zurück nach Polen ausreisen dürfen.

Der ukrainische Verteidigungsminister Rustem Umerow appellierte auf seinem Facebook-Account an alle in Europa lebenden Ukrainer: “Wir rufen alle Ukrainer in Europa auf, sich der Ukrainischen Legion anzuschließen. Ihr Beitrag zu unserem Kampf für Freiheit und Unabhängigkeit ist von unschätzbarem Wert.” Allein in Polen und in Deutschland halten sich gegenwärtig etwa 2,2 Millionen ukrainische Kriegsflüchtlinge auf, davon etwa 250.000 Männer im wehrfähigen Alter. Der Beitritt zu der Legion, die in Bydgoszcz stationiert wird, steht aber auch Frauen offen.

Ukrainische Streitkräfte starten Rekrutierungsoffensive in Europa

Die Legion ist nicht die einzige Einheit der ukrainischen Armee, die mit der Rekrutierung ihrer Landsleute im Ausland beginnt. Auch die 3. Unabhängige Sturmbrigade der ukrainischen Streitkräfte, eine der bekanntesten Kampfeinheiten des Landes, hat eine Rekrutierungsoffensive in Europa gestartet. Sie kündigte eine “Euro-Tour” an, bei der ihre Vertreter Warschau, Breslau, Berlin, Hamburg, Prag und Vilnius besuchen werden.

Auf ihrer Facebook-Seite heißt es: “Wir sind alle Ukrainer. Aber nirgendwo werden wir so leben wie in unserer Heimat. Dies ist eine Chance, mehr über die 3. Sturmbrigade zu erfahren und Ihren Platz in diesem Kampf zu finden.” ar

  • Nato
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  • Ukraine-Krieg

Nahostkonflikt: Warum Biden Netanjahu kommende Woche in Washington empfängt

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu trifft sich kommenden Montag in Washington mit US-Präsident Joe Biden. Es ist das erste Treffen der beiden seit dem Terrorangriff der palästinensischen Hamas auf den Süden Israels im Oktober 2023. Netanjahu wird zwei Tage später in einer gemeinsamen Sitzung von Senat und Repräsentantenhaus bei den US-Kongressabgeordneten für weitere Unterstützung des israelischen Krieges gegen die Hamas werben.

Nach dem mutmaßlichen Angriff auf Hamas-Militärführer Mohammed Deif in Khan Yunis im Gazastreifen am Samstag versuchte Netanjahu, Sorge vor einem Scheitern der Verhandlungen um eine Feuerpause und die Freilassung israelischer Geiseln zu zerstreuen. “Ich bin keinen Millimeter von dem Rahmen abgewichen, den Präsident Biden vorgelegt hat”, sagte er auf einer Pressekonferenz in Jerusalem. “Aber ich lasse auch nicht zu, dass sich die Hamas einen Millimeter bewegt.”

Hamas sendet gemischte Signale zur Fortführung von Verhandlungen

Neben Deif soll auch der hohe Hamas-Kommandeur Rafa Salama Ziel des Angriffs gewesen sein, teilten Vertreter von israelischer Armee und des Inlandsgeheimdienstes Shin Bet am Wochenende mit. Nach palästinensischen Angaben wurden beim Bombardement des im Westen von Khan Yunis gelegenen Hamas-Compounds durch die israelische Luftwaffe mehr als 90 Menschen getötet; Salama war nach Angaben des israelischen Militärs unter ihnen. Ob Deif überlebte, war am Montag weiter unklar.

Auch über eine Beendigung der von Katar, Ägypten und den USA vermittelten Verhandlungen zwischen der Hamas und Israel herrschte am Montag Unklarheit. So wies Izzat al-Rishq, Mitglied des Hamas-Politbüros, einen Nachrichtenbericht zurück, wonach die Gruppe beschlossen habe, die Gespräche einzustellen. Al-Rishq sagte am Sonntag in einer offiziellen Erklärung, der Bericht sei “nicht wahr und unbegründet”. mrb

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  • Nahost
  • USA

Must-Reads

Internationale Politik: How Europe Should React to Shifts in US Ukraine Policy. Die US-amerikanische Unterstützung für die Ukraine ist unverzichtbar. Derweil spaltet die Debatte die nationale Politik. Eine weitere Amtszeit Donald Trumps könnte hier eine Zäsur bedeuten. Dominik Tolksdorf von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DAGP) beschreibt hier verschiedene mögliche Szenarien.

The Diplomat: Japan’s Defense White Paper Sounds Alarm Over China, North Korea, Russia. In ihrem am Freitag erschienenen Whitepaper warnt die Regierung in Tokio vor dem wachsenden Risiko, dass in Ostasien eine ähnliche Situation wie bei Russlands Invasion der Ukraine eintreten könnte. Japan sei mit dem schwierigsten und komplexesten Sicherheitsumfeld seit Ende des Zweiten Weltkriegs konfrontiert, heißt es in dem Papier, über das The Diplomat berichtet.

Financial Times: How the war in Ukraine is reviving Russia’s rustbelt. Russland bereitet sich auf einen langen Krieg in der Ukraine vor. Durch staatliche Aufträge zur Bewaffnung und Versorgung der Armee fließen riesige Geldsummen in die Wirtschaft. Trotz westlicher Sanktionen wird Russlands Wirtschaft in diesem Jahr voraussichtlich um drei Prozent wachsen – weit mehr als die der USA und der meisten EU-Staaten.

