Veröffentlicht: 29.09.2024,
Letzte Aktualisierung: 28.05.2025

Die Bundesregierung ist dabei, außenpolitisch an Reputation und Einfluss zu verlieren. Für den Haushaltsentwurf 2025 soll die humanitäre Hilfe des Auswärtigen Amtes nahezu halbiert werden. Entsprechend will die soeben vorgelegte Strategie des Amtes zur humanitären Hilfe im Ausland die Hilfe „noch stärker auf die dringendsten Bedarfe“ fokussieren. Zugleich sei die humanitäre Hilfe „ein wichtiges Element deutscher Außenpolitik“ und Teil der Nationalen Sicherheitsstrategie. Auch bei der globalen Klimafinanzierung, für die Olaf Scholz einst jährlich zehn Milliarden jährlich aus Deutschland versprochen hatte, ist mit Abstrichen zu rechnen.
AA-Staatssekretärin Susanne Baumann versuchte die neue Strategie bei der Vorstellung in der vergangenen Woche zu rechtfertigen. Sie sprach von mehr „vorausschauender Hilfe“, von „regionalen Priorisierungen“, mehr Kooperationen, allerdings auch von einem „schmerzhaften Schritt“, denn: „Man hätte immer gerne mehr.“ Man werde den Bedarf künftig politischer bewerten müssen und sich auf Krisen mit unmittelbaren Auswirkungen auf Europa fokussieren. Konkret heißt das, dass weiterhin viel Geld in die Ukraine fließt oder auch in den Gaza-Streifen, die 20 Millionen Bedürftigen im Sudan sich aber wohl auf weniger Unterstützung aus Deutschland werden einstellen müssen.
Wenig Verständnis hat man für diese Neujustierung bei den Akteuren der humanitären Hilfe. Dass humanitäre Hilfe zu einem Funktionsteil der nationalen Außen- und Sicherheitsstrategie umgewidmet und nicht mehr wertebezogen gewährt werden soll, ist für NGOs nur schwer zu akzeptieren. „Fühlt sich Deutschland den humanitären Prinzipien noch verpflichtet“, fragt etwa Ralf Südhoff vom Centre for Humanitarian Action, einem Berliner Thinktank, „oder ist uns die Lage in der Ukraine wichtiger, damit die Flüchtlinge nicht bei uns ankommen?“ Für Südhoff ist „eine rote Linie überschritten, wenn die Programmarbeit solchen Interessen unterworfen wird“. Und: „Wenn humanitäre Hilfe zunehmend außen- und sicherheitspolitischen Interessen untergeordnet werden soll, ist sie vielleicht ein Instrument, hat aber mit universellen Werten nichts mehr zu tun.“
Auch bei den Beiträgen zur globalen Klimafinanzierung fällt Deutschland zurück. Kanzler Scholz hatte mehrfach versichert, Deutschland werde seinen Anteil bis 2025 auf mindestens sechs Milliarden Euro anheben, mit „gehebelten“ Mitteln insgesamt rund zehn Milliarden Euro pro Jahr, um so das versprochene Ziel von weltweit jährlich 100 Milliarden Euro zu erreichen. Doch auch das ist nun fraglich. Nun räumte BMZ-Staatssekretär Jochen Flasbarth ein, es werde „schwierig, Haushaltsmittel in Höhe der sechs Milliarden zu erbringen; nicht unerreichbar, aber verdammt schwierig“.
Damit „dürfte die international viel beachtete Sechs-Milliarden-Zusage nicht zu halten sein“. Das befürchtet jedenfalls Jan Kowalzig, Finanzexperte der Entwicklungsorganisation Oxfam. „Die Entwicklung ist ein Grund zu Sorge“, sagt Kowalzig. Da bei der Klima-COP im November in Baku Finanzierungsfragen im Vordergrund stehen, schade das Berliner Sparprogramm „nicht nur dem Ansehen Deutschlands, sondern auch der so wichtigen Vertrauensbasis zwischen reichen und armen Ländern im Kampf gegen die Klimakrise“.