Foreign Affairs: The Dangerous Push for Israeli-Saudi Normalization. Dieser Kommentar verfolgt die These, dass die USA Israel dazu bewegen müssten, nicht nur einen Waffenstand mit der Hamas sicherzustellen, sondern zudem einen langfristigen Plan für die Zukunft des Gazastreifens vorzulegen. Dieser soll ermöglichen, gemeinsam mit dem Westjordanland eine palästinensische Staatlichkeit zu schaffen.

Stiftung Wissenschaft und Politik: Unsichtbare Besatzung – Die Türkei und Russland in Libyen. Westliche Regierungen werfen Russland und der Türkei vor, mit ihren Militäreinsätzen Libyen zu destabilisieren. Doch im Alltag sei deren Präsenz dort kaum spürbar, da beide Mächte gezielte Zurückhaltung übten, heißt es in diesem Papier der SWP.

Standpunkt

Pistorius’ Wehrdienst-Vorschlag geht nicht weit genug

Reinhard Brandl
Der CSU-Bundestagsabgeordnete Reinhard Brandl plädiert für eine Wehrpflicht nach schwedischem Modell.

Der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine hat uns auf dramatische Weise vorgeführt, dass wir nicht nur mehr Material und Geld für die Bundeswehr brauchen. Armeen müssen auch weiterhin auf umfassende personelle Ressourcen zurückgreifen können, um in einem großen Konflikt bestehen zu können. Gerade gut ausgebildete Reservistinnen und Reservisten haben hier eine überragende Bedeutung.

Die Bundeswehr schafft es aber absehbar nicht, die festgelegte Zielgröße von 203.000 Soldatinnen und Soldaten zu gewinnen. Vielmehr stagniert der Personalbestand bei etwas über 180.000 aktiven Soldaten. Ich habe große Zweifel, dass selbst mit größer werdenden Anreizsystemen diese Zahl auf rein freiwilliger Basis signifikant steigt. Demografischer Wandel, Fachkräftemangel und die gesteigerte Konkurrenz mit anderen Arbeitgebern sprechen für sich.

Die Ankündigung von Verteidigungsminister Boris Pistorius vor Weihnachten 2023, Dienstpflichtmodelle prüfen zu wollen, war vor diesem Hintergrund sehr zu begrüßen. Sie erschien nur konsequent nach seiner Forderung einer kriegstüchtigen Bundeswehr. Aber auch nach seiner Feststellung, dass er die Aussetzung der Wehrpflicht rückblickend für einen Fehler halte, sowie der Erkenntnis seines Generalinspekteurs, dass Russland die Nato bereits in fünf Jahren wieder konventionell herausfordern könne.

Pistorius’ Vorschlag ist ein freiwilliger Wehrdienst XXL

Grundsätzlich folgt Pistorius’ Vorschlag zur Wiedereinführung eines Wehrdienstes einem schlüssigen Plan. Dennoch: Mehr als ein halbes Jahr nach der Ankündigung eines Pflichtdienstes bleibt nur ein aufpolierter Freiwilligendienst übrig. Der Verteidigungsminister fällt damit klar hinter die eigenen Ankündigungen zurück. Eine klare gesetzliche Verpflichtung zum Wehrdienst fehlt.

Das hat Systematik: Vollmundig kündigt Boris Pistorius viel an. Am Ende bohrt er trotzdem nur die dünnen Bretter – auch weil er vom Bundeskanzler und der Ampel das rote Stopplicht gezeigt bekommt. So wie bei seiner Forderung nach zehn Milliarden Euro mehr für den Verteidigungshaushalt für das Jahr 2024 (am Ende wurden es gerade mal 1,8 Milliarden Euro). Treffend betitelt daher den populärsten Ampel-Politiker als “Scheinharten”. Frei nach dem Motto: Große Klappe, nichts dahinter!

In der Gesamtschau wird einmal mehr deutlich: Mit der Zeitenwende ist es der Ampel nicht so ernst, wie sie immer vorzugeben scheint.

Ganz ohne Verpflichtung wird es nicht mehr gehen

Die Wiedereinführung eines Wehrpflichtmodells sollte sich an den Notwendigkeiten der Bedrohungslage orientieren. Konzepte, die zu jahrelangen Debatten ohne Ergebnisse führen, können wir uns angesichts der Gefahr durch Russland nicht leisten. Die Beschlusslage der CSU, die Wehrpflicht – etwa im Stile des schwedischen Modells – zunächst nur für Männer zu reaktivieren und wiedereinzuführen, mag zwar altmodisch klingen. Sie ist aber einfach gesetzlich regelbar und schnell umsetzbar.

Auf dieser Basis könnte dann eine politische Diskussion zur Änderung von Artikel 12 des Grundgesetzes und zur Einbeziehung von Frauen geführt werden, die den Weg zum verpflichtenden Gesellschaftsjahr, wie es die CDU fordert, bereitet. Ja, auch das geht nicht alles über Nacht. Es bräuchte genauso eine Verwaltung, die den verpflichtenden Dienst organisiert. Es bedarf der nötigen Infrastruktur, ausreichend Ausrüstung und deutlich mehr Geld. Die Bundeswehr müsste identifizieren, wo Wehrpflichtige über den bloßen numerischen Gewinn hinaus sinnvoll einsetzbar sind. Letztlich muss für unsere Sicherheit aber der militärische Bedarf die bestimmende Größe sein.

Ein Wehrpflichtmodell ähnlich dem Schwedens ist sinnvoll. Mit reiner Freiwilligkeit werden wir es nicht schaffen, die personelle Decke in der Bundeswehr angemessen zu verbreitern. 1955 ist es mit der Gründung der Bundeswehr unter ungleich schwierigeren Rahmenbedingungen auch gelungen, innerhalb kürzester Zeit eine Wehrpflichtarmee aus der Taufe zu heben. Heute geht es nur um eine Ergänzung personeller Strukturen.

Reinhard Brandl (CSU) ist Mitglied des Bundestags-Verteidigungsausschusses und des Gremiums Sondervermögen “Bundeswehr”.

  • Bundeswehr
  • Wehrpflicht

Security.Table Redaktion

SECURITY.TABLE REDAKTION

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    Großbritannien denkt da größer, 2,5 Prozent des Bruttoinlandprodukts wolle man bis 2030 für die Verteidigung ausgeben, die oberste sicherheitspolitische Priorität habe die europäische Sicherheit, sagte der neue Verteidigungsminister John Healy. Henning Hoff stellt den Labour-Mann vor und hat recherchiert, wie wahrscheinlich es ist, dass Großbritannien diese Ankündigungen halten kann.

    In den News werfen wir noch einen Blick in die USA. Die US-Republikaner haben Donald Trump offiziell zu ihrem Präsidentschaftskandidaten gemacht. In ihrem neuen Parteiprogramm wird der russische Angriffskrieg auf die Ukraine kein einziges Mal erwähnt. Währenddessen starten Polen und die Ukraine eine Rekrutierungsoffensive für Legionäre. Außerdem reist Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu kommende Woche nach Washington.

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    Boris Pistorius ist nicht glücklich mit dem, was ihm Olaf Scholz und Christian Lindner für den Verteidigungshaushalt zugestehen.

    Der umstrittene Mitflug des CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz in einem Eurofighter der Luftwaffe hat der Öffentlichkeit eines vor Augen geführt – unabhängig davon, wie man diesen Mitflug politisch bewertet: Die Kosten der Bundeswehr sind schon im Grundbetrieb immens. 111.242,38 Euro fallen für eine Flugstunde dieses Hightech-Waffensystems an, ob nun ein Politiker mit an Bord ist oder nur Soldaten im Cockpit sitzen. Der Spritverbrauch ist da noch das wenigste, die enorme Ausgabe fällt – rechnerisch – für die Wartung des komplexen Flugzeugs an.

    Was bei Kampfjets wie dem Eurofighter am stärksten auffällt, zieht sich quer durch technisierte Streitkräfte. Ob Flugzeuge, Schiffe, Panzer oder ihr Personal: Den Großteil ihres Geldes gibt die Bundeswehr dafür aus, den Betrieb am Laufen zu halten.

    Großer Sprung im Verteidigungshaushalt erst 2028

    Doch wenn das Bundeskabinett an diesem Mittwoch den Entwurf für den Haushalt des kommenden Jahres und für die Finanzplanung der nächsten Jahre beschließt, wird der Verteidigungsminister voraussichtlich nicht nur für 2025 weniger Geld bekommen als gefordert. Bundeskanzler Olaf Scholz hat gemeinsam mit Finanzminister Christian Lindner deutlich gemacht, dass auch für 2026 und 2027 keine deutliche Erhöhung zu erwarten ist. Verteidigungsminister Boris Pistorius hatte für den Verteidigungshaushalt 6,5 bis sieben Milliarden Euro mehr gefordert, Scholz und Lindner gestehen ihm für Haushalt von knapp 52 Milliarden Euro 2024 nur einen Aufwuchs auf 53,25 Milliarden Euro zu, 1,25 Milliarden Euro und damit 2,5 Prozent. Und auf diesem Niveau -mit einer leichten Anhebung um 250 Millionen Euro 2027 – soll der Wehretat auch in den Folgejahren bleiben. Erst 2028, wenn das Sondervermögen für die Bundeswehr ausgelaufen ist, soll der große Sprung auf 80 Milliarden Euro kommen, fast 30 Milliarden mehr als im kommenden Jahr.

    Dass Pistorius darauf dringt, neben dem Sondervermögen von 100 Milliarden Euro eine absehbare und ausreichende Erhöhung des eigentlichen Verteidigungshaushalts zu bekommen, liegt unter anderem daran, dass das Sondervermögen in erster Linie für neue Beschaffungen vorgesehen ist.

    57 Prozent des Wehretats sind Betriebsausgaben

    Wohin das Geld sonst noch fließt, zeigt sich in der “Schichtung nach Aufgabenbereichen”, wie sie das Verteidigungsministerium den Abgeordneten des Bundestags in den Vorbereitungen für die Haushaltsentscheidungen regelmäßig vorlegt. Für 2023 zum Beispiel bezifferte das Wehrressort den Anteil der Betriebsausgaben auf knapp 57 Prozent des gesamten Verteidigungsetats: 28,3 Prozent Personalausgaben, knapp elf Prozent für die “Materialerhaltung” und 18 Prozent für Ausgaben wie Sprit, aber auch die Mieten, die die Bundeswehr für ihre Kasernen regelmäßig an die Bundesanstalt für Immobilienausgaben überweisen muss.

    Hinzu kommen mehr als 13 Prozent “Versorgungsausgaben”, im Klartext: die Pensionszahlungen an ausgeschiedene Berufssoldaten und Beamte der Wehrverwaltung. Und die steigen, wie auch die eigentlichen Personalausgaben, mit jeder Erhöhung der Bezüge im öffentlichen Dienst. Zwischen 20 und 30 Prozent, je nach Projekten von Jahr zu Jahr unterschiedlich, bleiben da für die “investiven Ausgaben” übrig, im Wesentlichen die Entwicklung und Beschaffung von neuem Gerät. Und da muss, wie auch bei den Betriebskosten, die Inflation der kommenden Jahre mit eingerechnet werden.

    Zahlreiche Kosten kommen nicht direkt den Streitkräften zugute

    Diese Aufschlüsselung macht deutlich, warum der Verteidigungsminister allein aus der Zusicherung von Bundeskanzler Scholz, die deutschen Verteidigungsausgaben würden dauerhaft bei zwei Prozent der Wirtschaftsleistung oder darüber liegen, nur begrenzt auf eine ausreichende Finanzierung der Bundeswehr hoffen kann. Zwar deckt das Sondervermögen derzeit einen großen Teil der Ausgaben für die Beschaffung neuer Ausrüstung und Ausstattung ab.

    Aber neben diesem faktisch nur bis 2027 verfügbaren Sondertopf gehen auch zahlreiche Kosten in die Berechnung der an die Nato gemeldeten Verteidigungsausgaben ein, die nicht direkt den Streitkräften zugutekommen. Dazu gehören die – zugegeben geringen – Ausgaben für die Wehrbeauftragte des Bundestages, der “Aufwand für Friedenserhaltung und Konfliktbewältigung” in den Etats von Auswärtigem Amt und Entwicklungshilfeministerium, die “Verteidigungslasten im Zusammenhang mit dem Aufenthalt ausländischer Streitkräfte” oder die “Ertüchtigung von Partnerstaaten im Bereich Sicherheit, Verteidigung und Stabilisierung”, in erster Linie die Ukraine.

    Dass Pistorius diese Aussichten als ärgerlich bezeichnete, weil er dann “bestimmte Dinge nicht in der Geschwindigkeit anstoßen kann, wie es Zeitenwende und Bedrohungslage erforderlich machen”, ist nicht überraschend. Über das Wehrressort hinaus wird aber die gesamte Bundesregierung mit dem Problem umgehen müssen, den Verteidigungsetat nach moderaten Erhöhungen in den nächsten drei Jahren dann plötzlich aufzustocken. Vom Ziel, den Wehretat über die Jahre “anzuböschen”, wie es im Ministerium heißt, scheint keine Rede mehr zu sein. “Irgendwann wird der Einzelplan durch die Decke gehen”, hatte ein hochrangiger Ministerialer schon im vergangenen Jahr gewarnt. “Die Treppe wird sehr steil.”

    • Bundeswehr
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    • Wehrbeauftragte
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    Britische Verteidigungspolitik unter Labour: Kontinuität und ambitionierte Ziele

    In der britischen Sicherheitspolitik ist “Kontinuität” die Hauptbotschaft der neuen Labour-Regierung von Premierminister Keir Starmer. Die britische Unterstützung für die Ukraine sei “eisern” (“ironclad”, also absolut sicher), bekundete der seit dem 5. Juli amtierende Verteidigungsminister John Healey bereits im Mai bei einem Besuch in Kiew. Und: “Die europäische Sicherheit wird unsere oberste außen- und sicherheitspolitische Priorität sein.”

    Dass dem so ist, unterstrich Healey gleich am zweiten Tag im Amt – mit einer Reise nach Odessa. Dort verkündete er das nächste britische Hilfspaket für die Ukraine, darunter 90 “Brimstone”-Präzisionsraketen, eine Viertelmillion Schuss für schwere Maschinengewehre, 50 Kleinboote für Operationen auf Flüssen und in Küstennähe sowie 40 Minenräumfahrzeuge.

    Healey strebt 2,5 Prozent des BIP für Verteidigungsausgaben an

    Zuvor hatte Healey in einer kurzen Antrittsrede im britischen Verteidigungsministerium die Marschroute vorgegeben: Die Streitkräfte von Großbritannien seien 14 Jahre lang “ausgehöhlt und unterfinanziert” worden. Das gelte es zu ändern. Er stehe “vollkommen” zu dem Ziel, 2,5 Prozent des britischen Bruttoinlandprodukts für Verteidigung aufzuwenden. (Diesem Wert entsprach übrigens der britische Verteidigungshaushalt, als die Labour-Partei 2010 abgewählt wurde.) An Großbritanniens Festhalten an der Nato, der eigenen nuklearen Abschreckung und der Hilfe für die Ukraine sei nicht zu rütteln.

    Dies sind im Grunde die gleichen Ziele, die die Vorgängerregierung von Rishi Sunak verfolgte – nur dass sie es bei der “Ambition” stetig steigender Verteidigungsausgaben beließ und das 2,5-Prozent-Ziel für 2030 in Aussicht stellte. Der letzte Haushalt der Sunak-Regierung, der im April verabschiedet wurde, sah leicht sinkende Verteidigungsausgaben für das Haushaltsjahr 2023/24 von 52,4 Milliarden britische Pfund vor, gegenüber 56,3 Milliarden Pfund 2022/23. Hinzu kommen jährlich rund vier Milliarden Pfund einer von 2020/21 bis 2024/25 laufenden Sonderzulage von insgesamt 16,5 Milliarden Pfund. Der starke Aufwuchs hin zu 87 Milliarden Pfund im Haushaltsjahr 2030/31 sollte erst in den kommenden Jahren einsetzen.

    Angespannte finanzielle Lage setzt Etaterhöhung Grenzen

    Da sich die finanzielle Lage nach einem ersten Eindruck der neuen Finanzministerin Rachel Reeves eher noch dramatischer darstellt als gedacht (“Wir sind in der finanziell schlechtesten Lage seit Ende des Zweiten Weltkriegs”), wird es Healey nicht leichtfallen, das Ziel in den Haushaltsplanungen der neuen Regierung sicher zu verankern. Vor der Abreise zum Nato-Jubiläumsgipfel in Washington hatte Healey eine Bestandsaufnahme (“Strategic Defence Review”) angekündigt, verbunden mit der Ankündigung, das 2,5-Prozent-Ziel “so schnell wie möglich” erreichen zu wollen.

    Healey, der seit 2020 als “Schattenverteidigungsminister” der Labour-Partei für das Portfolio zuständig ist, verfügt im Gegensatz zu vielen seiner Kabinettskolleginnen und -kollegen über Regierungserfahrung. Unter dem letzten Labour-Premierminister Gordon Brown war der heute 64-Jährige als Staatssekretär für Regionalangelegenheiten (2007-2010) und später für Wohnungsbau und Planung zuständig (2010-2011). Unter Tony Blair war er zuvor unter anderem im Finanzministerium tätig.

    Landstreitkräften fehlt das Personal

    Wohl auch deshalb gilt Healeys besonderes Augenmerk einem Umbau seines Ministry of Defence (MOD), um diverse Missstände zu beseitigen, die die Verteidigungspolitik seit Jahren überschatten: Die britischen Landstreitkräfte sind heute zahlenmäßig so klein wie seit den napoleonischen Kriegen nicht mehr; die Rekrutierung, ausgelagert an privatwirtschaftliche Unternehmen, verfehlt Jahr für Jahr die Personalstärkenziele; Rüstungsprojekte laufen regelmäßig aus dem Ruder und führen zur Verschwendung von Steuergeldern; die Zufriedenheit unter den Soldatinnen und Soldaten fällt auf immer neue Tiefstände.

    Healey will dies mit Strukturreformen und neuen Posten beheben. “Ich bin der Überzeugung, dass sich das MOD verändern muss, um den Herausforderungen einer gefährlicheren Welt begegnen zu können”, sagte Healey in einer Rede im Februar beim Thinktank Policy Exchange. Abhilfe soll eine “voll funktionstüchtige militärstrategische Zentrale” (Military Strategic Headquarters/MSHQ) im Ministerium bringen, die direkt dem Minister sowie dem Verwaltungschef und dem Chief of the Defence Staff, Großbritanniens oberstem Soldaten, unterstellt ist. Dies soll die britische Verteidigungspolitik besser in die Lage versetzen, auf Bedrohungen zu reagieren, die strategische Richtung vorzugeben sowie strategische Entscheidungen zu fällen.

    Missstände bei Beschaffung sollen behoben werden

    Zudem plant Healey, die Chefs der Teilstreitkräfte zukünftig für vier statt zwei Jahre zu ernennen, um mehr Kontinuität herzustellen. Der Posten eines neu zu schaffenden Rüstungsdirektors (National Armament Director, NAD) soll zudem Missstände bei der Beschaffung beheben, diese in den Domänen Land, Luft, See, Cyber und Weltraum enger koordinieren und so Dopplungen und Verschwendung eindämmen.

    An Ehrgeiz und Ideen mangelt es dem neuen britischen Verteidigungsminister nicht. Und dass die Labour-Regierung sich auf die Verteidigung Europas konzentriert, lässt sich auch an zwei geplanten Vertragswerken ablesen, die im Hintergrund seit einiger Zeit vorbereitet werden: ein Sicherheitsabkommen mit der EU, das Großbritannien dem Brexit zum Trotz wieder enger an die EU-Strukturen heranführen würde, und ein bilaterales Abkommen mit Deutschland.

    Letzteres würde eine wichtige Lücke in einem wichtigen europäischen Verteidigungsdreieck schließen: Die militärischen Sonderbeziehungen, die zwischen Berlin und Paris aufgrund von Elysée- (1963) und Aachener Vertrag (2020) und zwischen Paris und London auf Basis der Erklärung von Saint Malo (1998) und dem Lancaster-House-Abkommen (2010) bestehen, bekämen ihre deutsch-britische Entsprechung. Davon könnte nicht zuletzt die Bundeswehr profitieren.

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    Das sind die republikanischen Prioritäten für die US-Außenpolitik

    Unter dem Eindruck des Attentats auf Ex-Präsident Donald Trump hat am Montag der Nominierungsparteitag der Republikaner in Milwaukee (Wisconsin) begonnen. Zu den Sicherheitsvorkehrungen sagte der SPD-Bundestagsabgeordnete Metin Hakverdi, der deren Parteitag als Beobachter besucht, zu Table.Briefings, dass etwa die Online-Anmeldemöglichkeiten zu Events zunächst abgeschaltet worden seien. “Die Sicherheitsvorkehrungen hier sind sehr hart und wurden nochmal verstärkt”, so Hakverdi. Dass dort Trump mit der notwendigen Mehrheit der Delegierten zum Präsidentschaftskandidaten gewählt wurde, war eine Formalie.

    Am Dienstag und Mittwoch diskutieren die Republikaner außen- und sicherheitspolitische Fragen. Ein Blick auf das neue Parteiprogramm, das auf dem Parteitag der US-Republikaner in Wisconsin beschlossen werden soll, legt die Prioritäten der Konservativen dar. Weniger entscheidend als das, was drin steht, ist dabei das, was nicht drin steht. Mit keinem Wort wird auf den russischen Angriffskrieg in der Ukraine eingegangen.

    Das zeigt: Die Differenzen innerhalb der Republikanischen Partei sind bei der Ukraine-Frage besonders groß: Eine kleine, laute isolationistische Strömung will die Unterstützung für die Ukraine komplett einstellen und verbreitet teilweise pro-russische Propaganda. Ein größerer Teil, vertreten durch Politiker wie J.D. Vance, möchte die militärischen Investitionen der USA von Europa nach Asien verlagern, um China entgegenzuwirken. Der größte Teil der Partei will die Ukraine weiter unterstützen und gleichzeitig den Fokus auf China legen; es bleibt dennoch unklar, inwiefern sie sich im Wahlkampf durchsetzen können. Am Montagabend deutscher Zeit ernannte der frühere Trump J.D. Vance als seinen Vizekandidaten.

    Auf dem 16-Seiten kurzen Programm lässt sich größtenteils Trumps politische Position und Stimme herauslesen. “Um die Sicherheit des amerikanischen Volkes zu gewährleisten, braucht es ein starkes Amerika”, heißt es darin. Das beinhaltet neben einer Stärkung und Modernisierung der Armee auch, “Allianzen” zu stärken.

    Europa muss seinen Beitrag zur Nato erhöhen

    Die Republikaner wollen dafür sorgen, dass “die Verbündeten ihren Verpflichtungen nachkommen, in unsere gemeinsame Verteidigung zu investieren”, heißt es in dem Programm. Ohne, dass es konkret ausbuchstabiert wird, ist klar, dass es hier um die Beiträge der Europäer an die Nato geht. Trump hat wiederholt gedroht, dass er Nato-Mitglieder nicht vor Russland schützen werde, “wenn ihr nicht zahlt” und damit große Sorge über die amerikanische Rolle innerhalb des Bündnisses verbreitet.

    China findet im Gegensatz zu Russland mehrmals explizite Erwähnung in dem kurzen Umriss der außen- und sicherheitspolitischen Prioritäten. Die Republikaner wollen “China entgegentreten”. Über Parteigrenzen hinweg wird die Wahrscheinlichkeit einer Konfrontation mit China als deutlich höher eingeschätzt als hierzulande. Auch die Demokraten sehen die Notwendigkeit, dass politische und militärische Ressourcen stärker in den Indopazifik verlagert werden.

    Israel ist das einzige Land, das laut Programm explizit unterstützt werden soll. “Wir werden an der Seite Israels stehen und den Frieden im Nahen Osten anstreben.” wp/bub

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    Ukraine und Polen starten Rekrutierungsoffensive für die Front

    Polens Premier Donald Tusk und der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj haben vorige Woche ein bilaterales Sicherheitsabkommen unterzeichnet, das die militärische Zusammenarbeit Polens mit der Ukraine vertiefen soll. Beide Länder beschlossen unter anderem die Bildung einer freiwilligen Ukrainischen Legion, die von Warschau ausgerüstet und für den Fronteinsatz in der Ukraine trainiert werden soll.

    Der Startschuss steht kurz bevor. “Wir wollen in Kürze die technische Vereinbarung unterzeichnen, die alle Details festzurren wird”, sagte Polens Verteidigungsminister Wladyslaw Kosiniak-Kamysz auf dem Nato-Gipfel in Washington. Die konkrete Rekrutierung der Freiwilligen sollen die Ukrainer organisieren, die Ausbildung werden polnische Instrukteure übernehmen. Darin haben die Polen bereits viel Erfahrung: “Polen hat bereits 20.000 ukrainische Soldaten auf seinem Territorium ausgebildet”, sagte der Verteidigungsminister.

    Legion steht auch Frauen offen

    Polens Außenminister Radosław Sikorski sprach auf dem Gipfel von Tausenden ukrainischen Freiwilligen, die der Legion beitreten wollten. Sie seien bereit zu kämpfen, “wollen aber nicht ohne adäquate Ausbildung und Ausrüstung in den Kampf geschickt werden”, behauptete Sikorski. Die künftigen Legionäre können einen Vertrag mit den ukrainischen Streitkräften unterzeichnen – und sollen nach ihrem Fronteinsatz zurück nach Polen ausreisen dürfen.

    Der ukrainische Verteidigungsminister Rustem Umerow appellierte auf seinem Facebook-Account an alle in Europa lebenden Ukrainer: “Wir rufen alle Ukrainer in Europa auf, sich der Ukrainischen Legion anzuschließen. Ihr Beitrag zu unserem Kampf für Freiheit und Unabhängigkeit ist von unschätzbarem Wert.” Allein in Polen und in Deutschland halten sich gegenwärtig etwa 2,2 Millionen ukrainische Kriegsflüchtlinge auf, davon etwa 250.000 Männer im wehrfähigen Alter. Der Beitritt zu der Legion, die in Bydgoszcz stationiert wird, steht aber auch Frauen offen.

    Ukrainische Streitkräfte starten Rekrutierungsoffensive in Europa

    Die Legion ist nicht die einzige Einheit der ukrainischen Armee, die mit der Rekrutierung ihrer Landsleute im Ausland beginnt. Auch die 3. Unabhängige Sturmbrigade der ukrainischen Streitkräfte, eine der bekanntesten Kampfeinheiten des Landes, hat eine Rekrutierungsoffensive in Europa gestartet. Sie kündigte eine “Euro-Tour” an, bei der ihre Vertreter Warschau, Breslau, Berlin, Hamburg, Prag und Vilnius besuchen werden.

    Auf ihrer Facebook-Seite heißt es: “Wir sind alle Ukrainer. Aber nirgendwo werden wir so leben wie in unserer Heimat. Dies ist eine Chance, mehr über die 3. Sturmbrigade zu erfahren und Ihren Platz in diesem Kampf zu finden.” ar

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    Nahostkonflikt: Warum Biden Netanjahu kommende Woche in Washington empfängt

    Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu trifft sich kommenden Montag in Washington mit US-Präsident Joe Biden. Es ist das erste Treffen der beiden seit dem Terrorangriff der palästinensischen Hamas auf den Süden Israels im Oktober 2023. Netanjahu wird zwei Tage später in einer gemeinsamen Sitzung von Senat und Repräsentantenhaus bei den US-Kongressabgeordneten für weitere Unterstützung des israelischen Krieges gegen die Hamas werben.

    Nach dem mutmaßlichen Angriff auf Hamas-Militärführer Mohammed Deif in Khan Yunis im Gazastreifen am Samstag versuchte Netanjahu, Sorge vor einem Scheitern der Verhandlungen um eine Feuerpause und die Freilassung israelischer Geiseln zu zerstreuen. “Ich bin keinen Millimeter von dem Rahmen abgewichen, den Präsident Biden vorgelegt hat”, sagte er auf einer Pressekonferenz in Jerusalem. “Aber ich lasse auch nicht zu, dass sich die Hamas einen Millimeter bewegt.”

    Hamas sendet gemischte Signale zur Fortführung von Verhandlungen

    Neben Deif soll auch der hohe Hamas-Kommandeur Rafa Salama Ziel des Angriffs gewesen sein, teilten Vertreter von israelischer Armee und des Inlandsgeheimdienstes Shin Bet am Wochenende mit. Nach palästinensischen Angaben wurden beim Bombardement des im Westen von Khan Yunis gelegenen Hamas-Compounds durch die israelische Luftwaffe mehr als 90 Menschen getötet; Salama war nach Angaben des israelischen Militärs unter ihnen. Ob Deif überlebte, war am Montag weiter unklar.

    Auch über eine Beendigung der von Katar, Ägypten und den USA vermittelten Verhandlungen zwischen der Hamas und Israel herrschte am Montag Unklarheit. So wies Izzat al-Rishq, Mitglied des Hamas-Politbüros, einen Nachrichtenbericht zurück, wonach die Gruppe beschlossen habe, die Gespräche einzustellen. Al-Rishq sagte am Sonntag in einer offiziellen Erklärung, der Bericht sei “nicht wahr und unbegründet”. mrb

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    Must-Reads

    Internationale Politik: How Europe Should React to Shifts in US Ukraine Policy. Die US-amerikanische Unterstützung für die Ukraine ist unverzichtbar. Derweil spaltet die Debatte die nationale Politik. Eine weitere Amtszeit Donald Trumps könnte hier eine Zäsur bedeuten. Dominik Tolksdorf von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DAGP) beschreibt hier verschiedene mögliche Szenarien.

    The Diplomat: Japan’s Defense White Paper Sounds Alarm Over China, North Korea, Russia. In ihrem am Freitag erschienenen Whitepaper warnt die Regierung in Tokio vor dem wachsenden Risiko, dass in Ostasien eine ähnliche Situation wie bei Russlands Invasion der Ukraine eintreten könnte. Japan sei mit dem schwierigsten und komplexesten Sicherheitsumfeld seit Ende des Zweiten Weltkriegs konfrontiert, heißt es in dem Papier, über das The Diplomat berichtet.

    Financial Times: How the war in Ukraine is reviving Russia’s rustbelt. Russland bereitet sich auf einen langen Krieg in der Ukraine vor. Durch staatliche Aufträge zur Bewaffnung und Versorgung der Armee fließen riesige Geldsummen in die Wirtschaft. Trotz westlicher Sanktionen wird Russlands Wirtschaft in diesem Jahr voraussichtlich um drei Prozent wachsen – weit mehr als die der USA und der meisten EU-Staaten.

    Foreign Affairs: The Dangerous Push for Israeli-Saudi Normalization. Dieser Kommentar verfolgt die These, dass die USA Israel dazu bewegen müssten, nicht nur einen Waffenstand mit der Hamas sicherzustellen, sondern zudem einen langfristigen Plan für die Zukunft des Gazastreifens vorzulegen. Dieser soll ermöglichen, gemeinsam mit dem Westjordanland eine palästinensische Staatlichkeit zu schaffen.

    Stiftung Wissenschaft und Politik: Unsichtbare Besatzung – Die Türkei und Russland in Libyen. Westliche Regierungen werfen Russland und der Türkei vor, mit ihren Militäreinsätzen Libyen zu destabilisieren. Doch im Alltag sei deren Präsenz dort kaum spürbar, da beide Mächte gezielte Zurückhaltung übten, heißt es in diesem Papier der SWP.

    Standpunkt

    Pistorius’ Wehrdienst-Vorschlag geht nicht weit genug

    Reinhard Brandl
    Der CSU-Bundestagsabgeordnete Reinhard Brandl plädiert für eine Wehrpflicht nach schwedischem Modell.

    Der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine hat uns auf dramatische Weise vorgeführt, dass wir nicht nur mehr Material und Geld für die Bundeswehr brauchen. Armeen müssen auch weiterhin auf umfassende personelle Ressourcen zurückgreifen können, um in einem großen Konflikt bestehen zu können. Gerade gut ausgebildete Reservistinnen und Reservisten haben hier eine überragende Bedeutung.

    Die Bundeswehr schafft es aber absehbar nicht, die festgelegte Zielgröße von 203.000 Soldatinnen und Soldaten zu gewinnen. Vielmehr stagniert der Personalbestand bei etwas über 180.000 aktiven Soldaten. Ich habe große Zweifel, dass selbst mit größer werdenden Anreizsystemen diese Zahl auf rein freiwilliger Basis signifikant steigt. Demografischer Wandel, Fachkräftemangel und die gesteigerte Konkurrenz mit anderen Arbeitgebern sprechen für sich.

    Die Ankündigung von Verteidigungsminister Boris Pistorius vor Weihnachten 2023, Dienstpflichtmodelle prüfen zu wollen, war vor diesem Hintergrund sehr zu begrüßen. Sie erschien nur konsequent nach seiner Forderung einer kriegstüchtigen Bundeswehr. Aber auch nach seiner Feststellung, dass er die Aussetzung der Wehrpflicht rückblickend für einen Fehler halte, sowie der Erkenntnis seines Generalinspekteurs, dass Russland die Nato bereits in fünf Jahren wieder konventionell herausfordern könne.

    Pistorius’ Vorschlag ist ein freiwilliger Wehrdienst XXL

    Grundsätzlich folgt Pistorius’ Vorschlag zur Wiedereinführung eines Wehrdienstes einem schlüssigen Plan. Dennoch: Mehr als ein halbes Jahr nach der Ankündigung eines Pflichtdienstes bleibt nur ein aufpolierter Freiwilligendienst übrig. Der Verteidigungsminister fällt damit klar hinter die eigenen Ankündigungen zurück. Eine klare gesetzliche Verpflichtung zum Wehrdienst fehlt.

    Das hat Systematik: Vollmundig kündigt Boris Pistorius viel an. Am Ende bohrt er trotzdem nur die dünnen Bretter – auch weil er vom Bundeskanzler und der Ampel das rote Stopplicht gezeigt bekommt. So wie bei seiner Forderung nach zehn Milliarden Euro mehr für den Verteidigungshaushalt für das Jahr 2024 (am Ende wurden es gerade mal 1,8 Milliarden Euro). Treffend betitelt daher den populärsten Ampel-Politiker als “Scheinharten”. Frei nach dem Motto: Große Klappe, nichts dahinter!

    In der Gesamtschau wird einmal mehr deutlich: Mit der Zeitenwende ist es der Ampel nicht so ernst, wie sie immer vorzugeben scheint.

    Ganz ohne Verpflichtung wird es nicht mehr gehen

    Die Wiedereinführung eines Wehrpflichtmodells sollte sich an den Notwendigkeiten der Bedrohungslage orientieren. Konzepte, die zu jahrelangen Debatten ohne Ergebnisse führen, können wir uns angesichts der Gefahr durch Russland nicht leisten. Die Beschlusslage der CSU, die Wehrpflicht – etwa im Stile des schwedischen Modells – zunächst nur für Männer zu reaktivieren und wiedereinzuführen, mag zwar altmodisch klingen. Sie ist aber einfach gesetzlich regelbar und schnell umsetzbar.

    Auf dieser Basis könnte dann eine politische Diskussion zur Änderung von Artikel 12 des Grundgesetzes und zur Einbeziehung von Frauen geführt werden, die den Weg zum verpflichtenden Gesellschaftsjahr, wie es die CDU fordert, bereitet. Ja, auch das geht nicht alles über Nacht. Es bräuchte genauso eine Verwaltung, die den verpflichtenden Dienst organisiert. Es bedarf der nötigen Infrastruktur, ausreichend Ausrüstung und deutlich mehr Geld. Die Bundeswehr müsste identifizieren, wo Wehrpflichtige über den bloßen numerischen Gewinn hinaus sinnvoll einsetzbar sind. Letztlich muss für unsere Sicherheit aber der militärische Bedarf die bestimmende Größe sein.

    Ein Wehrpflichtmodell ähnlich dem Schwedens ist sinnvoll. Mit reiner Freiwilligkeit werden wir es nicht schaffen, die personelle Decke in der Bundeswehr angemessen zu verbreitern. 1955 ist es mit der Gründung der Bundeswehr unter ungleich schwierigeren Rahmenbedingungen auch gelungen, innerhalb kürzester Zeit eine Wehrpflichtarmee aus der Taufe zu heben. Heute geht es nur um eine Ergänzung personeller Strukturen.

    Reinhard Brandl (CSU) ist Mitglied des Bundestags-Verteidigungsausschusses und des Gremiums Sondervermögen “Bundeswehr”.

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    Security.Table Redaktion

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